Vermeintliche China-Abwertung belastet Export-DAX

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 13.08.2015
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Heibel-Ticker Börsenbrief

Nichts von alledem, was in der abgelaufenen Woche an vermeintlichen Überraschungen passierte, dürfte Sie als Leser des Heibel-Tickers überrascht haben. Eigentlich sollten wir uns nun selbstzufrieden zurücklehnen und unseren Plan, um 11.000 Punkte im DAX weiter zuzukaufen und bei 11.800 Gewinne mitzunehmen, konsequent umsetzen. Wir haben diese Woche drei Käufe getätigt. Dennoch muss ich gestehen, dass nun auch ich langsam nervös werde. Schauen wir uns also im Detail einmal an, was passiert ist. In Kapitel 04 werde ich dann analysieren, ob unser Plan weiter Bestand hat oder aber angepasst werden muss.


CHINA SETZT DURCH YUAN-ABWERTUNG IWF-FORDERUNG UM

China hatte steigende Kurse befohlen, schrieb ich vor einigen Wochen, als der Börsencrash in Shanghai durch neue Vorschriften (bspw. Verkaufsverbote) aufgefangen wurde. Damit wurde zwar der Börsencrash aufgefangen, die dem Crash zugrundeliegenden Probleme hingegen wurden nicht adressiert.

Es folgte die Veröffentlichung der Wachstumsrate von 7% für das abgelaufene Quartal in China, die auf die Kommastelle genau der Vorgabe der kommunistischen Regierungspartei entsprach. Das wollten viele Analysten nicht glauben. Unabhängige Institute gehen von gerade einmal 4-5% Wachstum aus. Aber gut, dass an den statistischen Zahlen hie und da ein wenig gedreht wird, das vermuten viele auch bei westlichen Industrieländern. Und das immer wieder zitierte Argument, mit dem alle Kritiker zum Schweigen gebracht wurden, war, dass die 4-5% noch immer deutlich mehr seien, als irgendein Industrieland zu träumen wage.

Doch diese Woche wurde veröffentlicht, dass der Export Chinas um 8% eingebrochen ist. Minus 8% sind keine Wachstumsverlangsamung, sondern eine Kontraktion. Der Export ist rückläufig. Da müssen bei der Zentralregierung sämtliche Alarmglocken geläutet haben.

Und dann ist da noch die Diskussion um die Aufnahme des chinesischen Yuan in den Währungskorb der Weltwährungsreserven des IWF. Derzeit werden nur US-Dollar, Euro, der japanische Yen sowie das britische Pfund als Währungsreserve akzeptiert. Zudem dürfen Staaten auch Gold als Rücklagen beim IWF anmelden. Alle fünf Jahre wird über diese Währungen entschieden und bereits vor fünf Jahren war Chinas Yuan nur knapp an der Aufnahme in diese elitäre Liste vorbeigeschliddert. Viele rechneten für diesen Sommer mit der Aufnahme des Yuan.

Doch der IWF veröffentlichte Ende letzter Woche eine vorläufige Absage für dieses Anliegen. Der Wechselkurs des Yuan unterliege noch nicht ausreichend den Marktkräften, so die Begründung. Bislang hatte China den Wechselkurs an den US-Dollar gekoppelt und erlaubte lediglich Tagesschwankungen von 1%. Der offizielle Wechselkurs wird stets von der chinesischen Notenbank festgelegt und orientierte sich am Wechselkurs zum US-Dollar.

Nach der Kritik des IWFs und vor dem Hintergrund des Exporteinbruchs hat die chinesische Notenbank entschieden, die tägliche Handelsspanne auf 2% zu vergrößern und den täglichen Wechselkurs in Abhängigkeit vom Schlusskurs des Vortags festzulegen. Am Dienstag wurde der Wechselkurs um 1,9% niedriger als am Vortag festgelegt. Am Mittwoch um weitere 1,6% niedriger und am Donnerstag um weitere 1,1%. Heute gibt es eine kleine Gegenbewegung.

In den Finanzmedien lesen wir in diesen Tagen häufig, die chinesische Notenbank habe den Yuan abgewertet. Das ist nur teilweise richtig. Sie legt, wie oben erläutert, täglich den offiziellen Wechselkurs fest. Gleichzeitig tätigt sie jedoch entsprechende Stützungskäufe, sollte ein bestimmter Wechselkurs nicht ausreichend Nachfrage nach sich ziehen, und umgekehrt. Diese Stützungskäufe fährt sie nun langsam zurück. Nicht so drastisch, wie es die Schweizer Notenbank getan hat, die dadurch einen Wechselkurssprung von 20% über Nacht erzeugte, sondern schrittweise, sodass der Wechselkurs nicht mehr als 2% über oder unter den Vortagskurs steigt oder fällt.

Die Angst der Anleger ist nun, wie lange bzw. wie oft in Folge wird es eine entsprechende Abwertung geben, bis ein Wechselkursniveau gefunden wurde, das den Märkten, oder aber der chinesischen Notenbank (so genau wissen wir das ja leider nicht) gefällt? Der Yuan war an den US-Dollar gekoppelt und hat dementsprechend in den vergangenen zwölf Monaten im Gleichschritt mit dem superstarken US-Dollar gegenüber anderen Währungen um rund 25% aufgewertet. Wird diese Aufwertung nun korrigiert?

Auf der anderen Seite gilt der Yuan noch immer als kolossal unterbewertet. Legt man die Kaufkraft mit Hilfe des Big Mac Indikators zugrunde, lässt sich auch nach dem Anstieg der vergangenen zwölf Monate noch immer eine Unterbewertung um 42% errechnen (http://de.statista.com/statistik/daten/studie/199335/umfrage/big-mac-index--weltweiter-preis-fuer-einen-big-mac/).

Der Bic Mac Indikator gibt die ungefähre Kaufkraftparität an. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Wechselkurs in Richtung Kaufkraftparität laufen muss. Vielmehr kann der Wechselkurs über einen langen Zeitraum von der Kaufkraftparität deutlich abweichen. Entwicklungs- und Schwellenländer neigen ohnehin zu einer Unterbewertung, Industrieländer zu einer Überbewertung.

Sollte der Wechselkurs in China also einen Teil des parallel zum US-Dollaranstieg gewonnenen Wertes wieder abgeben, dann stünde uns ein deutlich schwächerer chinesischer Yuan bevor. Ein schwacher Yuan wäre vorteilhaft für den Export chinesischer Güter, da deren Preise auf den Weltmärkten wettbewerbsfähiger würden. Hintergrund des Ausverkaufs an den Aktienbörsen der Industrieländer ist die Angst der Marktteilnehmer, dass die Exporte der heimischen Industrien (also Deutschlands, Japans oder der USA) auf den Weltmärkten preislichen Wettbewerb von chinesischen Produkten bekommen. Gleichzeitig wurde die Abwertung des Yuans als Eingeständnis Chinas gewertet, dass es der chinesischen Wirtschaft schlechter geht als bislang angenommen, denn sonst, so die Argumentation, wäre eine solche Abwertung ja nicht notwendig gewesen.

GRIECHENLAND IST WIEDER IN DEN SCHLAGZEILEN

Heute wird über das Hilfspaket mit Griechenland verhandelt, und die Forderung des IWF nach einem teilweisen Schuldenerlass schockt die Märkte. Gleichzeitig schwindet die Macht von Tsipras in Griechenland, immer mehr Parteifreunde stellen sich im Parlament gegen ihn. Neuwahlen könnten die Folge sein.

ROHSTOFFPREISE SACKEN WEITER AB

Der Ölpreis ist heute unter die von mir als so wichtig bezeichnete Unterstützung von 43 USD/Fass WTI gerutscht. Sollte sich der Ölpreis unter diesem Niveau halten, droht ein Ausverkauf deutlich unter 40 USD/Fass WTI, was zum einen eine negative Signalwirkung für die Verfassung der weltweiten Wirtschaft hätte, zum anderen die Aktien der Ölkonzerne und anderer Unternehmen der Ölindustrie weiter gen Süden drücken würde.

DAX UNTER 11.000 PUNKTE GERUTSCHT

Und wenn wir schon einmal bei psychologisch wichtigen Marken sind, dann sollten wir auch berücksichtigen, dass der DAX in diesen Stunden mit der 11.000-Punktemarke kämpft. Sollte diese Marke unterschritten werden, dann gibt es noch eine kleine Unterstützung bei 10.650 Punkten, danach erst wieder bei 10.000 Punkten. Charttechniker bereiten sich bereits auf einen heftigen Ausverkauf vor.

Alles in allem haben sich in der abgelaufenen Woche so ziemlich alle Vorzeichen umgekehrt. Wo vor einer Woche noch über eine Zinserhöhung in den USA spekuliert wurde, werden heute weitere Liquiditätsmaßnahmen in Europa gefordert.

Schauen wir uns einmal die Entwicklung der wichtigsten Indizes im Wochenvergleich an:

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES



Übrigens: der chinesische Shanghai-A Index ist diese Woche um 4,7% angesprungen. Als Exportnation Nr. 1 ist insbesondere der DAX im Gegenzug unter Druck geraten, daher das heftige Wochenminus von 4,7%.

Die vor einer Woche sicher geglaubte erste Zinsanhebung in den USA ist nun wieder in Frage gestellt, und entsprechend hat der US-Dollar gegenüber dem Euro (2,1%) und dem Yen (1,7%) Federn gelassen. Auch die Eurostärke gegenüber dem US-Dollar hat den DAX belastet.

Wenn die Situation in China so schlecht ist, dass die chinesische Notenbank die eigene Währung abwerten muss, dann könnte das negative Auswirkungen auf die Weltkonjunktur haben, folgerten einige Anleger und flüchteten sich in Anleihen. Entsprechend stiegen deren Kurse leicht an, die Renditen fielen etwas zurück. Und auch das Gold war als Krisenwährung gefragt und legte gleich 2% zu.

Insbesondere der Baltic Dry Verschiffungsindex unterstreicht nochmals die Befürchtungen hinsichtlich einer nachlassenden Wachstumsdynamik der chinesischen Wirtschaft mit einem Minus von 12,9%. Importierte Rohstoffe werden durch den schwachen Yuan nicht nur teurer, gleichzeitig sind die Exporte derzeit stark rückläufig, sodass ohnehin weniger Vorprodukte importiert werden müssen.

Wie eingangs gesagt: Im Heibel-Ticker habe ich davor gewarnt, dass man mit dem Befehl zu steigenden Kursen keine Probleme löst, ich habe die 43 USD/Fass WTI-Öl Marke frühzeitig aufgezeigt. Und ich habe die Fortsetzung des Griechenland-Dramas angekündigt (letzteres war nicht schwer). Am vergangenen Freitag habe ich explizit vor einem anstehenden heftigen Rückschlag gewarnt, und genau der ist nun gekommen. Eigentlich sollte ich mich nun selbstsicher an meine Prognose halten. Doch ich werde in Kapitel 04 untersuchen, ob sich die Situation gegebenenfalls grundlegend verändert hat.
 
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