Verbund: der Wasserkraft-Profiteur

Veröffentlicht am 29.07.2009

Im benachbarten Österreich ist der Verbund-Konzern im ATX-Index das größte Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von fast 11 Mrd. EUR, hierzulande dagegen ist der österreichische Stromerzeuger kaum bekannt. Doch das ändert sich gerade. Denn Verbund hat kürzlich von der deutschen E.ON AG insgesamt 13 Wasserkraftwerke am bayerischen Inn mit einer Leistung von 312 MW gekauft – und damit schlägt das Unternehmen nun auch in deutschen Medien stärker auf.


Als Stromerzeuger setzt das Unternehmen ungewöhnlich stark auf Wasserkraft. Allein 120 Wasserkraftwerke werden in Österreich betrieben. Ansonsten findet sich nur ein einziges Solarkraftwerk und ein Onshore- Windkraftwerk in den Büchern des Verbunds. Der Fokus hat freilich Methode: »Wasserkraftstrom ist gut für Spitzenstrom, und hat deshalb eine hohe Wertigkeit«, erläutert Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber im Gespräch mit BetaFaktor.de. Der Verbund fährt deshalb auch ziemlich regelmäßig eine hohe EBIT-Marge von 30% bis 32% ein. Das operative Ergebnis beträgt typischerweise um die 1 Mrd. EUR.

Aber nicht nur wegen den neu hinzugekommenen Inn-Kraftwerken steht Anzengruber derzeit auf dem Gaspedal. Er will auch auf dem Stromerzeugungsmarkt in Frankreich, Italien und der Türkei eine wichtigere Rolle spielen. Sein Credo hier sind Joint-Ventures und Partnerschaften, mit denen er in diesen Ländern rund 10% des Marktes erobern will. »Mit Partnerschaften geht es zwar langsamer, aber dafür haben wir nie Probleme mit Impairment-Test«, unterstreicht Anzengruber seine Langfriststrategie.

Von dem Trend zu alternativen Energien wie Fotovoltaik oder Windkraft profitiert das österreichische Unternehmen indirekt. »Wenn der Wind in Norddeutschland an einem Sonntag stark bläst, dann muss jemand den Strom abnehmen«, erläutert der Verbund-Chef. Dann gebe es diesen überschüssigen Strom extrem billig, den der Verbund dazu nutzt, in seine Speicherkraftwerke Wasser hochzupumpen. Und in Spitzenzeiten steht der Verbund parat, damit schnell teureren Strom liefern zu können.

Für die Zukunft hat Anzengruber einen interessanten Trend ausgemacht: die bevorstehende Einführung von Elektroautos. Davon will er natürlich profitieren: »Da wollen wir nicht abseits stehen.« Als größter Stromerzeuger Österreichs denkt er an ein Netz von E-Tankstellen. Das würde auch interessante Möglichkeiten für eine bessere Auslastung des Netzes bringen. Smart-Grids lautet hierzu das Stichwort; heißt, dass man E-Autos zu Zeiten »betanken« könnte, wenn der Stromverbrauch landesweit gerade niedrig und billiger ist. Und in Spitzenzeiten könnte man evtl. Strom aus den Autobatterien abzapfen – und den Autobesitzer mit entsprechend niedrigeren Gebühren dafür natürlich belohnen. Doch das ist Zukunftsmusik. Für 2009 rechnet Anzengruber bei den Verbundzahlen mit keinen wesentlichen Änderungen gegenüber 2008: »Auch unsere Industriekunden spüren logischerweise die Wirtschaftskrise. « Dafür kann der Verbund sein aktuelles Investitionsprogramm günstig refinanzieren. Im Q1/09 gingen alle Eckdaten einen kleinen Tick gegenüber dem Vorjahr zurück, und das dürfte wohl auch der Trend fürs Q2/09 sein. Da die Wirtschaft gerade wieder etwas Tritt zu fassen scheint, rechnet Anzengruber verständlicherweise, dass im zweiten Halbjahr die kleinen Rückschritte wieder ausgebügelt werden. Der operative Cashflow wird freilich wegen der hohen Investitionen (u.a. der Kauf der Inn-Kraftwerke) in diesem Jahr deutlich negativ sein. 2010 avisiert der Verbund-Lenker aber auch hier wieder positive Zahlen.

Kurzfristig könnten wir uns vorstellen, dass der Verbund-Kurs noch mal Richtung der 30 EUR tendiert. Aber längerfristig sollten alte Hochs bei 60 EUR realistischer sein. Verbund ist ein typisch defensiver Wert, bei dem ein Engagement zudem mit einer Dividendenrendite von rund 3% versüßt wird.  

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