US-Wende beim Gas
US-Präsident Barack Obama stellte Ende März seine „Blaupause für eine sichere Energie-Zukunft“ vor. Das überraschende: Entgegen bisherigen Plänen sieht der US-Präsident eine große Zukunft bei der Energieversorgung mit Erdgas. Im Jahr 2010 war das noch anders. In der damaligen Ansprache an die Nation erwähnte er mit keinem Wort das US-Erdgas, das zu den günstigsten der Welt zählt.
Der Preis des Henry Hub Natural Gas in den USA notiert wegen dem Überangebot und gefüllten Lagerbeständen bei nur rund 4 Dollar, während Gas zum Beispiel in China 17 Dollar kostet. Dieser Preisunterschied lockt Unternehmen wie Chesapeake oder Cheniere, die LNG-Terminals entlang der Golfküste bauen wollen, um das Gas zu weitaus besseren Preisen exportieren zu können, anstatt es auf dem Binnenmarkt zu verkaufen. Würde eine solche Arbitrage-Möglichkeit geschaffen, wäre es jedoch wahrscheinlich, dass der US-Gaspreis ebenfalls steigen würde. Deshalb soll nun der US-Kongress darüber entscheiden, ob weitere LNG-Terminals gebaut werden sollen. Wenn US-Präsident Obama Erdgas zum Teil „alternativer Energieträger“ auserkoren hat, wird diese Genehmigung jedoch weniger wahrscheinlich. Immerhin erhalten die USA durch niedrige Preise bei Gas auch Wettbewerbsvorteile gegenüber dem Rest der Welt.
Es ist laut Obama „absolut sicher“, dass die Nachfrage nach Öl „viel schneller“ steigen wird, als das Angebot. Dafür sorge der wachsende Ölbedarf Chinas und Indiens. Trotz der Pläne, die die USA hinsichtlich der Ausweitung der eigenen Ölproduktion haben zum Beispiel im Bereich des Tiefseeöls dürfte die Nachfrage nach Alternativen auch in den USA wachsen. Eine solche Alternative könnte das Erdgas sein.
Obama nannte „neue Quellen der Energie (...) die wichtigste ist Erdgas.“ Diese Statusänderung ist wichtig, da sie die Basis bildet für Subventionen, die vom US-Kongress vergeben werden könnten. Laut den Analysten von Barclays Research sei dieses Umdenken in Sachen Erdgas auch der American Natural Gas Alliance (ANGA) zu verdanken. Sie hat Lobbyarbeit in Washington geleistet und die Politiker wohl von dem hohen Erdgasangebot in Nordamerika überzeugen können. Des Weiteren ist Erdgas interessant, da es die Basislast bei der Stromerzeugung ersetzen kann, die derzeit noch von Erdöl, das zunehmend ersetzt werden soll, getragen wird.
Erdgas kann in den USA das Öl substituieren. Zum einen dadurch, dass Erdgas verstärkt im Transportsektor verwendet wird. Obama bezog sich in seiner Rede auch auf den Ölmilliardär T. Boone Pickens und gab ihm Recht. Pickens schlug vor, Lkw auf LNG oder Autogas umzustellen. In den USA betreibt zum Beispiel Waste Management 500 Müllautos bereits mit Erdgas. Mehrere Städte stellen ihre Busflotte auf Autogas um. 20% aller Busse, die in den USA neu bestellt wurden, werden bereits mit Erdgas ausgestattet. Neben einer stärkeren Nutzung im Transportsektor kann Erdgas auch dazu dienen, weniger CO2-intensiven Strom zu erzeugen. Ein Unternehmen, das davon profitieren kann, ist Clean Energy Fuels (Nasdaq: CLNE). Es stellt die Technologie her, um Erdgas an Tankstellen speichern und verteilen zu können. T. Boone Pickens ist Großinvestor von Clean Energy Fuels.
Exxon Mobil rechnet damit, dass die weltweite Nachfrage nach LNG bis 2030 auf 500 Millionen Tonnen steigen könnte, von 150 Millionen Tonnen heute. Bis dahin könnten die USA 20% ihres Gasbedarfs importieren, von 3% heute.
Wie so oft bei solchen Reden ist jedoch nichts Konkretes zu erwarten. Erst wenn der Kongress aktiv wird, kann sich wirklich etwas ändern. Sollte es aber zu einem neuen Energiegesetz kommen, so stünde Erdgas ganz oben auf der Liste der Favoriten.
Andere Länder setzen bereits stark auf LNG. Japan importierte im Jahr 2006 39% des gesamten weltweiten LNG-Angebots. Südkorea nahm 16% des Angebots auf. Beide Länder sind selbst stark investiert in LNG- Anlagen. Die jüngsten Ereignisse in Japan legen nahe, dass die LNGNachfrage dort schneller wachsen wird, als bisher erwartet. Japan hat bereits im Juli 2007 ein massives Erdbeben erlebt. Damals musste ein großes Atomkraftwerk für viele Monate abgeschaltet werden und Japan importiert seither so viel LNG, wie es die Lager erlauben. Japan ist gewillt, einen Aufpreis für LNG zu zahlen, der bei 50% über den USBenchmark-Preis liegt. Nach der Katastrophe scheint Japan seine Pläne für neue Atomkraftwerke zu überdenken. Laut Bernstein Research müssen Atomkraftwerksbetreiber nach dem Fukushima-Unglück seismische Aktivitäten der vergangenen 130.000 Jahre analysieren, bisher seien es lediglich 50.000 Jahre gewesen. Es ist wahrscheinlich, dass die Auflagen für den Bau neuer Atomkraftwerke und die Laufzeitverlängerung bestehender Atommeiler strengeren Kriterien unterworfen wird. Die Atomkraft deckt 30% der japanischen Gesamtenergie. Die Regulierungsbehörden könnten die Bewilligung und den Bau von Atomkraftwerken stoppen oder verzögern. Insgesamt will Japan neue Atomkraftwerkskapazitäten im Umfang von 10 Gigawatt bis 2015 schaffen. Sollte es zu einem Baustopp kommen, so muss Japan zwangsläufig seine LNG-Kapazitäten erweitern.
LNG-Investitionsmöglichkeiten
Goldman Sachs bietet ein Open-End-Zertifikat auf den COMERGIX LNG Index (WKN: GS34W6) an. Der Wert des Zertifikats hat sich seit Anfang des Jahres 2009 fast verdoppelt. Das Zertifikat basiert auf dem zwischen Goldman Sachs und Standard & Poor‘s eigens berechneten COMERGIX LNG Index. Er deckt laut Goldman Sachs die „gesamte Wertschöpfungskette der LNG-Branche“ ab. 42% des Index besteht aus Unternehmen, die Verdampfungsanlagen betreiben, weitere 42% bauen LNG-Infrastruktur. Dazu kommen noch Hersteller von LNGTankschiffen und Betreiber von Verflüssigungsanlagen und LNGTankschiffen. Den regionalen Schwerpunkt bildet der Index mit 31,8% Gewichtung in Großbritannien, gefolgt von 22,66% in den USA und 14,05% in Bermuda. Enthalten sind insgesamt 28 Unternehmen.