Trendwende am Bondmarkt?

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 15.09.2010
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Frankfurter Börsenbrief

Im bisherigen Jahresver- lauf kannten Bund Future wie auch die Future auf den 30-jährigen T-Bond in den USA, den Japan Government Bond oder den Long Gilt nur eine Richtung: Aufwärts. Auch wir haben diesen Weg begleitet, zuletzt mit einer Spekulation auf den T-Bond Future im Spätsommer die- ses Jahres. Dabei war zum Jahreswechsel nicht von einer solchen Hausse auszugehen.


Die Überflutung der Kapital- märkte mit Liquidität, um die Banken aus der Bredouille zu retten, schien - wie in unzähligen historischen Vorbil- dern der Fall - Inflationsgefahr heraufzubeschwören. Eine Notenbank nach der anderen zog den Zügel an. Selbst die FED führte Überschussliquidität zurück. Eigentlich ein Szenario, das fallende Bondkurse und steigende Renditen rechtfertigt. Der Anstieg der Bondpreise war allein der Vorsicht der Investoren geschuldet. Aktien wurden gemieden. Ka- pitalerhalt, selbst zu niedrigsten Renditen war das Credo des ersten Halbjahres. Seit gut zwei Wochen beobachten wir eine Gegenbewegung. Anleger suchen wieder eher nach Chancen als nach Sicherheit. Die oben genannten Futures hatten Kursabschläge zu verzeichnen. Das Geld fließt zum Teil in den Aktienmarkt, zum Teil aber auch in Unternehmensanleihen. Derzeit haben die großen Konzerne keinerlei Mühe, Anleihen am Kapitalmarkt zu platzie- ren, selbst wenn das Rating nicht das allerbeste ist. War es das? Stellen Sie sich darauf ein: Die Umkehrformation am Rentenmarkt wird sich noch über Monate, wenn nicht Quartale hinziehen. Wer versucht, über gehebelte Produkte diesem Trend vorzu- greifen, wird über den Zeitwertverlust auch bei richtiger Tendenzeinschätzung Einbu- ßen befürchten müssen. Bitte deshalb nicht mit Optionsscheinen arbeiten! Dennoch gehen auch wir davon aus, dass die Wen- de eingeleitet ist. Wer sich die Entwicklung der Bondmärkte über die letzten 150 Jah- re besieht, bemerkt eine Zyklus-Dauer von ca. 60 Jahren. Das geht nicht immer auf den Monat auf, aber plus/minus vier Jahre stimmt diese Rechnung. Danach wäre das Jahr 2010 wieder für einen Tiefpunkt gut. Die Inflation spielt in diesem Zusammenhang nur eine Nebenrolle. Hier sind die Erwartungen über die Asset-Klassen hinweg zu heterogen, um ein einheitliches Bild abzugeben. Gerade bei den Commodities sprechen einige Entwicklungen für eine Inflation, andere eher für Deflationsbefürchtungen. Das können Sie getrost igno- rieren. Ursächlich für die aktuelle Rentenmarkt-Bubble war weniger die Deflationsangst als der Anlagebedarf für die von den Notenbank bereitgestellte Liquidität sowie die Devisenüberschüsse asiatischer Volkswirtschaften. Insofern darf der im Chart aufgezeigte Ver- gleich mit der Aktien-Bubble zum Millenni- umswechsel zwar auf die gleichen Ursachen zurückgeführt werden (auch damals stellte die Notenbank hohe Cash-Bestände zur Verfügung), aber dennoch ganz anders in- terpretiert werden. Der Rentenmarkt ist im Verhältnis ohnehin wesentlich größer als der Aktienmarkt, so dass ein weiteres Auf- blähen möglich bis wahrscheinlich anzu- nehmen ist. Zumal das absolute Renditeni- veau noch in keine Übertreibung gelaufen ist. Nach dem zweiten Weltkrieg rentierten Bonds noch wesentlich schlechter. Allerdings befinden wir uns jetzt schon auf dem Niveau der großen Rezes- sion in den 30er Jahren. Der Vergleich hinkt etwas, da damals die Notenbanken keine expansive Geldpolitik betrieben hatten. Auch das Beispiel Japan zeigt, dass die Renditen noch weitaus deutlicher fallen können als bisher erreicht. Die Blase wird platzen, das ist sicher. Allerdings bezweifeln wir, dass dies in ganz naher Zukunft geschehen wird.
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