Toyota Motor Corp. - weltgrößter Automobilproduzent

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 22.10.2015
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Ausgerechnet heute – in der Woche des Ferrari-Börsengangs an der Wall Street – fällt mir die Aufgabe zu über die Aktie des wertvollsten Autobauers der Welt, Toyota Motor, zu schreiben. Während Ferrari zuletzt 7500 Autos pro Jahr produzierte und diese Produktion in Zukunft um 20% auf bis zu 9000 Fahrzeuge pro Jahr ausweiten möchte, verkauft Toyota mit 350.000 Mitarbeitern weltweit fast 30.000 Fahrzeuge pro Tag. Damit ist Toyota gemessen in Absatzzahlen die Nummer zwei der Welt hinter Volkswagen, das dürfte sich jedoch schon im laufenden Jahr aufgrund des Abgasskandals ändern.


KLEINE UNTERNEHMENSGESCHICHTE

Die heutige Toyota wurde 1937 von Toyoda Kiichirō und Toyoda Eiji gegründet und überstand den Pazifikkrieg von 1937-1945 mit ein wenig Glück nahezu schadlos. Ganz im Gegenteil hatte man als Lkw-Produzent für das japanische Militär sogar noch vom Krieg profitiert und konnte so bereits 1947 wieder die Produktion aufnehmen.

Von 1967 bis 1982 fungierte Mitgründer Toyoda Eiji, ein genialer Erfinder, als Chef. Unter seiner Leitung gelang es Taiichi Ōno ein Produktionssystem zu entwickeln, das mit Hilfe der Belegschaft ständig verbessert wurde und bis heute als Schlüssel zum Erfolg gilt.

Natürlich gehörte jedoch auch eine Portion Glück zum Aufstieg von Toyota. Denn durch die erste Ölkrise (1973/1974) wuchs weltweit erstmals der Bedarf nach kleineren, spritsparenden Autos, die die westlichen Autobauer gar nicht im Angebot hatten. Darum griffen viele Konsumenten verstärkt zu Modellen aus dem Hause Toyota, zumal diese auch noch sehr komfortabel ausgestattet waren.

Spätestens mit Einführung der Luxusmarke Lexus im Jahr 1989 war Toyota zu einem internationalen Komplettanbieter herangereift. Heutzutage stammt rund jedes achte weltweit verkaufte Auto aus dem Hause Toyota.


AKTUELLE MODELLPALETTE

Die aktuelle Modellpalette des Unternehmens umfasst nahezu alle möglichen Fahrzeuge, vom absoluten Kleinstwagen (Aygo, iQ) über die Mittelklasse (Corona, Prius, Avensis) bis hin zu Lieferwagen und Transportern (Dyna, Hiace, LiteAce, Proace)

Besonders stark aufgestellt ist Toyota im Bereich der Geländewagen, Pickups und SUVs. Da auch viele Terroristen (Islamischer Staat) immer wieder mit solchen Fahrzeugen von Toyota gefilmt wurden, brachte dies dem Unternehmen zuletzt Kritik ein. Hier war die starke Aufstellung zuletzt also ein wenig kontraproduktiv.

Eigentlich fehlt Toyota zurzeit nur noch ein Sportwagen, um die Modellpalette wieder zu komplettieren.

Erwähnenswert erscheint mir an dieser Stelle noch, dass Toyota die Mehrheit (51,2%) am Konkurrenten Daihatsu sowie Minderheitsbeteiligungen an Subaru (16,5%) sowie Isuzu (5,9%) hält. Ferner gehört, wie bereits erwähnt, auch noch die Luxusmarke Lexus zum Toyota-Konzern.


UMSATZ- UND GEWINNENTWICKLUNG

Das Geschäftsjahr entspricht bei Toyota nicht dem Kalenderjahr, sondern endet stets Ende März. Im Geschäftsjahr 2012/2013 (Ende März 2013) erzielte der Konzern einen Jahresumsatz in Höhe von umgerechnet 161,93 Mrd. Euro (+18,7%) bei einem Gewinn je Aktie von 4,25 Euro (+89,7%). Auf dieser Basis zahlte der Konzern damals eine Dividende in Höhe von 1,17 Euro je Aktie (+82,8%) an seine Anteilseigner aus.

Im Geschäftsjahr 2013/2014 steigerte Toyota dann seinen Jahresumsatz um +16,4% auf gut 188,55 Mrd. Euro bei einem Gewinn je Aktie von 5,09 Euro (+19,8%) und einer Dividende je Aktie von 1,48 Euro (+26,5%). Im Geschäftsjahr 2014/2015 schließlich steigerte Toyota seinen Jahresumsatz um weitere +6,0% auf umgerechnet knapp 200 Mrd. Euro. Der Gewinn je Aktie legte ebenfalls weiter zu und erreichte 5,70 Euro (+12,0%). Dementsprechend hob der Konzern auch die Dividende erneut an und schüttete nunmehr 1,70 Euro je Aktie (+14,9%) an seine Aktionäre aus.


GROSSER PROFITEUR DER ABENOMICS

Fairerweise muss man jedoch erwähnen, dass Toyota als ein sehr stark exportorientiertes japanisches Unternehmen sehr stark von der Abenomics-Politik des neuen japanischen Premierministers Shinzō Abe profitiert. Diese sah eine extrem expansive Geldpolitik durch die Bank of Japan vor, um die Inflation anzuheizen, was jedoch bis heute nicht gelang.

Allerdings führte diese Politik zu einer deutlichen Abwertung des japanischen Yen, was die Autos von Toyota im Ausland günstiger erscheinen ließ und sich daher sehr positiv auf die Geschäftsentwicklung auswirkte. Ohne die Abenomics-Politik hätte der riesige Konzern in den letzten Jahren wohl nicht die Wachstumsraten eines US-amerikanischen Wachstumsunternehmens aus dem Silicon Valley erzielt.


ZUKÜNFTIGE HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE AUTOMOBILBRANCHE UND DAS UNTERNEHMEN

In der internationalen Automobilbranche gibt es zurzeit zwei Trends, die die Zukunft des Automobils ganz entscheidend beeinflussen werden. So soll es zum Einen nahezu weltweit eine Umstellung von der altbekannten Technologie des Verbrennungsmotors auf den Elektromotor geben. Zum Anderen sollen Autos in Zukunft zumindest die zusätzliche Möglichkeit bieten autonom zu fahren. Vorreiter in diesen beiden Gebieten ist dabei der kalifornische Elektroauto-Hersteller Tesla Motors, den ich vor einigen Wochen ja ausführlich in meiner damaligen Wunschanalyse analysiert habe.

Tesla hat kürzlich per Software-Update eine neue Funktion namens Autopilot an seine Kunden ausgeliefert, die einen Vorgeschmack auf das autonome Fahren bietet. So hält das Fahrzeug automatisch die Spur und wechselt sie selbstständig nur durch Betätigung des Blinkers. Auch kann das Fahrzeug selbstständig einparken. Nicht Neues, werden S-Klassefahrer nun sagen. Stimmt, aber besser vermarktet.

In der Vergangenheit war Toyota in Sachen neuer Technologien stets ein Vorreiter. So hat man bspw. seinerzeit mit dem Toyota Prius als erster großer Automobilhersteller ein Fahrzeug mit Hybridmotor angeboten, der sich aufgrund des niedrigen Verbrauchs und der damals hohen Spritpreise in den USA eine Zeit lang großer Beliebtheit erfreute. Ein Hybridmotor ist eine Mischung aus Verbrennungs- und Elektromotor und wird bspw. von den großen deutschen Automobilherstellern derzeit noch als ideale Übergangslösung vom Verbrennungs- zum Elektromotor angesehen.

Doch so modern Toyota vor einigen Jahren, als der Konzern in einer kleinen Krise steckte, auch war, heute ist davon leider nicht mehr viel übrig. Wohl geblendet von den hervorragenden Absatzzahlen sowie der überragenden Umsatz- und Gewinnentwicklung scheint es fast so, als habe Toyota ein wenig den Anschluss verloren. So setzen die Japaner bis heute immer noch auf den Verbrennungsmotor sowie den einstmals erfolgreichen Hybridmotor und haben dabei die Entwicklung von Fahrzeugen mit Elektroantrieb vernachlässigt.

In Sachen autonomes Fahren geben zurzeit neben Tesla in erster Linie kalifornische Technologiekonzerne wie Google und zukünftig möglicherweise Apple den Ton an. Hört man sich in der Branche um, so bestätigen einem Kenner, dass neben Tesla und Google auch die drei deutschen Autobauer Audi (eine Tochter von VW), BMW und Daimler in ihrer Entwicklung in diesem Bereich schon recht weit seien, dies nur noch nicht so aggressiv nach außen kommunizieren.

Vom Entwicklungsstand bei Toyota hört man dagegen wenig, was ich als schlechtes Zeichen interpretiere. Es mag sein, dass die ohnehin als verschwiegen bekannten Japaner, einfach noch einen Tick zurückhaltender sind. Es kann aber auch sein, dass Toyota hier einfach langsam den Anschluss zu verlieren droht. Insofern denke ich, dass man als (potenzieller) Toyota-Aktionär die Entwicklungen des Konzerns in diesen beiden Bereichen sehr genau im Auge behalten muss.


PANNEN UND QUALITÄTSMÄNGEL

Aktuell ist natürlich besonders Volkswagen mit seinem Abgasskandal stark in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Doch auch andere Autobauer sind nicht frei von Sünde, auch wenn sie es zurzeit gerne so darstellen.

So gab es bei Toyota ab Januar 2010 eine Rückrufaktion für 2,3 Mio. Fahrzeuge in den USA sowie 1,8 Mio. Fahrzeuge in Europa , weil die Gaspedale klemmten. Laut den US-Behörden führten diese Mängel zu 200 Unfällen mit 34 Toten. Der Rückruf alleine soll das Unternehmen knapp 150 Mio. Euro gekostet haben, hinzu kommen jedoch noch Schadenersatzforderungen, die im Laufe der Jahre zu Kosten von einigen Milliarden Euro führen könnten. Bereits im März 2014 akzeptierte Toyota im Zusammenhang mit dieser Pannenserie eine Geldstrafe in Höhe von 1,2 Mrd. US-Dollar in den USA.

Im Februar 2010 kam es dann zu einer weiteren Rückrufaktion wegen Bremsproblemen. Betroffen waren dieses Mal 437.000 Fahrzeuge. Nach diesem zweiten Rückruf innerhalb kurzer Zeit reagierte Toyota umgehend durch eine Umstrukturierung seines Qualitätsmanagements. So wurden regionale Kompetenzzentren gebildet, um die Dienstwege zu verkürzen und schneller auf Probleme bei Fahrzeugen sowie Kundenfeedback reagieren zu können. Trotzdem kämpft Toyota aktuell mit Problemen bei seinen Fensterhebern.


UMSATZ- UND GEWINNERWARTUNGEN

Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2015/2016 erzielte Toyota einen Quartalsumsatz von knapp 51,3 Mrd. Euro (+9,3% gegenüber dem vergleichbaren Vorjahresquartal). Insgesamt erwarte ich daher auf Basis der bis jetzt vorliegenden Informationen für das laufende Geschäftsjahr 2015/2016e ein Umsatzwachstum zwischen 8-9% und kalkuliere daher mit einem Jahresumsatz von umgerechnet rund 216 Mrd. Euro bei einem Gewinn je Aktie von 6,09 Euro (+6,8%). Folglich dürfte die Dividende noch einmal leicht angehoben werden und 1,83 Euro je Aktie betragen (+7,6%).

Im kommenden Geschäftsjahr 2016/2017 dürfte der Jahresumsatz dann jedoch alleine schon wegen der zu erwartenden Stabilisierung des japanischen Yens leicht zurückgehen und unter 210 Mrd. Euro (-2,8%) zurückfallen. Zugleich dürfte auch der Gewinn je Aktie auf 5,74 Euro (-5,7%) zurückgehen, wohingegen die Dividende jedoch konstant gehalten werden sollte.


FUNDAMENTALE BEWERTUNG

Toyota weist aktuell eine Marktkapitalisierung von knapp 188 Mrd. Euro auf. Demgegenüber stand zuletzt ein Jahresumsatz von knapp 200 Mrd. Euro, der zukünftig noch leicht gesteigert werden wird. Das aktuelle KUV liegt somit leicht unter 0,9. Zugleich weist die Aktie ein aktuelles KGV von knapp 10 bei einer Dividendenrendite von gut 3% auf.

Im Vergleich dazu wird eine BMW-Aktie aktuell mit einem KUV von nur 0,7 bei einem KGV von ebenfalls knapp 10 bewertet. Die Dividende beträgt hier jedoch 3,7%. Daimler, die allerdings stärker diversifiziert sind, ist sogar noch etwas günstiger bewertet.

Insgesamt halte ich diese Bewertung jedoch trotzdem für fair. Denn immerhin handelt es sich bei Toyota um die Nummer 1 der Branche, und die Nummer 1 einer Branche bekommt von den Anlegern in der Regel einen gewissen Bewertungsaufschlag zugestanden. Hier gilt für viele das Motto von Warren Buffett: "Warum sollte ich die zweitbeste Aktie (einer Branche) kaufen, wenn ich die beste Aktie haben kann?"


FAZIT: HALTEPOSITION MIT KURSZIEL 60 EURO

Belege ich den voraussichtlichen Gewinn je Aktie des laufenden Geschäftsjahres 2015/2016e von 6,09 Euro mit einem KGV von 10, so erhalte ich einen fundamental fairen Wert für die Aktie in Höhe von 60,90 Euro. Dies entspricht einem kurzfristig realisierbaren Kurspotenzial von ca. +10% zzgl. der Dividende (3%).

Bereits im kommenden Geschäftsjahr dürften jedoch sowohl der Umsatz als auch der Gewinn leicht zurückgehen. Wie es dann 2017/2018e ausschaut, ist heute leider noch schwer abschätzbar. Die Zukunftsaussichten von Toyota sind jedoch aufgrund der fehlenden technologischen Innovationen in den letzten Jahren eingetrübt.

Alles in allem komme ich daher zu dem Schluss, dass die Toyota-Aktie aktuell nur eine Halteposition darstellt. Das Kursziel sehe ich bei 60 Euro, und dieses könnte sogar recht kurzfristig (auf Sicht der nächsten Monate) erreicht werden.

Anschließend droht der Aktie jedoch ein Rücksetzer mindestens auf das aktuelle Kursniveau, evtl. sogar in Richtung 50 Euro oder darunter. Erst dann könnte die Aktie wieder interessant werden, was man jedoch zum gegebenen Zeitpunkt neu beurteilen müsste. Zurzeit jedenfalls gibt es meines Erachtens bessere Aktien, zumal weder die Automobilbranche noch deren Zulieferer im Moment ganz oben auf der Favoritenliste der Anleger stehen. China lässt grüßen!
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