Technologische Innovationen geben enercon Rückenwind
Der Windkraftanlagenhersteller enercon ist einer der „Hidden Champions“ der deutschen Wirtschaft. Ohne viel Aufhebens hat sich das Unternehmen seit der Gründung 1984 zu einem der führenden Hersteller von Windkraftanlagen entwickelt. Statt mit öffentlichkeitswirksamen Auftritten macht das norddeutsche Unternehmen durch technologische Innovationen auf sich aufmerksam.
Das liegt vor allem am Unternehmensgründer Aloys Wobben. Der Diplomingenieur, der noch heute die Zügel bei enercon in der Hand hält, ist kein Freund ständiger Medienpräsenz, sondern konzentriert sich ganz auf die Lenkung seines Unternehmens. Wie kaum ein anderer ist Wobben mit der Entwicklung der Windenergie in Deutschland verbunden. Anfang der 80er-Jahre, als die Windkraft in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckte, baute der Tüftler in der heimischen Garage die ersten Windräder.
Dass derartige Anlagen in großen Teilen der damaligen Politik und Gesellschaft mehr als Fantastereien ökologisch bewegter Romantiker denn als ernst zu nehmende Möglichkeiten der Energieerzeugung galten, beirrte Wobben nicht. Mit der Überzeugung des Visionärs, die so viele bedeutende Erfinder auszeichnet, setzte er seine Arbeit fort und fertigte 1986 für einen Möbelhändler eine 55-Kilowatt-Anlage. Weitere Aufträge folgten, doch in Schwung kam das Geschäft erst mit dem Stromeinspeisegesetz 1990, das der Windenergie eine Mindestvergütung garantierte. Auf der Subventionierung der erneuerbaren Energien ruhte sich Wobben aber nicht aus, sondern arbeite weiter an der Perfektionierung seiner Anlage. Ergebnis waren die ersten getriebelosen Windkraftanlagen, die 1991 auf den Markt kamen. Dieses Konzept ist bis heute Markenzeichen des Unternehmens und für den hervorragenden Ruf der Anlagen aus Emden mitverantwortlich.
Getriebelose Anlagen zeichnen sich durch geringere Störanfälligkeit und reibungslosen Energiefluss aus, da das Antriebssystem nur aus wenigen drehenden Bauteilen besteht. Sie waren ihrer Zeit sogar so weit voraus, dass es zu einem Fall von Industriespionage durch einen US-Konkurrenten kam, der erst nach langjährigen Rechtsstreitigkeiten beigelegt werden konnte. Auch diese Erfahrung erklärt vielleicht, warum enercon möglichst große Unabhängigkeit von Zulieferern anstrebt und die meisten Bauteile selbst produziert. Neben einer eigenen Gießerei verfügt das Unternehmen auch über eigene Kräne und Spezialtransporter.
Dank der hohen Qualität seiner Windkraftanlagen kann enercon ein Partnerkonzept anbieten, das dem Kunden für bis zu 15 Betriebsjahre eine gleichbleibend hohe Anlagenverfügbarkeit garantiert. Wartung, Instandhaltung und Reparatur werden damit komplett abgesichert und geben dem Kunden Planungssicherheit. Die Kosten des Partnerkonzepts orientieren sich dabei am Jahresertrag der Windenergieanlage, das heißt, in Windjahren mit guten Erträgen zahlt der Kunde mehr, in schlechten Windjahren entsprechend weniger, was den jährlich erwirtschafteten Gewinn der An- lagen stabilisiert. Stolz verweis enercon darauf, dass mehr als 90 Prozent der Kunden einen derarti- gen Vertrag abschließen. Windenergie ist aber nicht das das einzige Geschäftsfeld. Zusätzlich fertigt enercon Produkte für die Meeresentsalzung und die Nutzung von Wasserkraft. Ein Pilotprojekt ist ein 130 Meter langes Frachtschiff, das teilweise mit an Bord erzeugtem Windstrom, teilweise mit Diesel laufen soll.
Der Erfolg der enercon-Anlagen spiegelt sich eindrucksvoll in den Zahlen wider. Mittlerweile sind mehr als 13.000 Menschen weltweit für das Unternehmen tätig. Dabei ist Deutschland längst nicht mehr der wichtigste Markt. Für 2012 rechnet enercon mit einem Exportanteil von über 60 Prozent, der in den kommenden Jahren noch steigen soll. Und vielleicht wird eines Tages sogar eine Technologie Einzug in Privathaushalte finden, die der enercon-Gründer Wobben für sich selbst schon lange nutzt: Eines der ersten Windräder, die er einst in der heimischen Garage gefertigt hat, versorgt sein eigenes Haus mit Strom.