Tage zwischen hoffen und Bangen

kurs plus GmbH
Veröffentlicht von kurs plus GmbH am 15.04.2011
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

PortfolioJournal

Fünf Wochen nach der Dreifach-Katastrophe aus Erdbeben, Tsunami und Fukushima steht Japan immer noch unter Schock. Auch die Wirtschaft ist ins Sto- cken geraten. Nun steht der Wiederaufbau an, auch die Märkte blicken bereits nach vorn: Nach dem Kurssturz an der Börse greifen Investoren wieder zu. Auch die langfristigen Perspektiven sind gut, denn für den Wiederaufbau sind umfangreiche Investitionen notwendig.


 

Warren Buffett ist der Mann, dem die Märkte vertrauen. Wenn das „Orakel von Omaha“ zu einem seiner berühmten Anlagetipps ansetzt, hängen Scharen von Anlegern an seinen lippen. Das war auch am 21. März der Fall, als der Chef der Investment-Firma Berkshire hathaway sich auf einer AsienReise in Seoul zum Thema Japan äußerte: „Ich schaue nicht anders auf die Zukunft der japanischen Wirtschaft als vor zehn Tagen. Außergewöhnliche Ereignisse bieten die Möglichkeit zum Kauf.“

Kurz zuvor, am 11. März, traf eine Katastrophe von nur schwer beschreiblichem Ausmaß Japan. Ein Erdbeben mit einer Magnitude von 9,0 erschütterte die Inselnation, es folgte ein gewaltiger Tsunami. Auf einem Abschnitt von 110 Kilometern traf die teils über 20 Meter hohe Flutwelle die Küste und ergoss sich bis zu fünf Kilometer weit ins landesinnere. Die Bilanz ist verheerend: Rund 13.000 Menschen verloren ihr leben, über 14.000 werden noch vermisst. Nach Angaben des TV-Senders NhK wurden 6.300 Gebäude zerstört, weitere 76.000 beschädigt.

hinzu kommt die Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima Daichi, die die Japaner und die Weltöffentlichkeit womöglich noch monatelang in Atem halten wird. Schon jetzt ist abzusehen, dass ganze landstriche im Umfeld des Katastrophenmeilers unbewohnbar bleiben werden. Außerdem ist noch über Monate mit Nachbeben zu rechnen, die nach Expertenansicht in ihrer Intensität abnehmen werden.

Die Wirtschaft ist von der DreifachKatastrophe ebenfalls getroffen. Auch wenn die am meisten betroffene Region im Nordosten der hauptinsel honshu wirtschaftlich eine eher untergeordnete Rolle spielt, hinterlassen Stromknappheit und unterbrochene Zulieferketten ihre Spuren. In den Werken einiger Autoproduzenten musste die Produktion gar vorübergehend eingestellt werden. Auch der Konsum dürfte in Mitleidenschaft gezogen werden, denn das Verbrauchervertrauen sinkt in Krisensituationen erwartungsgemäß.

Insgesamt summieren sich die Schäden nach Schätzung der Regierung auf 300 Milliarden US-Dollar. Die Weltbank ist mit 250 Milliarden Dollar noch etwas optimistischer. Aber auch dieser Wert würde fünf Prozent des japanischen Bruttoinlandsprodukts entsprechen. Der IWF korrigierte die Wachstumsprognose für das laufende Jahr um 0,2 auf 1,4 Prozent nach unten. Für 2012 wurde die Voraussage aber um 0,3 auf 2,1 Prozent erhöht.

„Die entscheidende Frage lautet: Wie schnell und effizient wird sich Japan wieder fangen? Der Wiederaufbau hat eigentlich bereits begonnen und wird mit jedem Tag an Dynamik gewinnen, aber es gibt natürlich Probleme – Infrastruktur wurde zerstört, Stromkapazitäten sind zurück gegangen,Telefonnetze sind zusammen gebrochen und Tausende von Freiwilligen, die sich für Aufräumarbeiten gemeldet haben, können noch nicht koordiniert eingesetzt werden“, sagt Mikio Kumada, Global Strategist bei lGT Capital Management. Die Japaner stellen bereits die Weichen für Wiederaufbau. Von der Zentralbank soll es zinsgünstige Kredite mit einem Gesamtvolumen von einer Billion Yen geben, um die notwendigen Investitionen zu erleichtern. Der Nikkei-Index, der in den ersten Tagen der Katastrophe um über zehn Prozent eingebrochen war, hat die hälfte der Verluste inzwischen wieder kompensiert. Während die Aktie des AKW-Betreibers Tepco um mehr als 70 Prozent in die Tiefe rauschte, haben Unternehmen aus der Bauund Baustoffbranche beispielsweise das Niveau vor der Katastrophe sogar übertroffen. hier sind die Aussichten gut. „Mit Kernkraft verbundene Titel oder lebensmittelunternehmen könnten hingegen kurzbis mittelfristige Probleme haben“, sagt Kumada. Aber: „Die Marktbewertung ist in der Tat sehr attraktiv.“

hierbei ist zusätzlich zu bedenken, dass der japanische Aktienmarkt in den letzten Jahren vergleichsweise volatil war. Der letzte historische Tiefststand wurde am 10. März 2009 verzeichnet, als das aus 225 Werten zusammengesetzte Börsenbarometer knapp über 7.000 Punkte notierte. Nach einigen Ausschlägen war der vorläufige höchststand am 21. Februar mit 10.857 Punkten erreicht. Am 29. Dezember 1989 markierte der Nikkei mit 38.957 Punkten im handelsverlauf das Allzeithoch.

Kumada zeigt sich für die mittelfristigen Perspektiven der japanischen Kapitalmärkte vorsichtig optimistisch. „Nach dem Kobe-Erdbeben hielt die Underperformance Japans rund zwei Monate an. Dann setzte eine Phase der Outperformance ein. Je nach fiskalund geldpolitischen Entwicklung in naher Zukunft und der Reaktion des privaten Sektors könnten sich japanische Aktien auch schneller erholen.“ Am 17. Januar 1995 hatte ein Erdbeben der Stärke von 6,9 die Millionenstadt Kobe erschüttert. Seinerzeit starben 6.434 Menschen, rund 100.000 Gebäude wurden zerstört. Der Schaden summierte sich auf rund 100 Milliarden US-Dollar.

„Es gibt wichtige Unterschiede zu 1995, welche eine wirtschaftspolitische Unterreaktion Japans weniger wahrscheinlich erscheinen lassen“, schränkt Kumada ein. „So war die Katastrophe von 1995 viel kleiner und Japan war viel größer und selbstgefälliger. Die Wirtschaftsleistung des landes hatte 1995 ihren Zenit erreicht: Japans BIP entsprach damals 71 Prozent des BIP der USA. Inzwischen ist es auf 34 Prozent gesunken, während Chinas Wirtschaftsleistung von zehn auf 38 Prozent des US-BIP gewachsen ist.“ Die hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung ist auch bei den Investoren vorhanden. Im März haben Anleger in der Summe 2,3 Milliarden Dollar über ETFs in den japanischen Aktienmarkt investiert, wie aus Zahlen des Fondsanbieters lipper hervorgeht. Allein am 16. März verbuchten Japan ETFs dem US-Datenanbieter TrimTabs zufolge Mittelzuflüsse mit einem Volumen von 700 Millionen Dollar, womit die bisherige Bestmarke aus dem Jahr 2003 weit übertroffen wurde.

Wer nicht die Einstiegsgelegenheit genutzt hat, sondern schon länger dabei ist, muss mit Verlusten leben. Der Meinl Japan Trend, der in 30 bis 40 Titel großkapitalisierter japanischer Unternehmen investiert ist, liegt im laufenden Jahr mit elf Prozent im Minus (Stand: 31.03.2011). Über drei Jahre hinweg betrachtet steht ein Plus von 1,79 Prozent zu Buche.

Auch der hochgelobte Japan Advantage Fund der US-Fondsgesellschaft Fidelity mit Fokus auf unterbewertete Titel musste Verluste einstecken. Selbst ein Fonds wie der DWS Japan Opportunities, der auf Aktien mit kleinerer und mittlerer Kapitalisierung setzt, musste im vergangenen Monat 11,24 Prozent Verlust verkraften. hier hat das Management die Aktienquote nach dem Beben auf 90 Prozent heruntergefahren. Bei dem DWS Invest Japanese Equities, der sich auf Blue Chips konzentriert, summiert sich das Minus auf 16,86 Prozent. Auch der Uni Japan von Union Investment liegt in 2011 mit 10,27 Prozent im Minus. Dass ein Großteil der Fonds sowohl kurzals auch langfristig in den roten Zahlen ist, scheint angesichts der Kapriolen des Nikkei nicht verwunderlich. Nippon-Investoren sollten sich deswegen einen weiteren Rat von Warren Buffett zu herzen nehmen: „Wenn ich japanische Aktien hätte, würde ich sie nicht verkaufen.“ 

 

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