Super-Computer werden immer populärer
Als in den Siebziger Jahren der stetige Wettlauf um den schnellsten Rechner der Welt begann, hatte diese Disziplin noch eher einen akademischen Charakter. War es anfangs vor allem der Ehrgeiz der Herstellerfi rmen, der befriedigt werden wollte, gab es bald aber schon sinnvolle Anwendungsgebiete, die diese immense Rechenleistung zum einen nutzen konnten, zum anderen aber auch zwingend benötigten. Anfangs waren es vor allem staatliche Laboratorien, Behörden und Universitäten, die die Rechenpower von HPC-Systemen (High Performance Computing) für sich nutzten. Heutzutage ist es undenkbar, komplexe naturwissenschaftliche Phänomene, wie z. B. die Entwicklung des Wetters oder des Klimas, ohne Super- Computer durchzuspielen. Andere Anwendungsgebiete sind u. a. die Ausbreitung von Seuchen, astronomische Fragestellungen wie die Entstehung von Galaxien oder der Blutfl uss in gesunden und in kranken Gefäßen. Allen Anwendungsgebieten ist gemein, dass die Aufgabenstellung so komplex ist, dass sie von normalen Arbeitsplatzrechnern nicht in einem vertretbaren Zeitrahmen oder überhaupt nicht gelöst werden kann.
Zunehmend entdecken auch Privatunternehmen das Potenzial von Superrechnern für sich. So will beispielsweise Boeing aufwändige Strömungssimulationen durchführen, um Heckflossen umzugestalten und so den Treibstoffverbrauch zu senken. Der dänische Windradhersteller Vestas berechnet mit HPC-Systemen die optimale Positionierung von Windturbinen, und die Autoindustrie führt mit den Supercomputern simulierte Crash-Tests durch.
Waren Hochleistungsrechner am Anfang das Spielfeld von einigen wenigen hochspezialisierten Unternehmen, mischen mittlerweile auch diversifizierte IT-Konzerne wie IBM, Dell oder Hewlett-Packard mit. Diese belegen nun sogar mit großem Abstand die Spitzenplätze bezüglich der Marktanteile. Hewlett-Packard und IBM teilen sich mit einem Marktanteil von jeweils rund 30 % den 1. Platz. Es folgt mit rund 16 % Dell. Erst dann kommen mit jeweils 3 % Marktanteil die Spezialisten Cray und Silicon Graphics International.
In den Siebziger Jahren war der HPC-Markt fest in der Hand von CRAY (A0J 271; 12,28 $). 1972 gegründet brachte das Unternehmen 1976 den „Cray-1“ auf den Markt. Mit einer Rechenleistung von 136 Megaflops ließ er die Konkurrenz weit hinter sich. (Zum Vergleich: Heutzutage kann jedes handelsübliche Smartphone es mit dem Cray-1 aufnehmen.) Nachdem die Geschäftsentwicklung Crays dann aber durchwachsen war, ist das Unternehmen mittlerweile wieder zu einstiger Stärke zurückgekehrt. Im laufenden Geschäftsjahr ist ein Rekordumsatz von gut 400 Mio. $ zu erwarten. Immerhin sind in der Hitliste der weltweit 500 schnellsten Computer 26 Systeme von Cray zu finden, darunter mit 1,9 Petafl ops der zeitweise führende „Jaguar“. Crays Stärke ist, dass man im Premium-Segment sehr präsent ist, was sich auch positiv auf den Absatz preisgünstigerer Systeme ab 200.000 $ auswirkt. Etwas irritiert hatte im April aber, dass Cray seine Verbindungstechnologien Gemini und Aries, die den für Superrechner sehr wichtigen ultraschnellen Datentransfer im Netzwerk ermöglichen, für 140 Mio. $ an Intel abgetreten hat. Gerade mit solchen Eigenentwicklungen hat sich Cray in der Vergangenheit einen Vorsprung vor der Konkurrenz erkämpfen können. Aber der Deal hat auch Vorteile. So wird die Weiterentwicklung eigener Hardware für kleinere Wettbewerber immer kostspieliger. Zudem behält Cray bis auf Weiteres auch die Nutzungsrechte an dieser Technologie.
IBM (851 399; 185,64 $) ist auf dem IT-Sektor eher ein Generalist, hat sich aber auch im HPC-Bereich mittlerweile einen Namen gemacht. 40 % der in der Top-500-Liste vertretenen Rechnersysteme stammen von IBM, wie auch der derzeit schnellste Computer der Welt. Der „Squoia“ besteht aus 96 Servertürmen und hat mit 16,3 Petaflops den bisherigen Spitzenreiter, den „K Computer“ von Fujitsu, um rund 60 % übertrumpft. Viele von IBMs Entwicklungen im Hochleistungsbereich finden sich später auch in Konsumprodukten wieder. Im Gesamtkonzern macht sich die verfolgte Strategie bezahlt, sich konsequent auf höhermargige Geschäftsbereiche zu konzentrieren. Das spiegelt sich auch in einer über Jahre währenden relativen Stärke der IBMAktie wider.
Bei HEWLETT-PACKARD (851 301; 18,88 $) steuert das HPC-Geschäft trotz des hohen Marktanteils nur wenig zum Konzernergebnis bei. Ohnehin hat das Unternehmen derzeit mehrere Baustellen. Größtes und wichtigstes Problemfeld ist derzeit das PC-Geschäft. Aber auch die generelle Strategie wirft Fragen auf. So ist HP insbesondere im einträglichen Servicegeschäft nicht gut genug positioniert, um IBM die Stirn bieten zu können. CEO Whitman hat bisher keinen überzeugenden neuen Strategieansatz erkennen lassen, so dass die Aktie trotz ihrer sehr günstigen