Strom aus dem Meer

kurs plus GmbH
Veröffentlicht von kurs plus GmbH am 17.05.2010
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PortfolioJournal

Die Energieversorgung Deutschlands steht vor dem gewaltigsten Umbruch in der jüngeren Geschichte. Bis 2050 soll klimafreundliche Offshore-Windparks einen beträchtlichen Teil des Strombedarfs der Bundesrepublik abdecken. Doch der Aufbau der dafür notwendigen Infrastruktur steckt noch in den Kinderschuhen. Ein Milliardengeschäft für Versorger, Ausrüster und Hersteller von Windkraftanlagen. Auch Anleger können mitverdienen – allerdings hat die Finanzindustrie auf der Angebotsseite noch Nachholbedarf.


Ende April war es soweit. 45 Kilometer vor der Küste der Nordseeinsel Borkum hatte sich Prominenz angesagt. Bundesumweltminister Norbert Röttgen, der damalige Eon-Chef Wulf Bernotat sowie seine Kollegen von Vattenfall Europe und EWE hatten sich versammelt, um den Startschuss für Alpha Ventus zu geben. Hinter dem Namen verbirgt sich der erste Hochsee-Windpark in deutschen Hoheitsgewässern. Zwölf Windenergieanlagen der Fünf-Megawatt-Klasse stehen in 30 Meter Wassertiefe und liefern bereits Strom ans Festland. Alpha Ventus ist aber nur der Anfang. Experten sagen der Offshore-Produktion von Strom eine große Zukunft voraus. „Die Nutzung der Windenergie wird die zentrale Rolle im Energiemix der Zukunft spielen. Offshore-Windparks sind dabei eine entscheidende Größe. Unser Ziel ist eine installierte Offshore-Leistung von 25.000 MW bis zum Jahr 2030“, erklärte Röttgen. Zu diesem Zeitpunkt sollen die Erneuerbaren Energien, so das Leitszenario des Umweltministeriums, mit 317 Terrawattstunden pro Jahr bereits 58 Prozent des Strombedarfs abdecken.

Den größten Anteil davon wird die Offshore- Windkraft, die heute praktisch noch keine Rolle spielt, beitragen. Der Windkraft komme im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien eine Schlüsselrolle zu, sagt Olaf B. Köster, Portfoliomanager des VCH NewEnergy und des SI ÖkoSelect. „Die Kosten der Energieerzeugung aus Wind liegen deutlich niedriger liegen als etwa bei der Photovoltaik. Zudem gibt es ausreichend windreiche Standorte im Offshore-Bereich, während die Zahl neuer Onshore-Standorte begrenzt ist. Global gesehen wird Wind als Energiequelle gerade in Ländern mit langen Küstenregionen eine bedeutende Rolle spielen, so etwa in den USA, Großbritannien, Spanien, Italien, Indien und China.“ Die Umsetzung der Offshore-Pläne setzt – ob in Deutschland oder weltweit -ingenieurstechnische Meisterleistungen voraus, auf denen derzeit noch nicht viele Erfahrungswerte vorliegen.

Nicht umsonst sprachen alle Beteiligten bei dem Alpha-Ventus-Projekt nicht ganz unbegründet von „Pionierarbeit“. Die hier gewonnenen Erkenntnisse sollen in die zukünftige Arbeit einfließen. Das Geschäft mit der Offshore-Windenergie ist kompliziert. Für den Transport von Fundamenten, der Türme und den Gondeln mit den eigentlichen Rädern mussten erst spezielle Schiffe gebaut werden. Immerhin ragen manche Windräder bis zu 150 Meter in die Luft – und sind damit auf Augenhöhe mit dem Kölner Dom. Zudem befindet sich eine Trafostation auf einer Plattform neben dem Feld, die über ein Unterseekabel mit dem Festland verbunden ist. Allein für das Testfeld gaben sie Beteiligten des Konsortiums „Deutsche Offshore- Testfeld und Infrastruktur GmbH & Co. KG“ (DOTI) 250 Millionen Euro investiert. Die Anlaufinvestitionen dürften allerdings künftig sinken. „Da entsteht ein neuer Milliardenmarkt“, zitierte der „Spiegel“ kürzlich den bei Siemens für erneuerbare Energien zuständigen Manager René Umlauft.

Daran partizipieren nicht nur die Hersteller der eigentlichen Windkraftanlagen wie Nordex, REPower oder Ariva. Auch Ausrüster von Energieinfrastruktur wie ABB, General Electric oder eben Siemens wollen hier mitmischen. Für sie sind neben Energietransport und –transformation Themen wie Smart Grids, also intelligente Stromnetze, von hoher Bedeutung. Der Wind bläst schließlich nicht immer gleichmäßig, deswegen spielen Technologien zur Speicherung und bedarfsgerechten Verteilung von Energie zukünftig eine Schlüsselrolle. Eine zentrale Rolle kommt den Energieversorgern zu. „Sie haben keine Alternative zu Investitionen in Windparks, wenn sie ihren „Carbon Footprint“ verringern wollen. Sie haben auch die Finanzstärke, um diese Projekte zu stemmen“, sagt Köster.

Demnächst müssen Eon, RWE und Co. für ihre CO2-Emissionen spezielle Zertifi kate erwerben, die sie in der Summe jährlich Milliarden kosten werden. Hierüber will die Politik Anreize setzen, auf klimafreundliche Energieproduktion umzustellen. Auf der anderen Seite werden die erneuerbaren Energien subventioniert, Windenergie muss sogar vorrangig eingespeist werden. Im Gegensatz zur Photovoltaik sieht Köster in diesem Segment keine politischen Risiken: „Die Bundesregierung hat mit der Erhöhung der Vergütungen für Offshore- Windenergie im 2. Klimapaket ihren Willen zum langfristigen Ausbau gerade dieser Energiequelle bekräftigt. Drastische Kürzungen wie aktuell bei der Solarstromförderung sind aus unserer Sicht nicht zu erwarten, da im Gegensatz zur Photovoltaik keine Überförderung korrigiert werden muss.“

Der Weg für den Offshore-Milliardenmarkt scheint also geebnet. Auch in anderen Ländern ist ein deutlicher Ausbau geplant. Für Anleger ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten, sich an der Finanzierung zu beteiligen. „Er kann sich direkt unternehmerisch an Projekten etwa im Photovoltaik-Bereich beteiligen oder über Beteiligungen an geschlossenen Fonds oder Genussrechte an Windparks oder großen Photovoltaik-Kraftwerken“, sagt Köster. Speziell bei Offshore-Windkraft sind die Möglichkeit, über geschlossene Fonds zu investieren, für Privatanleger derzeit noch sehr begrenzt. „Das Interesse des Bankensektors an der Offshore-Windindustrie hat vor allem im zweiten Halbjahr 2009 rapide zugenommen, und wir gehen davon aus, dass dieser Trend weiterhin anhält“, meint Gouri Kumar, Branchenanalyst bei der Unternehmensberatung Frost & Sullivan.

„Gleichzeitig blieb die Anzahl der involvierten Banken gering, weshalb die Branche insgesamt mit der Finanzierung von Offshore-Anlagen im Vergleich zu Onshore- Windparks immer noch sehr wenig Erfahrung hat“, so Kumar. „Doch langsam zeigt sich, dass die Risiken im Vergleich zu den immensen Chancen, die dieser Markt bietet, an Bedeutung verlieren und dass die Investoren – an vorderster Front Investmentbanken – diese Risiken mit innovativen Konzepten und unkonventionellem Denken zu überwinden suchen.“ Von daher dürfte die Chance, direkt in Windparks zu investieren, mittelfristig steigen.

Nur müssen die Anleger hier mit einem langen Anlagehorizont und einer vergleichsweise hohen Mindestbeteiligung rechnen. Bei Onshore-Windparks gibt es einige Angebote. Außerdem bietet die Prokon-Unternehmensgruppe Genussscheine an. Die flexiblere Variante sind Investmentfonds. „Hier hat der Anleger über die Risikodiversifi kation hinaus die Möglichkeit, auch an Schlüsselthemen wie etwa dem für die Einbindung der Windenergie erforderlichen Ausbau der Energieinfrastruktur (Stichwort: Smart Grid) oder der Energiespeicherung zu partizipieren“, sagt Köster. Der VCH NewEnergy und der SI ÖkoSelect decken entsprechend die gesamte Wertschöpfungskette ab und sind darüber hinaus in unterschiedlichen Märkten vertreten.

Außerdem besteht über diese Fonds die Möglichkeit, bis zu 10 bzw. 20 Prozent in nicht-börsennotierte Beteiligungen zu investieren – gerade in Wachstumsbranchen ein Vorteil. Und Wachstum ist in diesem Bereich sicher. Immerhin sind allein in Deutschland diverse Projekte genehmigt bzw. bereits im Bau. In „Nachbarschaft“ zu Alpha Ventus baut die Bard-Gruppe einen wesentlich größeren Windpark mit 80 Anlagen der Fünf-Megawatt-Klasse. Die Fertigstellung ist für Mitte 2011 geplant.

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