Steht die Solarindustrie vor einem Turn-around?

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 13.11.2013
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Aktionärsbrief

Beim Blick auf die jüngste Kursentwicklung der meisten Branchenvertreter fühlt man sich wohl versucht, diese Frage bedingungslos mit „ja“ zu beantworten. In den vergangenen Jahren war die Branche durch immense Überkapazitäten in einen zermürbenden Preiskampf gezwungen worden, bei dem viele Wettbewerber auf der Strecke geblieben sind. Die Blase, die schließlich zum Platzen kam, war in den Jahren 2006/07 aufgepumpt worden, als viele chinesische Solarhersteller an die Börse gingen. Geld war also reichlich vorhanden, das dann wegen des florierenden Marktes für Solarenergie in den Ausbau der Kapazitäten investiert wurde. Befeuert wurde dieser Boom auch durch ein gigantisches Konjunkturprogramm der chinesischen Regierung, die die heimische Wirtschaft mit umgerechnet 500 bis 600 Mrd. $ unterstützte, um gegen die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise der Jahre 2009 und 2010 gefeit zu sein. Schätzungsweise 5 bis 10 % dieser Fördersumme wurde in die chinesische Solarindustrie gesteckt. Als die Blase schließlich platzte, traf es nicht nur chinesische Hersteller, sondern auch viele europäische Branchenvertreter wurden in den Abgrund getrieben.


Die massiven Überkapazitäten sind durch die nachfolgende Marktbereinigung weitestgehend abgebaut worden. Das trifft vor allem auf den wichtigsten Bereich, die Zellproduktion, zu. In der Modulherstellung gibt es dagegen noch Überkapazitäten; hier steht einem potenziellen Angebot von 70 Gigawatt lediglich eine Nachfrage von 30 Gigawatt gegenüber. In der Zellherstellung, der Vorstufe zur Modulproduktion, fällt die Produktionskapazität dagegen deutlich geringer aus. Das ist auch dem technischen Fortschritt geschuldet. Durch neue Fertigungsverfahren ist die Zelleffizienz deutlich gestiegen. Ein Teil der bisherigen Produktionskapazitäten kann also gar nicht mehr verwendet werden, weil die damit hergestellten Produkte veraltet sind und nicht mehr nachgefragt werden.

Die harsche Marktbereinigung hat die Gewinnmargen der überlebenden Unternehmen wieder ansteigen lassen. Viele Hersteller produzieren sogar schon wieder mit Vollauslastung, wie z. B. Canadian Solar, Jinko Solar und Trina Solar. Yingli Green Energy produziert sogar mit einer Auslastung von 120 %, so dass man Aufträge an Drittanbieter auslagern muss. Aus Gründen der Qualitätssicherung kann so ein Outsourcing aber nur begrenzt durchgeführt werden, so dass man um eine baldige Kapazitätserweiterung nicht herumkommen wird. Laut einer Umfrage von Macquarie planen 44 % der befragten führenden Solarhersteller 2014 einen Ausbau ihrer Produktionskapazitäten.

Die gestiegene Auslastung hat aber längst nicht bei allen Herstellern wieder für schwarze Zahlen gesorgt. In China gelang im 2. Quartal lediglich Jinko Solar die Rückkehr in die Profitabilität. In Taiwan sind dagegen so gut wie alle etablierten Zell- und Modulhersteller wieder profitabel.

Noch scheut die Branche vor größeren Investitionen zurück. Angesichts des in den letzten Jahren zusammengebrochenen Marktes verwundert es nicht, dass sich die Hersteller eine Wiederaufstockung ihrer Kapazitäten lieber zwei Mal überlegen. Um solche Investitionen überhaupt durchführen zu können, benötigen viele Unternehmen frisches Kapital. Canadian Solar, Jinko Solar und Renesola haben einen solchen Schritt bereits hinter sich. Yingli Green Energy bereitet dagegen offensichtlich eine gemischte Finanzierungsrunde vor, mit der sowohl Eigen- als auch Fremdkapital in die Unternehmenskasse gespült werden soll. Unklar ist aber bei allen Herstellern, ob das gesamte frische Kapital tatsächlich in Erweiterungsinvestitionen gesteckt wird. Kapitalerhöhungen könnten auch zum Abbau kurzfristiger Schulden genutzt werden.

Vor allem Asien könnte der Solarbranche neue Wachstumsphantasie liefern. Dort ist die Durchdringung mit alternativen Energien noch bei weitem nicht so fortgeschritten wie in Europa und den USA. Hier winkt der Branche also überproportionales Wachstum. Von dieser Entwicklung profitieren könnten vor allem Canadian Solar, JA Solar, Renesola und Trina Solar.

Für die Zulieferindustrie stellt sich die Situation derzeit noch etwas schwieriger dar als bei den Herstellern. Das Marktforschungsunternehmen IHS erwartet, dass die Hersteller von Solarzellen, -Modulen und Vorprodukten im kommenden Jahr 30 % mehr investieren. Das entspräche dem ersten Anstieg seit 2011. Davon wird die Zulieferindustrie natürlich profitieren. Die Branche ist mit rund 100 Unternehmen allerdings besonders hart umkämpft. Zudem ist unklar, wann die Hersteller ihre Investitionszurückhaltung tatsächlich über Bord werfen. Bisher bleiben Anfragen bei den Zulieferern unverbindlich und münden oft nicht in konkrete Bestellungen. Die Zulieferbranche schreibt oftmals noch rote Zahlen. Wer in diesem Bereich investieren will, sollte daher eher auf diversifizierte Zulieferer setzen, die nicht so abhängig von der Solarbranche sind und bereits wieder schwarze Zahlen schreiben. Hierzu gehören z. B. die beiden US-Unternehmen GT Advanced Technologies (siehe Seite 5!) und Applied Materials sowie der japanische Industriekonzern Komatsu.
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