So würde Panik aussehen

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 02.09.2011
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

So, nun haben wir eine Gegenbewegung zum Ausverkauf des Augusts gesehen, die erwartungsgemäß bis 5.800 Punkte lief – und schwupps, folgt der nächste Ausverkauf. Warum folgt nun wieder ein so heftiger Ausverkauf? Sind es die Daten, die den DAX heute um 4% drücken? Oder ist es, wie von mir seit Wochen in Aussicht gestellt, die fehlende Kapitulation der Anleger, damit sich endlich ein Boden bilden kann?


Ein Kunde fragte mich, wieso ich so beharrlich auf Panik und auf die Kapitulation warte. Ich versuche im Folgenden einmal diese Erfahrung zu erklären.

Der erste Ausverkauf Anfang August verlief so schnell, dass viele unsichere Anleger nicht schnell genug reagieren konnten um ihre Aktienquote zu verringern, also Aktien zu verkaufen.

Wie gelähmt sitzen viele Aktionäre vor dem Kursticker und hoffen, dass die Kurse sich zumindest noch mal auf xx Euro erholen, um dann dort mit einem blauen Auge davon zu kommen – sprich zu verkaufen. Denn so einen Schrecken, wie Anfang August, wollen sie nicht nochmals erleben. Lieber dieses leidige Aktienthema runterfahren und mit weniger Aktien und mehr "Sicherheit" dann beim nächsten Ausverkauf ruhig schlafen.

 

Diese Aktionäre sind also noch investiert und werden jede Kurserholung mit Verkäufen beantworten. Eine nachhaltige Erholung kann so nicht erfolgen, es sei denn diese Seitwärtsbewegung nimmt so viel Zeit in Anspruch, dass für jeden irgendwann einmal ein Verkaufsniveau erreicht wird. Doch meine Erfahrung zeigt, dass diese unsicheren Anleger auf die nächsten Hiobsbotschaften panisch reagieren werden. Sie werden Angst haben, dass es vom aktuellen Niveau nochmals 20% nach unten gehen kann - und werden irgendwann panisch ihre Aktien unlimitiert auf den Markt werfen. Sie kapitulieren, weil ihre Nerven diese schlechten Marktphasen einfach nicht durchstehen können. Und wenn diese unsicheren Anleger kapitulieren und durch ihre unlimitierten Verkäufe zu einem verstärkten Ausverkauf und Kurssturz führen, dann ist der Boden in Sicht.

Anschließend steigen die Kurse umso schneller wieder an, denn es gibt ja kaum noch jemanden, der Aktien verkaufen will.

Diejenigen, die nach der Kapitulation noch Aktien haben, die wollen sie auch langfristig behalten.

So schnell, wie der August-Ausverkauf erfolgte, konnte keine Kapitulation erfolgen. Daher meine Erwartung einer Kapitulation. Ich will damit natürlich nicht ausschließen, dass diesmal alles anders läuft - doch das wäre dann eine Überraschung für mich. Und auf Überraschungen setze ich nicht.

So ist der heutige Ausverkauf eben keine Überraschung mehr. Die schlechten Arbeitsmarktdaten aus den USA, die erneut drohenden Klagen für viele US-Banken in den USA -auch die Deutsche Bank ist im Visier - Griechenland erreicht die gesteckten Ziele nicht (wer davon überrascht ist, der lebt hinterm’ Mond!), und Berlusconi bedient sich der Fäkalsprache, wenn er über sein Land spricht (das ist eben Italien, Ihr Autor konnte als Kind nach jedem Italienurlaub besser auf italienisch fluchen als auf deutsch!).

 

Die US-Arbeitsmarktdaten sind wirklich schlecht. Nicht nur die August-Zahlen blieben hinter den Erwartungen zurück, sondern auch die Zahlen der Vormonate wurden nach unten korrigiert.

Doch ist das eine Überraschung?

Endloses politisches Geschachere um die Anhebung der Defizitgrenze hat die Wirtschaft in eine abwartende Haltung gedrängt. Wer in einer solchen Situation im großen Stil Personal aufbaut, riskiert ins offene Messer zu laufen.

Erinnern Sie sich mal bitte: Die Regierungsgeschäfte drohten zum Erliegen zu kommen, die USA verloren ihr AAA-Rating, und in dieser Situation verabschieden sich die Politiker in den Sommerurlaub. Da würden Sie doch nicht wirklich Personal aufbauen, oder?

Die Arbeitsmarktdaten gehören zu den rückblickenden Indikatoren. Es wird gezeigt, wie es auf dem Arbeitsmarkt „aussah“. Anders als die Stimmungsindikatoren wie Einkaufsmanagerindex und Konsumentenstimmung, die einen Anhaltspunkt für die Konjunkturentwicklung der kommenden Wochen geben.

Also: Der August war schlecht. Im August sind die Börsen eingebrochen. Soweit ist das Bild doch stimmig, oder?

 

Hat die Zurückhaltung im August nun die Konjunktur nachhaltig geschädigt, und müssen wir nun auch für den weiteren Jahresverlauf mit schlechten Konjunkturdaten rechnen? Oder wurden die hohen Erwartungen an das Wirtschaftswachstum einfach nur etwas abgekühlt, etwas nach unten korrigiert, so dass es nun auf niedrigerem Niveau etwas langsamer weitergehen kann?

Nun, das müssen wir nun erst noch beobachten. Vieles spricht für letzteres Szenario, denn den Unternehmen geht es gut, und die Lagerbestände sind auf niedrigem Niveau. Es ist in meinen Augen nicht zu fürchten, dass sich die Wirtschaft von ihren Lagerbeständen wieder trennt, um sich auf eine Krise vorzubereiten, wie dies 2007 / 2008 der Fall war, als Unternehmen Liquiditätsprobleme bekamen. Heute quellen den Unternehmen die Liquiditätsreserven aus den Ohren.

Doch ein Schaden ist entstanden. Sowohl die Unsicherheit in den USA als auch die hohe Verschuldung der Euro-Länder haben Unternehmen dazu bewogen, etwas vorsichtiger zu investieren, und das wird sich negativ auf die Wirtschaftsentwicklung im zweiten Halbjahr auswirken. Eine gedämpfte Erwartung ist also nur zu verständlich und wir werden auch aufmerksam beobachten müssen, ob dieser Dämpfer nicht sogar zu einer Rezession führen kann. Vom Tisch ist dieses Szenario noch nicht.

Aber das ist nichts Neues und der DAX war schon einmal unter 5.400 Punkten. Was wir heute also sehen, ist nichts weiter als die Bestätigung der Befürchtungen, die wir im August hatten.

Auf einen Punkt möchte ich nochmals gesondert eingehen: Warum ist der DAX im August um 21% eingebrochen während der Dow Jones nur 4,8% abgab? Man könnte meinen, nur Deutschland läuft auf eine Weltwirtschaftskrise zu, der Rest der Welt nicht ...?

Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Lettertest Newsletter

Gratis Probeabos, Rabatt Couponaktionen
Newsletter Umschlag