Rohstoffboom aus einer Hand
Veröffentlicht von
Weimer Media Group GmbH
am
26.02.2011
Der Rohstoffhunger unserer Welt nimmt stetig zu. Der stark gestiegene Bedarf führte aber auch zu einer Verschiebung des Kräftegleichgewichts. War früher vor allem die Veredelung und Weiterverarbeitung ein einträgliches Geschäft, kommt heute auch der Erschließung und dem Abbau eine enorme wirtschaftliche Bedeutung zu.
Die Weltwirtschaft brummt wieder. Neben der guten Wirtschaftslage in Deutschland macht sich das vor allem bei den Rohstoffnotierungen bemerkbar. Mit Kurszuwächsen von 30% und mehr gehören Industriemetalle zweifellos zu den großen Gewinnern der vergangenen zwölf Monate. Auf deren Entwicklung zu setzen dürfte sich weiter lohnen – ist jedoch für Privatanleger kein leichtes Unterfangen. Weil Direktinvestments in Commodities aufgrund der Besonderheit der physischen Gütermärkte ihre Tücken haben, sind Rohstoffaktien eine interessante Alternative. Doch auch hier gibt es große Unterschiede.
Verschwiegener Riese
Ein besonders gewichtiger Spieler auf dem Rohstoffmarkt ist die weitgehend unbekannte Schweizer Firma Glencore. Der Konzern aus dem schweizerischen Baar wurde 1974 gegründet und ist am Umsatz gemessen eines der weltgrößten Unternehmen in Privatbesitz. Der Rohstoffhändler erzielte im ersten Halbjahr 2010 einen Umsatz in Höhe von 70 Mrd. Dollar und einen Gewinn (EBITDA) von 2,63 Mrd. Dollar. Neben dem Handelsgeschäft hat sich der stille Riese in den letzten Jahren auch an zahlreichen Minengesellschaften und weiterverarbeitenden Unternehmen des Sektors beteiligt. Zu den Firmenbeteiligungen zählen beispielsweise große Anteilspakete an den börsennotierten Rohstoffkonzernen Xstrata und Russneft. Über direkte und indirekte Beteiligungen kontrolliert und betreibt das Konglomerat damit neben Aluminiumhütten in den USA (Century Aluminium) Minen unter anderem in Peru und dem Kongo, Sojafarmen in Argentinien (Moreno Group) sowie 300.000 Hektar Farmland in Südamerika und Australien und Ölfelder in Russland.
Geldwerter Vorteil
Damit nimmt das Unternehmen weltweit eine einzigartige Position als integrierter Rohstoffproduzent ein. Der Konzern verfügt ob seiner daraus resultierenden enormen Marktkenntnisse über einen erheblichen Einfluss in der Branche. An dieser Position partizipieren lässt sich für Anleger bislang nicht, es wird jedoch kolportiert, dass für das laufende Jahr ein Börsengang geplant ist. Wer nicht solange warten möchte, kann auf ein Rohstoff-Zertifikat (WKN: CS8AA5) setzen, dessen Zusammensetzung sich nach den Empfehlungen der Glencore Spezialisten richtet. Doch auch andere große Marktteilnehmer, welche die Rohstoffe selbst produzieren, verarbeiten und/oder handeln, können mit ihren Muskeln spielen.
Lukratives Triumvirat
Aufgrund ihrer enormen Größe sind die Schwergewichte nämlich gegenüber ihren Abnehmern in einer besseren Position. So sorgte beispielsweise die Anhebung des Preises für Eisenerz durch die Minenkonzerne BHP Billiton und den brasilianischen Konzern Vale vor rund einem Jahr für Aufsehen: In Verhandlungen mit chinesischen Stahlkonzernen konnte eine Preiserhöhung um 100% durchgesetzt werden. Möglich gemacht hat dies die enorme Nachfrage. 70% des Eisenerzes von BHP gehen nach China. Fast noch schlimmer für die Abnehmer ist jedoch der Umstand, dass es den drei dominierenden Bergwerkskonzernen gelungen ist, die seit über 40 Jahren geltenden Spielregeln im internationalen Handel mit Eisenerz zu ändern: Statt der bisher üblichen Jahresverträge werden die Preise nun laufend neu ausgehandelt. Und dies dürfte den Minenbetreibern auch zukünftig Freude bereiten. Denn selbst Großkonzerne wie ArcelorMittal können sich unter den veränderten Umständen nicht mehr gegen die Marktmacht des Minen-Oligopols durchsetzen. Zwei Drittel des international verschifften Eisenerzes stammen aus den Bergwerken von Vale, Rio Tinto und BHP Billiton.
Die neue Alchemie
Weil die Nachfrage das Angebot an Eisenerz mittelfristig weiter übersteigen wird, könnte sich das Basismetall nach Ansicht der Experten der Bank Sarasin künftig als wahrer Goldesel erweisen. So geht man bei Rio Tinto davon aus, dass sich der Preis für Eisenerz in den kommenden 15 bis 20 Jahren nochmals verdoppeln könnte. Dies ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass im Minensektor von 1980 bis 2003 chronische Kapitalknappheit herrschte. In diesem Zeitraum wurden kaum neue Projekte erschlossen. Weil demgegenüber bis zu vier Jahre vergehen können, bis eine neue Mine in Betrieb genommen werden kann, dürfte die Angebotslücke kurzfristig nicht zu schließen sein. Dazu kommen regulatorische Hürden: In Brasilien werden derzeit große Projekte von Vale (WKN: 897998) durch die Regierung blockiert. Außerdem gibt es gigantische Anforderungen an die Infrastruktur. Um den Abtransport zu ermöglichen, sind nicht selten neue Häfen und Eisenbahnstrecken notwendig.
Industriemetalle bleiben knapp
Auch andere wichtige Metalle werden langsam, aber sicher zu einem knappen Gut. Einer aktuellen Prognose von Barclays Capital zufolge dürfte die Kupfernachfrage das Angebot 2011 um über 800.000 Tonnen übersteigen. Den bisherigen Preisanstieg des am stärksten gehandelten Industriemetalls führen Experten auf ein dauerhaft drohendes Angebotsdefizit zurück. Die Prognosen basieren auf der Annahme, dass die chinesische Wirtschaft weiterhin stark wachsen wird. Das Reich der Mitte ist heute der größte Abnehmer für Industriemetalle weltweit. Benötigt werden die Ressourcen für einen flächendeckenden Ausbau der dortigen Infrastruktur. Kupfer & Co. finden vor allem auf dem Bau und in der Stromversorgung Verwendung. In den nächsten Jahren wollen Rio Tinto, BHP Billiton und Xstrata daher über 80 Mrd. Euro in neue Kupferminen investieren.
Bergbau im Gewinnrausch
Solche Investitionen können sich die Konzerne mittlerweile locker leisten. Denn der Rohstoffboom bescherte ihnen zuletzt gigantische Gewinne: BHP wies im zweiten Halbjahr 2010 kürzlich einen Rekordgewinn von 10,7 Mrd. US-Dollar aus – ein Plus von 87%. Rio Tinto konnte den Gewinn mit 14,3 Mrd. US-Dollar im gleichen Zeitraum sogar mehr als verdreifachen. Als Grund für den kräftigen Anstieg nannte das Unternehmen die rege Nachfrage aus dem rohstoffhungrigen China nach Eisenerz, Kupfer und Kohle. Die schweizerische Xstrata steigerte ihren Jahresgewinn um stolze 87% und der britische Bergbauriese Anglo American konnte den 2010er-Gewinn im Vergleich zum Vorjahr um 170% steigern. Neben einer prächtigen Gewinnentwicklung haben die großen Bergbaukonzerne eine weitere Gemeinsamkeit: Sie fördern, verarbeiten und liefern einen großen Prozentsatz einer Vielzahl an wichtigen Industrierohstoffen an zahlreiche Kunden.
Einstellige KGVs
Trotz der glänzenden Ergebnisse sind die Branchengrößen aber noch relativ günstig. Zwar stieg der Bloomberg World Mining Index im letzten Jahr auf Euro-Basis um 36%, währen der Bloomberg World „lediglich“ um rund 17% zulegen konnte, doch gemessen an den KGVs sind die Minenwerte nach wie vor attraktiv bewertet: Die BHP-Aktie hat ein geschätztes 2012er-KGV von 9,5. Die Titel von Rio Tinto, Anglo American und Xstrata sind mit 8,3 beziehungsweise 8,5 und 8,6 sogar noch günstiger. Rio Tinto und Xstrata liegen sogar beim 2011er-KGV noch im einstelligen Bereich.
Fazit
Anleger, die von einem weiteren anstieg der Rohstoffnotierungen profitieren möchten und sich gleichzeitig gegen inflationäre Tendenzen absichern wollen, setzen auf integrierte Rohstoffkonzerne wie BHP Billiton oder Rio Tinto. Diese Titel versprechen aufgrund ihrer dominanten Marktposition und ihres breiten Produktionsspektrums eine stabilere Entwicklung als schwankungsanfälligere Nischenplayer wie Norilsk (Nickel), Aurubis – Europas größte Kupferhütte – oder die auf Gold fokussierte Newmont Mining. Auch der mögliche Börsengang der schweizerischen Glencore könnte eine interessante Investition darstellen. Mit Fonds wie dem iShares DJ STOXX 600 Basic Resources (WKN: 634472) oder dem bekannten BGF World Mining Fund (WKN: 986932) lässt sich breit diversifiziert auf den Sektor spekulieren.