RISC ON – RISC OFF
Manchmal sind die Märkte einfach heiß gelaufen und die nächste Meldung wird zum Anlass für einen Ausverkauf genommen. Diese Woche waren es Bemerkungen eines BHP-Managers im Rahmen einer australischen Rohstoffkonferenz, der betonte, dass die nachlassende Nachfrage nach Eisenerz seitens Chinas nicht das aggressive Investitionsprogramm des Unternehmens beeinträchtige. Veröffentlicht wurde die das Informationsmosaik, das die Nachfrage nach Eisenerz seitens Chinas nachlässt.
So haben die Marktteilnehmer diese Woche in diesem Jahr
erstmals ihre rosaroten Brillen abgenommen und schauten sich
sämtliche Meldungen wesentlich skeptischer an als in diesem
Jahr bislang üblich. Doch wer nun Erinnerungen an 2011 hat, der
liegt falsch.
Im Jahr 2011 wurde ein Ausverkauf wie diese Woche als Beginn
eines längeren Abwärtstrends gesehen und sehr schnell wurde
alles auf den Markt geworfen, was nicht niet- und nagelfest
war. Kleine Ausverkäufe wurden so verstärkt, vertrauen in den
Markt gab es so gut wie gar nicht. Und wichtiger noch, wer
kleine Korrekturen zum Kaufen nutzte musste kurze Zeit
feststellen, dass seine Position im Minus lag.
2012 ist das anders. Kleine Korrekturen werden tatsächlich zum
Einstieg genutzt und bislang lag man damit meist richtig. Die
Korrektur in dieser Woche hatte jedoch eine Besonderheit: Nicht
alle Titel gaben nach, Aktien in Sondersituationen konnten
steigen. Das ist ein wesentlicher Unterschied zum vergangenen
Jahr, als einfach nur alles verkauft wurde.
Ich hatte schon vor einigen Wochen auf den Unterschied
hingewiesen, dass im Jahr 2012 gute und schlechte Aktien
unterschiedlich laufen. Anders als zu Zeiten, als
„Finanzmarktprodukte“ die Richtung ganzer Branchen und Märkte
bestimmten schauen die Anleger nun auf Einzelaktien.
Erinnern Sie sich: Hatte früher jemand im Autohaus „Feuer“
gerufen, dann rannten alle Autoanleger zu den Ausgängen, egal
ob Daimler, BMW VW oder Toyota, General Motors oder Renault.
Ganz ähnlich lief es in der Bankenbranche oder auch im
Immobiliensektor. Und gleichermaßen wurden ganze Länder
ausverkauft, wenn jemand die Bonität des Landes in Frage
stellte.
2012 müssen diese Finanzmarktprodukte an Relevanz abgenommen
haben, denn diese Gruppendynamik gibt es nicht mehr. In unserer
Beobachtungsliste gibt es einige Aktien, die gegen den
Markttrend kräftig zulegen konnten. Und das beste Beispiel ist
die Aktie von MAN; die in dieser Woche um 1,6% zulegen konnte
während die anderen drei deutschen Automobilaktien mit 7,5-9%
im Minus stehen. Anleger unterscheiden wieder.
Unternehmensentwicklungen sind wieder relevant. Zum Glück. Und
so geht die Diskussion über „Risc On – Risc Off“ (Risiko an
oder aus) völlig an den neuen Entwicklungen des Jahres 2012
vorbei. Spekulanten hatten im vergangenen Jahr diese
Formulierung immer wieder über den Äther gerufen, um
Ausverkäufe ganzer Länder zu kommentieren. Doch in diesem Jahr
können sie ihren Satz nicht zu Ende formulieren, und schon
laufen einzelne Werte entgegen ihrer Aussage.
Ich würde für diese Jahr eine andere Formulierung wählen:
Deutschland und die USA oder der Rest der Welt.
Sämtliche Analysen der wirtschaftlichen Situation in Europa
sprechen von einer Liste von Problemen, Geldnot,
Investitionszurückhaltung, Sparzwang, ... doch stets mit der
Fußnote „außer in Deutschland“. Deutschland profitiert
tatsächlich vom verhältnismäßig günstigen Euro-Wechselkurs und
erzielt Exporterfolge. Für Deutschland könnte das Zinsniveau
der EZB deutlich höher stehen, doch das geht natürlich nicht,
weil sonst die anderen Länder zu stark leiden würden.
Also wird in Deutschland kräftig investiert, Pläne über
finanzierte Übernahmen ausländischer Wettbewerber sprießen aus
dem Boden und deutsche Produkte finden reißenden Absatz in den
Schwellenländern und in Osteuropa.
Und auch die USA erleben einen Aufschwung, wenngleich deren
Notenbankchef Ben Bernanke vorerst lieber noch in Bereitschaft
bleibt. Doch die Arbeitslosigkeit geht zurück, der Export der
USA ist kräftig angestiegen und, ohh Wunder, nach fünf Jahren
Crash und Depression am Immobilienmarkt steigen die
Immobilienpreise endlich wieder langsam an. Man spricht von
einer Erholung am Immobilienmarkt der USA, die auf die
Konjunktur des Landes Auswirkungen hat.
Auch für Japan könnte ich mir eine Rückkehr zum Wachstum
vorstellen, doch dazu ist der Yen noch zu stark und die
strukturellen Probleme nach der Katastrophe vor einem Jahr zu
groß. Doch Japan werde ich im Auge behalten.
China hingegen sollten wir differenziert betrachten: Das Land
hat sein Wachstum von 12 auf 7,5% gebremst. Dazu waren
drastische Schritte notwendig und diese Schritte wurden in der
Finanzwelt mit Besorgnis aufgenommen. Doch die 12% Wachstum,
die noch vor zwei Jahren erzielt wurden, hatten ebenfalls
überall Sorgenfalten auf die Stirn der Anleger gejagt: Von
Überhitzung und fehlenden Strukturen war die Rede.
Nun hat China die Wachstumsgeschwindigkeit erfolgreich
reduziert und diese schritte werden auch in China einiges
durcheinander würfeln. Chinesische Aktien sind in meinen Augen
noch immer kein Ort, wo Sie Ihr Geld anlegen können. Zu
politisch beeinflusst ist der dortige Finanzmarkt und zu jung
ist deren Öffnung für den Westen.
Aber bei all diesen Entwicklungen übersehen viele, dass China
nun noch immer mit 7,5% wächst. Davon träumen so ziemlich alle
Industrieländer. Und dieses Wachstum führt noch immer zu einer
steigenden Nachfrage nach Rohstoffen, wenngleich aufgrund der
Bremsspuren vorrübergehend einmal Wachstumspausen eintreten
können.
Und so halte ich den Ausverkauf vieler Rohstoffkonzerne in
dieser Woche für eine Kaufgelegenheit. Wir haben einen
Rohstoffkonzern bereits als volle Position zu diesen Preisen in
unserem Portfolio. Wer noch keinen Rohstoffkonzern im Portfolio
hat, der erhält nun die Gelegenheit, einzusteigen.
Die Zinsen sind weltweit niedrig. Wir kommen aus einer
mehrjährigen Krisenpolitik und in meinen Augen sind derzeit
alle Probleme bekannt. Klar, eine Überraschung ist genau das:
eine Überraschung. Doch derzeit wüsste ich nicht, was die
Finanzmärkte nun noch überraschen könnte.
Besonders Deutschland und die USA sind gestärkt aus den Krisen
hervorgegangen. deswegen halte ich Aktien von deutschen und US-
Unternehmen derzeit für besonders attraktiv.
Schauen wir einmal, wie sich die einzelnen Indizes diese Woche
entwickelt haben:
Wochenperformance der wichtigsten Indizes
INDIZES 22.03.12 Δ
Dow Jones 13.046 -1,6%
DAX 6.981 -2,3%
Nikkei 10.011 -1,2%
Euro/US-Dollar 1,326 1,4%
Euro/Yen 109,5636 0,3%
10-Jahre-US-Anleihe 2,28% 0,0
Umlaufrendite Dt 1,72% 0,2
Feinunze Gold USD $1.651,00 -0,3%
Fass Brent Öl USD $123,94 0,7%
Kupfer in US$/to 8.396 -1,8%
Baltic Dry Shipping I 902 4,2%
Der Goldpreis rutscht weiter ab und ich möchte Sie nochmals
darauf hinweisen, dass ich einen Depotanteil von 10-20% für
Gold für angemessen halte. Wenngleich die Aktienbörsen derzeit
eine Renaissance erleben mögen, so sind die Staatsschulden
dennoch auf Rekordhöhen und die Notenbankpressen laufen 24
Stunden am Tag. Die Probleme sind zwar in meinen Augen nicht
mehr erdrückend, doch wird das Gold als sicherer Hafen noch
einige Zeit gefragt bleiben.
Schauen wir einmal, wie sich die Stimmung unter Anlegern und
Analysten entwickelt:
Sentimentdaten
Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen):
Kaufen / Verkaufen
02.03.- 09.03. (178): 54% / 11%
09.03.- 16.03. (171): 43% / 14%
16.03.- 23.03. (233): 53% / 13%
Kaufempfehlungen der Analysten
Apple, Dt. Post, K+S
Verkaufsempfehlungen der Analysten
Solarworld, Krones, Metro
Privatanleger
10. KW: 58% Bullen (147 Stimmen)
11. KW: 75% Bullen (132 Stimmen)
12. KW: 62% Bullen (152 Stimmen)
Kaufempfehlungen der Privatanleger
Daimler, Euromicron, Société Générale
Verkaufsempfehlungen der Privatanleger
Krones, Artprice S.A., Douglas Hldg.
Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise
erstellt:
http://www.sharewise.com?heibel
Wie eingangs angekündigt hier der Artikel befreundeten
Wettbewerbers, oder wie soll ich ihn nennen, Jochen Steffens,
der sehr schön veranschaulicht, wie aus einer bullischen
Begründung durch Bären ein Alarmsignal gemacht wird.
Das Haar in der Suppe seltsamer
Rohstoff-Nachrichten
von Jochen Steffens
Dieses Mal ist nicht der Ölpreis schuld. Nein, dieses Mal soll
es eine Aussage von Ian Ashby gewesen sein, welche zunächst
australische Rohstoffaktien in den Keller schickte, denen dann
auf dem Fuße die asiatischen und schließlich auch die
europäischen Aktienmärkte folgten. Ian Ashby ist der Leiter der
Eisenerzsparte des australisch-britischen Rohstoffkonzerns BHP-
Billiton, neben Vale und Rio Tinto eines der drei größten
Rohstoffunternehmen der Welt.
Auswüchse der Nachrichtenübermittlung?
Es geht dabei um Aussagen, die am Rande einer in Perth
stattfindenden Erz-Konferenz australischer Minenbetreiber
getätigt wurden. Aussagen, die im Zusammenhang mit der Prognose
des chinesischen Premierministers Wen Jiabao beim 11.
Volkskongress stehen, dass sich das chinesische
Wirtschaftswachstum auf 7,5 Prozent abschwächen wird (wie auch
schon berichtet).
Und hier fangen die Auswüchse der Nachrichtenübermittlung an.
Die Nachricht, die um die Welt ging, war, dass Ian Ashby davon
ausgehe, die Eisenerznachfrage in China werde sich „stark
abschwächen“. Hört sich doch gefährlich an. Aber es ist schon
eine Dramatisierung. Bei genauerem Recherchieren findet man
etwas frühere Nachrichten, die schreiben, dass Ian Ashby
erwarte, dass das chinesische Nachfragewachstum in den
einstelligen Prozentbereich absacken werde oder schon auf
dieses Niveau zurückgegangen sei.
Das war geschehen
Schaut man sich die australischen Originalnachrichten an, hört
sich das alles schon wieder ganz anders an: Danach ist Ian
Ashby bei dieser Konferenz Spekulationen entgegengetreten,
konkrete Expansionspläne von BHP-Billiton seien aufgrund der
niedrigeren Wachstumsprognose in China in Frage gestellt. Laut
Ashby werden diese ganz im Gegenteil mit (Zitat) „Volldampf“
vorangetrieben. (Anm. d. Red.: Das allein hört sich schon kaum
noch pessimistisch an). Zudem weist er darauf hin, dass sich
die chinesische Stahlerzeugung in diesem Jahr im Bereich von 1
bis 1,1 Mrd. Tonnen bewegen werde. 2011 wurden hingegen „nur“
700 Mio. Tonnen Stahl produziert, nach 620 bzw. 672 im Jahr
2010 (je nach Veröffentlichung) – auch das ein deutlicher
Anstieg. Doch im weiteren Verlauf folgten die Aussagen, um die
es geht.
Die Originalzitate
Dazu die Originalzitate von Ian Ashby:
„The really high double-digit numbers of the last seven or
eight years…clearly, we don’t have those anymore," - Die
wirklich hohen zweistelligen Werte der vergangenen sieben oder
acht Jahre, die haben wir eindeutig nicht mehr.
"So you are getting into steel growth that is less than pure
GDP growth." - So gehen wir in ein Stahl-Wachstum über, das
geringer ist als das reine BIP-Wachstum.
"But the thing for us is that the size of the steel pie has
gotten so big, which translates into the iron ore demand, and
there is still plenty of opportunity to grow in that." - Aber
die Sache für uns ist doch die, dass der Stahlanteil so groß
geworden ist und dieser direkt die Eisenerznachfrage bedingt,
dass da noch sehr viel Platz für weiteres Wachstum ist.
Das klingt doch eigentlich sehr optimistisch. Vor allem, wenn
man sich zudem bewusst macht, dass ein jährlich zweistelliges
Wachstum einer Stahlproduktion rein mathematisch schon auf
Dauer nicht durchzuhalten ist.
Für Ian Ashby sind die Wachstumsraten Chinas im Stahl- und
damit im Eisenerzsektor zudem inzwischen eher zweitrangig.
China produziert mittlerweile rund 50 % der weltweiten
Stahlmenge. Dieser Anteil ist damit derart unvorstellbar groß,
dass allein mit der Befriedigung des dadurch bedingten
Eisenerzbedarfs die drei Großen (BHP Billiton, Vale, Rio Tinto)
genug Wachstumspotenzial sehen.
So wurde bei dieser „Stillen Post“ der Nachrichtenübermittlung
ganz nebenbei auch völlig ignoriert, dass sich zum Beispiel
David Joyce, zuständig für Expansionsprojekte bei Rio Tinto,
auf der gleichen Konferenz ebenfalls sehr optimistisch zeigte,
genauso wie die Teilnehmer dieser Konferenz insgesamt.
Das Haar in der Suppe
Ja, hier haben Anleger offensichtlich das Haar in der Suppe
gesucht und gefunden. Aber es ist ein schönes Beispiel dafür,
wie sich Nachrichten an den Börsen entwickeln. Es ist eines der
Probleme des Internetzeitalters, dass sich Nachrichten rasend
schnell verbreiten, ohne dass noch eine wirkliche Recherche
betrieben wird. Jeder schreibt von jedem ab und so entsteht
schnell dieses Stille-Post-Phänomen.
___Ende des Artikels von Jochen Steffens___
Vielen Dank an Jochen Steffens für die zur Verfügung Stellung
dieses Artikels.
Top Analystenziele
Sie wollen wissen, was die Analysten im Ein-zelnen für Aussagen
treffen und wo sie die größten Chancen sehen? Ich habe für Sie
ab sofort jede Woche eine Übersicht der Analysen mit den
höchsten Kurszielen ausgearbeitet. Die Liste zeigt ganz einfach
an, wo das aktuel-le Kursziel des Analysten prozentual am meis-
ten über dem aktuellen Kurs liegt:
Firma Analyse vom Kurs Ziel Upside
EPIGENOMICS 19.03 0,97€ 5,50€ 467,01%
SKY Dt. AG 21.03 2,14€ 4,25€ 98,60%
VW AG VZ 19.03 131€ 237€ 80,78%
ADIDAS AG 22.03 46,80€ 80,00€ 70,94%
BMW AG 19.03 67,41€ 115,0€ 70,60%
DEUTZ AG 19.03 4,96€ 8,00€ 61,29%
EUROMICRON 19.03 18,19€ 28,00€ 53,93%
TUI AG 22.03 5,43€ 8,30€ 52,85%
Es handelt sich um Analysen aus dieser Wo-che. Bitte genießen
Sie diese Übersicht mit Vorsicht. Sie wissen ja, dass häufig
auch ein Eigeninteresse des Analysten für eine rosa Brille
sorgen kann, weshalb Analystenein-schätzungen tendenziell
optimistischer ausfal-len als es die Realität anschließend
erlauben würde. Aber die Übersicht gibt einen Eindruck darüber,
wo die Erwartungen mit dem aktuel-len Kurs am weitesten
auseinander liegen. Wer letztlich Recht haben wird, der Analyst
oder die Anleger, die den Kurs machen, ist in jedem Einzelfall
individuell zu beurteilen.
Wenngleich die Wunschanalyse zu EADS im übernächsten Kapitel
die Aktien als kaufenswert herausstellt so gibt es doch eine
andere Aktie der Flugzeugindustrie, die ich der Aktie von EADS
vorziehen würde. Mehr dazu im nächsten Kapitel.