Reizthema ESM Rettungsfonds
Beinahe täglich werde ich derzeit von Lesern nach meiner Meinung zum ESM befragt, dem europäischen Rettungsfonds, der ab Juli den EFSF als Rettungsfonds für überschuldete europäische Staaten ablösen soll und derzeit mit 700 Mrd. Euro ausgestattet werden soll. Schaffen wir uns dort ein Monster, das wir anschließend nicht mehr beherrschen können? Ist dies das Ende der Demokratie?
Bei den Tonnen von Dokumenten, die ich inzwischen gesichtet
habe, habe ich überwiegend den Eindruck, dass die Angst vor der
neu zu schaffenden Institution die treibende Kraft der Kritik
ist. Bei einigen anderen Kritikern würde ich reine politische
Taktik unterstellen. Um mir eine eigene Meinung zu bilden, die
ich hier im Heibel-Ticker vertreten kann, blieb mir nichts
anderes übrig, als mich selber durch den Vertragstext zu
kämpfen.
Bei meiner Analyse sind am Ende auch ein paar bedenkliche
Kritikpunkte übriggeblieben, die ich Ihnen nun erläutern
möchte.
Wir müssen zwischen zwei Gesichtspunkten unterscheiden: Zum
einen das finanzpolitische Ziel des ESM, die Stabilität im
Euroraum zu gewährleisten und instabilen Ländern zu helfen,
auch wenn einzelne Euroländer nicht gerne helfen würden und zum
anderen den Weg, um dieses Ziel mit den verschiedenen
Grundgesetzen und Verfassungen der einzelnen Euroländer zu
erreichen.
Das Ziel wird vielfach kritisiert. Überschuldete Euroländer
sollen dem Willen der Kritiker zufolge ihre Suppe selber
auslöffeln. Doch auch wenn wir in Deutschland es nicht
wahrhaben wollen, einer der großen Vorteile Europas auf den
internationalen Finanzmärkten ist eben genau die Solidarität,
die wir Euroländer füreinander aufbringen, um Euroland in
seiner heutigen Form zu erhalten. Nur so können auch die Club-
Med Länder in den Genuss der günstigen Zinsen kommen, und nur
damit können die Club-Med Länder mittelfristig einen gesunden
Wachstumspfad einschlagen, damit sie auch unseren
Wirtschaftsraum vergrößern helfen.
Ob Griechenland, Portugal, Spanien, Irland oder gar Italien,
die „Angriffe“ der Spekulanten gegen die jeweiligen
Staatsanleihen wurden aus zwei Gründen gefahren: Zum einen,
weil die Länder überschuldet sind und zum anderen, weil die
Handlungsfähigkeit und der Handlungswille der EU getestet
werden konnte.
Die Überschuldung der Länder ist Sache der einzelnen Länder.
Doch wenn wir füreinander einstehen sollen, dann müssen die
Länder sich an bestimmte Mindestregelungen halten, wie
beispielsweise die Schuldenbremse. So wurde zeitgleich mit dem
ESM auch die Schuldenbremse diskutiert, und sämtliche
Euroländer haben bereits den politischen Willen bekundet, die
Schuldenbremsen einzuführen.
Nachdem ein Euroland die Schuldenbremse nicht einhält und bevor
der ESM eingreifen muss, gibt es eine Reihe von
Eingriffsmöglichkeiten für die EU. Ein erster Schritt in
Richtung Fiskalunion. Und für ESM-Hilfen muss das überschuldete
Euroland tiefgreifende Eingriffe in die eigene Geldpolitik
zulassen, ein weiterer Schritt in Richtung Fiskalunion.
Lehnen wir uns einmal zurück und schauen wir uns den Stand der
EU einmal an: Seit 1992 gibt es die Kritik an der Euro-
Einführung: Eine Währungsunion ohne Fiskalunion (gemeinsame
Wirtschaftspolitik) sei zum Scheitern verurteilt. Und ja,
derzeit sieht es danach aus, als behielten die Kritiker Recht.
Doch wie soll die Fiskalunion aussehen? Wollen wir aus unserem
Wirtschaftsministerium einen zahnlosen Tiger wie die Bundesbank
machen, die hinter der EZB Kapitän zum Steuermann oder gar zum
Schiffsjungen degradiert wurde? Wollen wir die Fiskalpolitik
(Steuereintreibung, Subventionen, ...) nach Brüssel delegieren?
Ich für meinen Teil bin bei aller Europa-Begeisterung dazu nun
doch nicht bereit.
Also können wir Europa nicht nach dem Vorbild bestehender
Staaten bauen, auch nicht nach dem Vorbild der Vereinigten
Staaten von Amerika. Wir wollen ja ein Europa mit mündigen
Nationalstaaten und gleichzeitig mit der Sicherheit eines 400
Millionen Volkes.
So begibt sich die Politik auf Neuland und bildet den ESM in
Teilen als europäische kleine Schwester des weltweit agierenden
IWF, doch mit einigen Sonderrechten, die zunächst einmal
stutzig machen.
So darf der ESM das Nachschießen von Mitteln bei den
Mitgliedsstaaten einfordern, wenn der ESM dies für notwendig
erachtet. Der ESM kann also, wenn er will, theoretisch
unbegrenzt Mittel einfordern. Und wenn andere Mitglieds-staaten
nicht zahlen, dann erhöht sich die Zahlungspflicht der
verbleibenden Mitgliedsstaaten entsprechend. Klar, dass wir
Deutsche derzeit darin die Gefahr sehen, dass wir zuletzt ganz
Europa finanzieren müssen.
Dagegen kann sich Deutschland nicht wehren, denn der ESM kann
nicht verklagt werden, die Politik kann auch keinen Einfluss
auf die Entscheidungen im ESM nehmen. Der ESM ist, einmal
geschaffen, ein Monster, das uns alle in den Abgrund reißen
kann.
Doch ist diese Gefahr real? Ich glaube nein. Länder, die nicht
zahlen, dürfen im ESM auch nicht mehr abstimmen. Und so wird
die Entscheidung stets bei denen liegen, die noch zahlen
können. Es hilft, sich einmal die Zusammensetzung des ESM
anzuschauen.
Jedes Land entsendet einen Gouverneur in den ESM, der
entsprechend einer Kennziffer, die grob gesagt aus der
Wirtschaftskraft eines Landes errechnet wird, Stimmgewicht hat.
Wesentliche Entscheidungen müssen mindestens mit 85% Mehrheit
gefasst werden, und Deutschland hat heute ein Gewicht von 27%.
Gegen den Willen unseres Gouverneurs geht also gar nichts.
Doch der theoretischen Möglichkeit der unbegrenzten
Nachschusspflicht für das deutsche Volk erwächst die
Notwendigkeit, den ESM in Deutschland mit einer breiten
Mehrheit aus dem Volke zu untermauern. Derzeit versucht die CDU
einen Alleingang. Die Kritik aus der FDP wird durch eine
Partnerschaft mit der SPD in diesem Punkt übergangen. Wir
kommen somit zum zweiten Punkt, zum Weg zum ESM.
Die europäische Einigung ist alles andere als ein harmonischer
Prozess. Jedes Land verfolgt eigene Interessen im
Einigungsprozess und will sich hier und da ein paar Vorteile,
kulturelle Eigenarten oder ähnliches sichern. Bis heute konnte
man sich nicht auf eine europäische Verfassung einigen und
arbeitet daher behelfsweise auf der Basis der Verträge von
Lissabon.
Diese Basis ist ein kleinster Nenner, den die Politik umsetzen
konnte, ohne die breite Zustimmung der Völker einzuholen. Und
dieses dünne Brett führt bei jeder Gelegenheit zu weiterer
Kritik des Volkes am europäischen Einigungsprozess, so auch bei
der Schaffung des ESM.
Stellen Sie sich einmal vor das Volk stünde voll und ganz
hinter Europa, man würde natürlich sämtliche Schritte, die der
Einigung helfen, von der Regierung erwarten und unterstützen.
Doch das ist nicht der Fall, und so wird jede größere
Entscheidung wieder zum Anlass genommen, nach einem
Volksentscheid zu rufen, oder zumindest nach größer
parlamentarischer Beteiligung.
In dem Wust an verschiedenen Interessen gibt es also derzeit
einen Punkt, der auch in meinen Augen kritikwürdig ist: Die
fehlende breite Unterstützung für den ESM, eine fehlende
Volksabstimmung oder breitere parlamentarische Beteiligung.
Derweil nimmt der Druck auf Italien und Spanien wieder zu.
Nachdem Europa im Dezember unter Leitung von Angela Merkel
Einigkeit und Handlungswillen demonstriert hat, haben sich die
Märkte beruhigt. Nun kommt es zur Umsetzung der damals
beschlossenen Schritte, und parallel zur aufkommenden Kritik
geraten auch die Finanzmärkte wieder unter Druck. Italien hat
eine grottenschlechte Staatsanleihenauktion vor zehn Tagen
hingelegt. Spanien ruft um Hilfe bei der EZB und spricht von
der Grenze der Leistungsfähigkeit. Die Renditen schnellen schon
wieder in die Höhe.
Die fehlende Fiskalunion ist seit 1992 bekannt. Und doch haben
es Generationen von Politikern nicht geschafft, diesen Fehler
auszubügeln. Wenn Sie sich anschauen, zu welchem Zeitpunkt
sinnvolle Entscheidungen aus Berlin und Brüssel getroffen
wurden, dann werden Sie vielleicht auch zu der Überzeugung
kommen, dass ohne Chaos keine tiefgreifenden Änderungen möglich
sind.
So nehme ich an, dass wir wieder ein wenig mehr Chaos bekommen
und dass der ESM gleichzeitig verteufelt und vielleicht sogar
vor das Verfassungsgericht gezerrt wird. Doch vielleicht ist
dies eine Situation, in der die europäische Union
vorangetrieben wird ohne die Zustimmung des Volkes, ohne die
Zustimmung des Parlamentes. Vielleicht wird man in zehn Jahren
Angela Merkel große Führungsqualitäten bescheinigen während wir
heute nur auf die Verfahrensfehler hinweisen.
Vielleicht aber wird es sich herausstellen, dass nur
zusammenwächst was zusammengehört, und Europa gehört eben noch
nicht zusammen. Wenn dem so ist, dann wird Europa ohnehin im
Chaos enden. So einfach lässt sich nun der Rückwärtsgang nicht
mehr einlegen.
Warum also nicht mit voller Kraft voraus und das Risiko
eingehen, dass das Verfassungsgericht anschließend
Nachbesserungen einfordert, die man dann eben noch einbindet –
nachträglich, während der Einigungsprozess in vielen
europäischen Ländern ungebremst fortschreitet. Die Finanzmärkte
lassen keine Bremse mehr zu.
Meine Kritik würde ich also anders formulieren: Dem ESM fehlt
die Basis einer europäischen Verfassung. Europäische Völker,
nicht nur wir Deutschen, fühlen sich in den europäischen
Einigungsprozess nicht eingebunden. Ein durchs Hintertürchen
abgeschlossener Staatsvertrag von Lissabon kann nicht die Basis
für ein vereintes Europa sein, die Europäer sind sich über ihre
Rechte und Pflichten nicht einig.
Es ist eine Kritik, die Europa letztlich zum Scheitern bringen
kann. Doch aus pragmatischer Sicht und als überzeugter Europäer
würde ich nicht den ESM zum Vehikel nehmen, diesen Malus nun
anzuprangern. Das würde zum vorzeitigen Ende Europas führen.
Schauen wir einmal, wie sich die einzelnen Indizes diese Woche
entwickelt haben:
WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES
INDIZES 12.04.12 DIFF
Dow Jones 12.987 -0,7%
DAX 6.743 -0,6%
Nikkei 9.638 -1,3%
Euro/US-Dollar 1,307 -0,6%
Euro/Yen 105,7635 -2,2%
10-Jahres-US-Anleihe 1,99% -0,3
Umlaufrendite Dt 1,42% -0,1
Feinunze Gold USD $1.667,10 2,7%
Fass Brent Öl USD $121,46 -1,5%
Kupfer in US$/to 7.990 -4,8%
Baltic Dry Shipping I 960 3,7%
SORGEN ÜBER CHINA
China wächst „nur“ noch mit 8,1%. Erwartet wurde ein Wachstum
von 8,4%, im Vorjahr waren es noch 8,9%. Eine Bruchlandung der
Wirtschaft in China wird nun befürchtet, dabei ist die Ziffer
in meinen Augen eher ein Beweis für den Erfolg der restriktiven
Geldpolitik Chinas und darüber hinaus das Signal, nun wieder
die Zügel zu lockern. Ich habe mich also über die „schlechtere“
Wachstumsziffer gefreut, denn ich möchte endlich weitere
geldpolitische Lockerungen in China sehen.
An den Märkten wurde überwiegend negativ auf die Zahl reagiert,
da man Angst hat, China könnte zu stark ausgebremst haben und
nun folgt eine Bruchlandung der Wirtschaft, was die
Weltkonjunktur in Mitleidenschaft ziehen würde.
Ich nehme an, dass China nunmehr so lange als Grund zur Sorge
herangezogen wird, wie das Wachstum unter 9% verbleibt. Meiner
optimistischen Erwartung zufolge sollten Lockerungsmaßnahmen
dazu führen, dass zum Ende des Jahres wieder Wachstumsraten
nördlich der 9% erreich werden. Bleibt das aus, dann haben wir
tatsächlich Probleme. Sinkt das Wachstum in den kommenden
Monaten weiter ab, dann werde auch ich besorgt.
Doch bis dahin bleibe ich bei meiner Einschätzung, dass China
die Abkühlung der eigenen Wirtschaft gut im Griff hat.
Schauen wir einmal, wie sich die Stimmung unter Anlegern und
Analysten entwickelt:
SENTIMENTDATEN
Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen):
Kaufen / Verkaufen
23.03.- 30.03. (229): 46% / 18%
30.03.- 05.04. (153): 47% / 12%
05.04.- 13.04. (159): 49% / 15%
Kaufempfehlungen der Analysten
Danone, BASF, Cisco
Verkaufsempfehlungen der Analysten
Nokia, Carrefour, Unilever
Privatanleger
13. KW: 70% Bullen (193 Stimmen)
14. KW: 65% Bullen (177 Stimmen)
15. KW: 66% Bullen (183 Stimmen)
Kaufempfehlungen der Privatanleger
Commerzbank, Electricite de France, SGL Carbon
Verkaufsempfehlungen der Privatanleger
Supervalue, Coca Cola, CFAO
Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise
erstellt:
http://www.sharewise.com?heibel
Hui, die Stimmung bleibt verhältnismäßig negativ. Die Bären
kommen aus ihren Höhlen und nisten sich so langsam auf dem
Börsenparkett ein.
TOP-ANALYSTENZIELE
Sie wollen wissen, was die Analysten im Einzelnen für Aussagen
treffen und wo sie die größten Chancen sehen? Ich habe für Sie
ab sofort jede Woche eine Übersicht der Analysen mit den
höchsten Kurszielen ausgearbeitet. Die Liste zeigt ganz einfach
an, wo das aktuelle Kursziel des Analysten prozentual am
meisten über dem aktuellen Kurs liegt:
Firma Analyse vom Kurs Ziel Upside
SKY Dtl. 12.04. 2,01€ 4,25€ 111,44%
RHÖN-KLINIK 13.04. 13,95€ 22,00€ 57,71%
PORSCHE 10.04. 42,70€ 66,00€ 54,57%
BAUER AG 13.04. 19,80€ 28,00€ 41,41%
LUFTHANSA 13.04. 9,96€ 14,00€ 40,56%
Gigaset 10.04. 2,28€ 3,20€ 40,35%
CELESIO AG 13.04. 12,83€ 18,00€ 40,30%
VOLKSWAGEN 13.04.129,06€180,00€ 39,47%
KLOECKNER 12.04. 10,14€ 14,00€ 38,07%
LANXESS AG 11.04. 58,61€ 80,00€ 36,50%
Es handelt sich um Analysen aus dieser Woche. Bitte genießen
Sie diese Übersicht mit Vorsicht. Sie wissen ja, dass häufig
auch ein Eigeninteresse des Analysten für eine rosa Brille
sorgen kann, weshalb Analysteneinschätzungen tendenziell
optimistischer ausfallen als es die Realität anschließend
erlauben würde. Aber die Übersicht gibt einen Eindruck darüber,
wo die Erwartungen mit dem aktuellen Kurs am weitesten
auseinander liegen. Wer letztlich Recht haben wird, der Analyst
oder die Anleger, die den Kurs machen, ist in jedem Einzelfall
individuell zu beurteilen.
GOOGLE HEBT STRATEGIE ÜBER ZAHLEN
Gestern Abend hat Google seine Zahlen vorgelegt. Der Umsatz ist
stärker angewachsen als erwartet, doch der Gewinn blieb hinter
den Erwartungen zurück. Grund: Margenverfall bei der
Klickwerbung. Der durchschnittliche Klickpreis ging um 12%
zurück. Für ein Wachstumsunternehmen ist das nicht hinnehmbar,
es sei denn, es gibt nachvollziehbare Gründe dafür.
Doch diese Gründe lieferte Google nicht. Man verlor sich in
einer berauschenden Präsentation der Zukunftsstrategie, es
wurde auf die Vorteile von gründergeführten Unternehmen
verwiesen und gab einen Aktiensplitt im Verhältnis von 1:2
bekannt, wobei die neuen Aktien kein Stimmrecht erhalten
werden.
Die neuen Aktien sollen die Machtbasis des Gründerpaares
sichern, Akquisitionen sollen künftig mit stimmrechtslosen
Vorzugsaktien erfolgen.
Google hat ein KGV von 11, und alles, was ich gehört habe, hat
mich überzeugt. Bei einem KGV von inzwischen nur noch 11 kann
man eigentlich nichts kritisieren, schon gar nicht bei einer
erwarteten Wachstumsrate von 17% in den nächsten fünf Jahren!
Die Aktie ist billig.
Doch es fehlten mir genauere Angaben über die eingeschlagene
Strategie. Insbesondere Aussagen über die Art und Weise, wie
Motorola in den Konzern eingebunden werden soll, das
Unternehmen wurde kürzlich gekauft.
Und auch wie die Strategie für das mobile Internet aussieht.
Eine entsprechende Frage in der anschließenden
Analystenkonferenz wurde wie folgt beantwortet: Wir wollen
Android weiter verbreiten, damit wir eine breite Plattform für
unser mobiles Internet haben und darüber Werbung ausliefern
können.
Doch die Werbung über das Mobilfunknetz hat wesentlich kleinere
Gewinnmargen als die heutige AdWords-Werbung. Mich würde
interessieren, wie die Mobilfunkwerbung im Bereich von AdWords
kanibalisiert werden soll, in welchem Zeitraum hier ein
wesentlicher Umstieg auf das Mobilfunknetz erfolgen soll. Doch
darüber wurde nichts gesagt.
Ist der rückläufige Klickpreis bereits die Folge der
Mobilfunkstrategie von Google? Keine Antwort.
Google setzt alles auf das mobile Internet, das wurde mehrfach
in der Analystenkonferenz betont. Doch wenn es ums Detail ging,
verwies man darauf, dass auch die Integration von YouTube Jahre
gedauert habe, bis heute endlich Geld abgeworfen wird. Und um
sich nicht die Macht nehmen zu lassen, hat Google nun für
weitere Übernahmen Vorzugsaktien geschaffen. Das Gründerpaar
wird also unbehelligt agieren können. Hoffen wir, dass sie
weiterhin ein gutes Händchen haben.
FACEBOOK: 1 MRD. USD FÜR 13 PERSONEN
Facebook hat Instagram für eine Milliarde US-Dollar gekauft.
Instagram beschäftigt 13 Mitarbeiter und bietet einen Photo-
Dienst an, über den man seine Photos mit der ganzen Welt teilen
kann – ein soziales Photonetz sozusagen.
Eine Milliarde US-Dollar für dreizehn Mitarbeiter. Hier sehen
wir, dass Facebook heute schon, also deutlich vor seinem
Börsengang, im Geld schwimmt und sich das zukaufen kann, was
ihm gefällt. Ist hier eine Blase in der Entstehung? Ich kann es
mir gut vorstellen. Sollten Sie daher die Finger von Facebook
und anderen Aktien der sozialen Netze lassen? Nein, noch nicht
– lassen Sie die Blase ruhig noch etwas größer werden.
AOL: 1 MRD. USD FÜR 800 PATENTE
AOL ist inzwischen nur noch 1,7 Mrd. USD wert gewesen, da kauft
Microsoft aus heiterem Himmel dem Unternehmen 800 Patente für
eine Mrd. USD ab. Ein „immaterieller“ Wert, der in der
Unternehmensbewertung von AOL nicht im geringsten
berücksichtigt wurde. Über Nacht sprang AOL auf eine
Marktkapitalisierung von 2,5 Mrd. USD.
Google kauft Motorola und schert sich kaum um dessen
Hardwaregeschäft. Facebook kauft Instagram und schert sich kaum
um deren dünne Personaldecke. Microsoft kauft gleich nur noch
direkt die Patente. Was geht da vor?
Wenn wir uns dann die Meldungen anschauen, dann stellen wir
fest, wie viele Klagen weltweit anhängig sind. Jeder verklagt
jeden, könnte man meinen, selbst seinen Kunden und seine
treuesten Lieferanten. Wer verklagt wird, holt in jedem Fall
zum Gegenschlag aus und klagt zurück. Meist enden die Klagen
dann mit einem Vergleich. Vereinfacht gesagt könnte ich mir
vorstellen, dass die Parteien sich wie folgt einigen: Du hast
fünf Kilo relevante Patente, ich habe 7 Kilo, also musst Du mir
ein paar hundert Millionen überweisen. Wer blickt sonst denn
noch durch das Patentgewirr hindurch?
Patentklagen sind inzwischen ein maßgeblicher Teil der
Geschäftspolitik, und ich fürchte, dass dieser Teil weiter
anwächst.
Keine Ahnung, wie wir Privatanleger von diesem Trend
profitieren können, doch zeigt das Beispiel von AOL, dass
einige alte Internetdinosaurier durchaus noch Patente halten,
die einiges wert sein könnten. Ich denke da insbesondere an
Yahoo!, die seit Jahren keine vernünftige Strategie mehr auf
die Beine stellen. Irgendwann wird bei Yahoo! nicht mehr das
Geschäft bewertet, sondern die Patente.