ProSiebenSat.1 Media AG: Eine Branche im Umbruch
Veröffentlicht von
Stephan Heibel
am
29.06.2014
Nach fünf Jahren Restrukturierung ist das Unternehmen zu einer Cashcow geworden, die 4,8% Dividendenrendite und solide Bilanzzahlen bietet. Zusätzlich gibt es Bewegung in der Medienbranche, und ProSiebenSat.1 Media ist eines der wenigen Unternehmen, das von der Eigentümerstruktur her eine Übernahme ermöglichen würde. Lesen Sie in dieser Wunschanalyse, ob das ausreicht, um in diese Aktie zu investieren.
Eine Branche im Umbruch
Rupert Murdochs News Corp. sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Zuletzt hat sein Medienkonzern ein Übernahmeangebot für Time Warner vorgelegt. Lange Zeit galten die TV-Sender als Dinosaurier einer längst vergessenen Fernsehwelt, in der dem Zuschauer vorgeschrieben wird, was er wann zu schauen hat. Die Werbeeinnahmen waren rückläufig, hohe Kostenapparate sorgten für Verluste und fallende Börsenkurse. Doch das hat sich nun geändert: Die TV-Sender sind wieder attraktive Cashcows und für den einen oder anderen sogar Übernahmeziele.
Unter dem Dach von ProSiebenSat.1 Media haben sich im Wesentlichen die Sender Pro7, Sat.1 sowie Kabel eins zusammen gefunden. Zudem gehört noch Sixx, 7Maxx und Sat.1 Gold dazu. Neben den Sendern betreibt das Unternehmen auch Marketingunternehmen und Contentprovider wie SevenPictures Film GmbH und Red Arrow Entertainment. Zudem ist das Unternehmen natürlich auch ins Internet gesprungen, ihm gehören unter anderem die Reiseseiten Wetter.com, MyDays (Erlebnisgeschenke), billiger-mietwagen (Metasuche), Weg.de und Tropo sowie natürlich die Online-Videoplattform Maxdome und MyVideo.
Doch hat man vor zehn Jahren noch allein durch das Ausstrahlen von Sendungen ausreichend Augenpaare vor die Mattscheibe gelockt, um die Kosten durch Werbung zu finanzieren, so ist diese einfache Finanzierungsquelle heutzutage versiegt. Galt früher doch bei den Werbenden der Werbesatz: „50% der Werbeausgaben ist für die Katz, man weiß leider nur nicht, welche 50%", so verliert diese Binsenweisheit zunehmend an Bedeutung. Heute werden Kunden gezielt angesprochen, und über das Internet ist sodann sogar eine Auswertung des Werbeerfolges sehr detailliert möglich.
Inhalte und Reichweite reichen nicht
Überall auf der Welt wird nach Konzepten gesucht, den maximalen Umsatz mit den Kunden zu generieren. Das geht inzwischen so weit, dass die Produktion von Sendungen (Inhalten) von Anfang an die Ausschöpfung vielfältiger Umsatzpotentiale berücksichtigt.
Bestes Beispiel: Taste! Hier geht es nicht um den Geschmack, den können Sie über das Fernsehen nicht in die Wohnzimmer bringen. Es geht um die verwendeten Küchengeräte, die Fissler-Pfannen, die in der Sendung verwendet werden. Das Familienunternehmen freut sich über einen kräftigen Umsatzanstieg in Folge dieser Kooperation, ProSiebenSat.1 Media erhält einen Anteil davon.
TV Total ist natürlich bekanntermaßen und zum Stolz von Stefan Raab eine „Dauerwerbesendung", da er so viel Product Placement macht wie kaum ein anderer Entertainer. Aber auch bei Galileo, The Voice of Germany und Germany's Next Topmodel steht die vielfache Verwertung der Inhalte im Vordergrund.
Auf den zugehörigen Webseiten gibt es exklusiv produziertes „Bonusmaterial", das die Fans auf die Seiten lockt. Die Zugriffszahlen können sich sehen lassen und bescheren über die auf den Seiten eingebundenen Werbungen zusätzliche Einnahmen.
Es gilt also, die Quadratur des Kreises zu schaffen: Steigerung der Reichweite durch attraktive Inhalte. Dabei muss jedoch von Anfang an berücksichtigt werden, wie Inhalte zu Geld gemacht werden können.
Für diese Aufgabe hat ProSiebenSat.1 Media die entsprechenden Aktivitäten unter dem Bereich „Adjacent" versammelt: Online-Angebote wie MyVideo, Maxdome bieten Videos und Filme über ads internet an, Ampya bietet Musik. SevenVentures geht Beteiligungen an völlig branchenfremden Unternehmen ein, die man sodann besser vermarkten möchte – ich habe soeben nur eine Beteiligung an moebel.de gesehen. Und natürlich gehören auch die oben genannten Reiseseiten als 7Travel zum Bereich Adjacent.
Wenn also Rupert Murdoch sein Medienimperium ausbaut, dann nicht, um mehr Menschen zu erreichen. Sondern vielmehr sucht er nach der besten Methode, der besten Technologie und dem besten Konzept, die verfügbare Reichweite möglichst effizient zu Geld zu machen. Und das ist die Entwicklung, die derzeit die Medienlandschaft umwälzt, die aus ProSiebenSat.1 Media eine Marketingmaschine macht.
Heuschrecken machen Unternehmen zum Übernahmeziel
Oh Schreck, würde man im ersten Augenblick meinen. Doch für ProSiebenSat.1 Media scheinen die Investoren recht hilfreich zu sein. Es handelt sich um Permira sowie KKR, die über eine gemeinschaftlich gehaltene Firma rund 15% der Anteile an ProSiebenSat.1 Media halten.
Es ist bekannt, das solche Finanzinvestoren, die auch gleich jeweils zwei bis drei Aufsichtsratsposten für sich beanspruchen, nicht zum Spaß in das Unternehmen investieren. Das Unternehmen war vor wenigen Jahren am Boden und hat dank der neuen Investoren den Umschwung geschafft. Die Zuschauerzahlen steigen kräftig, der Cashflow ist überaus erfreulich, und die Dividendenrendite beträgt inzwischen stolze 4,9%.
Der Umsatz steigt in diesem Jahr vermutlich um rund 7,5% an. Der Gewinn wächst überproportional um 12%. Vor diesem Hintergrund ist das KGV 14e von 16 in meinen Augen ziemlich günstig. Denn auch im nächsten Jahr erwarten Analysten einen weiteren Gewinnanstieg um 10%.
In den vergangenen Jahren hat ProSiebenSat.1 Media die Verbindlichkeiten von 5,2 Mrd. Euro auf 1,44 Mrd. Euro gesenkt. Bei 2,8 Mrd. Euro Jahresumsatz ist das inzwischen ein vertretbares Maß. Eine weitere Rückführung ist geplant.
Alles in allem ist die Bilanz inzwischen in Ordnung. Das Geschäft läuft und wurde auf die modernen Anforderungen umgestellt. Wenn nun ein Medienkonzern seine Reichweite ausweiten möchte, dann gehört ProSiebenSat.1 Media zu den wenigen TV-Sendern, die von ihrer Eigentümerstruktur als Übernahmeziel in Frage kommen. Denn genau das wäre der goldene Handschlag, den sich Permira und KKR wünschen: Eine Übernahme mit einem gehörigen Preisaufschlag.
Wenn dann jetzt
Die Gewinnmarge liegt bei 30% (EBITDA). Die Zeiten, in denen 40% und mehr erzielt wurden, dürften vorbei sein. Der Aufwand, der betrieben wird, um die Zuschauer auf die Werbeangebote zu locken, ist extrem hoch. Walt Disney hat beispielsweise eine Gewinnmarge von nur 23% und gilt derzeit als Musterknabe der Branche. Die Bäume werden also nicht in den Himmel wachsen. Oder anders ausgedrückt, die Tage des überproportionalen Gewinnwachstums dürften gezählt sein.
Damit ist ProSiebenSat.1 Media nunmehr fast schon am Ziel seiner Restrukturierungsmaßnahmen die vor fünf Jahren begonnen wurden. Und für die beiden Finanzinvestoren naht der Tag, an dem man sich aus diesem Unternehmen verabschieden kann. Daher mein Eindruck: Wenn nicht jetzt, wann dann? Die Branche befindet sich im Umbruch; die Finanzierungskosten für einen potentiellen Käufer sind derzeit extrem niedrig. Viele Übernahmeziele gibt es nicht mehr.
So gebe ich dem Unternehmen aus eigener Kraft nur noch ein mäßiges Kurspotential. Allerdings ist der hohe Cashflow, der eine hohe Dividendenrendite ermöglicht, eine kräftige Unterstützung für das aktuelle Kursniveau. Ich könnte mir vorstellen, dass die Aktie noch ein paar Euro weiter in Richtung 38 Euro läuft (aktuell 32,55 Euro, Schlusskurs Xetra 30.7.). Dazu bedarf es allerdings weiterer Erfolgsmeldungen, insbesondere aus dem schnell wachsenden Bereich Adjacent.
Einen schnelleren Kurssprung würde eine Übernahmespekulation bringen. Doch wir spekulieren niemals auf Übernahmen, da auch dort der Kurs in erster Linie vom Geschäft des Unternehmens bestimmt wird.
FAZIT: Dividendentitel mit Übernahmephantasie
Wer also einen attraktiven Dividendentitel sucht, der ist bei ProSiebenSat.1 Media gut aufgehoben. Die neue Unternehmensstruktur hat das Geschäft wieder zu einer Cashcow gemacht, die vielen Anlegern Jahr für Jahr Freude bereiten wird.
Als zusätzlichen Nervenkitzel können Sie sodann die Chance auf eine Übernahme betrachten. Das würde der Aktie Beine machen. Doch wie gesagt, da spielen zu viele Faktoren hinein, um auf eine Übernahme zu spekulieren. Es wäre halt nett.
In diesem Artikel erwähnt:
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