Projekt US-Zinserhöhung aufgeschoben, nicht aufgehoben

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 17.03.2016
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Fed-Chefin Janet Yellen hat die Erwartungen an weitere Zinserhöhungen für das laufende Jahr gesenkt. Die Fed hat ihre Inflationsprognose für das laufende sowie für die beiden folgenden Jahre deutlich reduziert. Aus der Inflationsprognose leiten Analysten die zu erwartenden Zinsschritte ab. Hatte die Fed im Dezember im Rahmen ihrer ersten Zinserhöhung seit 9 Jahren noch Prognosen abgegeben, die auf vier weitere Zinsschritte im laufenden Jahr deuteten, so lassen sich nach der Reduzierung nun nur noch zwei Zinsschritte ableiten.


Zinsanhebung vom Tisch

"Wenn sich die Fakten ändern, ändere ich meine Meinung" - dieser Ausspruch wird John Maynard Keynes zugesprochen. Die Keynesianische Goldpolitik der USA hält sich offensichtlich an diese Richtschnur, sehr zur Beruhigung der Anleger. Im Dezember klang Janet Yellen noch so als würde sie den Zins auf ein "normales" Niveau heben, ungeachtet des konjunkturellen Störfeuers. Diese Befürchtung ist nun vom Tisch.

Vielleicht war auch die massive Geldflutung durch die EZB mit ausschlaggebend für die Entscheidung der Fed, denn der US-Dollar ist bereits extrem stark und die unterschiedliche Geldpolitik hätte diese US-Dollarstärke noch weiter verfestigt. Wenngleich keine Notenbank der Welt zugeben würde, auf Wechselkurse zu achten, so spielt dennoch der starke US-Dollar eine Rolle bei der Konjunkturentwicklung der USA, die Kritik seitens der Industrie war nicht mehr zu überhören.

So sprang der Dow Jones in den vergangenen Tagen um 1,3% an und erreichte erstmals im laufenden Jahr positives Territorium. Der DAX liegt noch mit 7,9% hinten, Nikkei mit -12,1% und in China beträgt das Minus noch immer 18,7%.
 

Euro und Ölpreis steigen 

Der Euro konnte in Folge der Zinsentscheidung der Fed um 1,9% gegenüber dem US-Dollar zulegen. Der Ölpreis sprang mit einem Plus von 4,7% nachhaltig über die 40 US-Dollar/Fass-Marke. Damit sind drei der sechs von mit zum Jahresbeginn aufgestellten Bedingungen für das Ende der Korrektur, die ich vor zwei Wochen für erfüllt erklärte, nun auch für den letzten Skeptiker sichtbar erfüllt: Die Fed nimmt von ihren Zinserhöhungen Abstand, der Ölpreis fällt nicht mehr und der US-Dollar hat seine Stärke abgelegt.

Und auch zwei der drei verbleibenden Bedingungen haben weiter positive Entwicklungen erfahren: Russland zieht sich aus Syrien zurück und bestätigt damit ebenfalls die von mir bereits vor zwei Wochen vermutete Beruhigung in der Geopolitik. Und Chinas Finanzmärkte erholen sich ungeachtet der politischen und konjunkturellen Rahmenbedingungen, der Shanghai A-Index steht nur noch 45 Punkte unter der damals als wichtige Unterstützung ausgemachten 3.000er-Marke.

Den sechsen Punkt, das Sentiment, betrachte ich wie immer in Kapitel 03.
 

"I wish I had a one-armed econimist"

Ich wäre kein echter Volkswirt, wenn ich mir nicht selbst widersprechen könnte. "I wish I had a one-armed econimist", soll US-Präsident Truman mal gesagt haben, "so that this guy can never say: 'but on the other hand...'" (Ich wünschte, ich hätte einen einseitigen Volkswirt, damit dieser Kerl nicht sagen kann 'aber auf der anderen Seite...'). Vergangene Woche habe ich behauptet, dass Handel zwischen zwei Staaten stets Vorteile für beide Handelspartner nach sich ziehe. Es gibt jedoch Volkswirte, die diese Theorie widerlegen, insbesondere wenn der eine Handelspartner hochwertige Güter produziert und deren Preis nicht nach den Produktionskosten, sondern nach dem erzielbaren Marktpreis richtet, während der andere Handelspartner einfache Produkte, die im harten Wettbewerb stehen, anbietet. Dann könne, so die Behauptung von unter anderem Paul Krugman, der überlegene Handelspartner durch Preisaufschläge den vermeintlichen Handelsvorteil des Partners für sich einheimsen (kurz und knackig hier erklärt: http://www.annotazioni.de/post/1850). Ein Leser wies mich auf diese Theorie hin, vielen Dank dafür.

Klar, es gibt Theorien, die für eine lockere Geldpolitik sprechen. Ich bleibe dennoch bei meiner Einschätzung, dass die zu lockere Geldpolitik von Supermario nicht geeignet ist, die Politik zu fiskalpolitischen (strukturellen) Änderungen zu motivieren. Solange die EZB weiter damit prahlt (wie heute EZB-Fize Constacio), noch lange nicht am Ende des Waffenarsenals angelangt zu sein, wird sich die Politik insbesondere der Club-Med Länder auf die EZB verlassen, statt Reformen anzugehen.

Diese Woche geht die Berichtssaison zu Ende. Ein Thema, das sich meiner Wahrnehmung nach durch alle Berichte zog, ist die Rückführung von Kapital an Anleger, sei es durch Dividendenerhöhungen, sei es durch Aktienrückkaufprogramme. Gleichzeitig bleiben die Ausblicke überwiegend verhalten, zu ungewiss ist die Auswirkung der Konjunkturschwäche in China.

An diese Rahmenbedingungen haben sich Anleger jedoch nun gewöhnt. Die ungewisse Konjunkturentwicklung ist eingepreist und wurde durch sämtliche Notenbanken der Welt inzwischen zur Kenntnis genommen. Es kann also nur besser werden, so die Logik der Anleger, und so wurden diese Woche überwiegend konjunktursensible Aktien gekauft. ThyssenKrupp, HeidelbergCement und BMW stehen auf der Gewinnerseite des DAX, Merck, Beiersdorf und Fresenius Medical Care sind am Ende der Liste zu finden. der Risiko-Apetit steigt wieder.

Schauen wir einmal, wie sich die wichtigsten Indizes in den vergangenen Tagen entwickelt haben:

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES



Der schwache US-Dollar hat die Exportländer des DAX (-1%) und Nikkei (-3%) belastet. Profitieren konnten Rohstoffe, die mit kräftigen Zuwächsen aufwarteten. Und auch der Baltic Dry Verschiffungsindex, der ein Indikator für die Export-/Import-Tätigkeit Chinas ist, steigt weiterhin an. Vieles sieht also nach einem Boden aus. Schauen wir uns einmal die Entwicklung des Sentiments an, um die Wahrscheinlichkeit einer Bodenbildung besser einzuordnen.
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