OUROBOROS

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 23.12.2011
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Kennen Sie die Schlange aus dem Alten Ägypten, die sich selbst verzehrt? Es wird eine Schlange symbolisiert, die im Kreis liegt und an ihrem eigenen Schwanz knabbert. So geht ihr niemals die Nahrung aus, denn sie hat ja immer genug zu essen um nachzuwachsen.


Ich hätte den Decknamen „Operation Ouroboros“ für die Liquiditätsspritze gewählt, die von der EZB diese Woche in den Markt gegeben wurde. Banken konnten sich zu einem Prozent in unbegrenztem Ausmaß einen Kredit bei der EZB holen, der auf drei Jahre läuft.

Die Banken haben davon reichlich Gebrauch gemacht, 483 Mrd. Euro wurden abgerufen. Ein Prozent auf drei Jahre, das gab es noch nie und bietet den Banken eine Planungssicherheit wie selten zuvor.

Was tun die Banken mit diesem Geld? Nun, am besten festverzinslich anlegen auf drei Jahre und möglichst zu einem höheren Zins. Wenn das dann auch noch durch Staatsanleihen gewährleistet werden kann, dann kann man den Zinsgewinn anschließend sogar noch als Kernkapitalquote zurechnen.

Und das Beste daran: Die Staatsanleihen von Spanien und Italien wurden diese Woche nachgefragt wie lange nicht mehr, der Zins sank. Wer will denn da noch von Refinanzierungsproblemen sprechen, die einzelne EU-Länder in den Ruin treiben könnten? Hier wird doch sogar bewiesen, dass ausreichend Nachfrage nach den Papieren vorhanden ist, und dieser Umstand ist schon ausreichend, um die Solvenz der Staaten zu verbessern.

Die EZB hat also einen Trick angewendet, mit dem sich unser System selbst heilt: Gib den Banken unbegrenzt Kredit, sie kaufen damit die gestressten Staatsanleihen und dürfen mit dem Zinsgewinn ihre Kernkapitalquote aufbessern. Wer soll das bezahlen?

Na, die Inflation, die dadurch mittelbar in der Zukunft angeheizt wird. Wir inflationieren uns also aus der Schuldenkrise heraus, auch wenn EZB Chef Mario Draghi keine Gelegenheit auslässt um das Gegenteil zu behaupten.

Staat und Banken heilen sich selbst - gegenseitig. Es kommt mir vor wie die Sage der Schlange Ouroboros. In der Natur habe ich diese Schlange übrigens noch nie gesehen.

Könnte es funktionieren? Na klar! Unser Finanzsystem hat schon lange seine natürliche Funktionsweise aufgegeben.

Auch an den Aktienmärkten ist die Folge dieser Aktion zu spüren: Haben Finanzinstitutionen in den vergangenen Wochen noch alles versilbert, was nicht niet- und nagelfest war, so eröffnet Ouroboros eine Verdienstperspektive, die das gnadenlose Verkaufen von Vermögenswerten weniger dringend erscheinen lässt. Der Druck auf die Aktienkurse ließ unmittelbar nach.

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