„Ole“ wird zu „Oh je“
„Olé“ sprechen die Spekulanten nur noch leise vor sich hin, doch es klingt eher nach einem „oh je“, denn trotz der Abstufung Spaniens durch S&P, und zwar gleich um zwei Stufen, steigen die Kurse an den Börsen. Dabei hatte die Woche so gut für sie begonnen.
Am Wochenende hat Hollande, der Herausforderer Sarkozys, die
Vorwahlen um die Präsidentschaftswahl in Frankreich klar
gewonnen. Der Sozialist würde den konservativen Sarkozy
ablösen, wenn er nun auch noch am 6. Mai die Stichwahl gegen
ihn gewinnt.
„Konservativen“ Sarkozy? Ja, für französische Verhältnisse ist
Sarkozy konservativ. Da derzeit alles nach einem Sieg Hollandes
aussieht, sollten Sie sich auf schwerere Zeiten für Merkel und
die EU einstellen.
So brach der DAX am Montag in Folge dieses Linksrutsches um
über 3% ein. Mit einem Hollande, der den beschlossenen
Fiskalpakt, einer der Grundsteine für die Börsenrallye seit
Anfang Dezember, wieder in Frage stellen möchte, stehen uns
schwere Monate bevor.
Doch während die Politik mit sich selbst beschäftigt ist,
können Unternehmen ungestört wirtschaften. Und so sorgten eine
ganze Reihe guter Quartalszahlen am Dienstag für einen
Stimmungswechsel, natürlich gekrönt vom Quartalsergebnis von
Apple am Dienstag Abend.
Der DAX stieg um die charttechnisch errechneten zwei Drittel
des zuvor erlittenen Verlustes an, und auf diesem Niveau gingen
die Bären wieder neue Shortspekulationen ein, denn gerade am
Vortag wurden doch viele Shortpositionen mit Gewinn aufgelöst.
Mittwoch und Donnerstag pendelte der Dax auf diesem Niveau und
gab den Bären ausreichend Zeit, sich für das nächste Desaster
zu präparieren. Und das nächste Desaster kam heute in Form der
Abstufung Spaniens durch S&P.
Der DAX startete im Minus, doch drehte schon bald ins Plus.
Volkswagen und Daimler hatten gestern und heute positive Zahlen
vermeldet, so dass die Hiobsbotschaft aus der Stierkampfarena
unterging.
Und überhaupt, was ist daran eigentlich so schlimm? Zum einen
ist es allen bewusst, dass Spanien nicht zu den bonitätsmäßig
stärksten Schuldnern gehört, und zum anderen erweisen sich die
Rettungsschirme und Hilfsfonds zumindest derzeit noch als
geeignet, um ein Überschwappen der Krise nach Deutschland oder
Europa zu vermeiden.
Ein paar Stunden können Börsen und Short-Spekulanten verharren
und auf das Eintreffen weiterer Hiobsbotschaften hoffen. Doch
nachdem nun die US-Börsen ebenfalls im Plus starten nachdem
Amazon gestern jegliche Erwartungen zur Makulatur machte, gibt
es kein Halten mehr: Die Short-Positionen werden aufgelöst und
die dafür erforderlichen Deckungskäufe treiben die Kurse immer
weiter in die Höhe.
Schauen wir einmal, wie sich die einzelnen Indizes diese Woche
entwickelt haben:
WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES
INDIZES 26.04.12 DIFF
Dow Jones 13.205 1,9%
DAX 6.740 1,0%
Nikkei 9.521 -0,4%
Euro/US-Dollar 1,316 0,2%
Euro/Yen 106,3365 -0,8%
10-Jahres-US-Anleihe 1,96% 0,0
Umlaufrendite Dt 1,41% 0,0
Feinunze Gold USD $1.651,65 0,5%
Fass Brent Öl USD $119,23 0,8%
Kupfer in US$/to 8.287 2,9%
Baltic Dry Shipping I 1.148 11,7%
Weiterhin geben Kupfer (+2,9%) und der Index der Frachtkosten
(+11,7%) bullische Signale für die Weltkonjunktur und den
Welthandel. Doch die Konjunkturdaten sind durchwachsen mit
positiven Signalen aus Deutschland, den USA und einigen
Schwellenländern bei gleichzeitig schlechten Signalen aus dem
Rest Europas und aus China.
Vom Ausverkauf des Wochenbeginns ist nicht mehr viel zu sehen,
DAX und Dow Jones haben sich über das Angstniveau von vor einer
Woche bewegt.
Schauen wir einmal, wie sich die Stimmung unter Anlegern und
Analysten entwickelt:
SENTIMENTDATEN ÜBERRASCHEND BULLISCH
Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen):
Kaufen / Verkaufen
05.04.- 13.04. (159): 49% / 15%
13.04.- 20.04. ( 94): 52% / 6%
20.04.- 27.04. (276): 46% / 15%
Kaufempfehlungen der Analysten
Royal Dutch Shell, Apple, Volkswagen
Verkaufsempfehlungen der Analysten
Nokia, Aixtro, Metro
Privatanleger
15. KW: 66% Bullen (183 Stimmen)
16. KW: 63% Bullen (192 Stimmen)
17. KW: 55% Bullen (171 Stimmen)
Kaufempfehlungen der Privatanleger
Nexans, Alcatel-Lucent, Credit Agricole
Verkaufsempfehlungen der Privatanleger
Belvedere S.A., Centrotherm, Beiersdorf
Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise
erstellt:
http://www.sharewise.com?heibel
Hui, hier sehen wir aber heftige Stimmungsschwankungen in den
vergangenen drei Wochen. Analysten sowie Privatanleger sind in
dieser Woche deutlich pessimistischer geworden. Ich deute dies
dahingehend, dass man die Probleme aus der Stierkampfarena als
auf die Arena begrenzt sieht und übers Wochenende von
Frankreichs Vorwahlen überrascht wurde. Dies wird auch durch
die heutige Reaktion, oder besser gesagt die ausgebliebene
Reaktion, auf die S&P Abstufung Spaniens untermauert.
TOP ANALYSTENZIELE
Sie wollen wissen, was die Analysten im Einzelnen für Aussagen
treffen und wo sie die größten Chancen sehen? Ich habe für Sie
ab sofort jede Woche eine Übersicht der Analysen mit den
höchsten Kurszielen ausgearbeitet. Die Liste zeigt ganz einfach
an, wo das aktuelle Kursziel des Analysten prozentual am
meisten über dem aktuellen Kurs liegt:
Firma Analyse vom Kurs Ziel Upside
IVG IMMOBILIE 23.04 1,73€ 4,00€ 131,21%
PVA TEPLA AG 23.04 3,66€ 6,40€ 74,86%
ADIDAS AG 25.04 46,80€ 80,00€ 70,94%
METRO AG 27.04 23,65€ 40,00€ 69,13%
CENTROTHERM 23.04 7,41€ 12,00€ 61,94%
TUI AG 24.04 5,62€ 9,00€ 60,14%
THYSSENKRUPP 25.04 17,83€ 28,00€ 57,04%
HOCHTIEF AG 26.04 44,10€ 67,00€ 51,93%
WINCORNIXDORF 27.04 28,98€ 43,00€ 48,38%
VOLKSWAGEN 27.04 141 € 206 € 46,05%
Es handelt sich um Analysen aus dieser Woche. Bitte genießen
Sie diese Übersicht mit Vorsicht. Sie wissen ja, dass häufig
auch ein Eigeninteresse des Analysten für eine rosa Brille
sorgen kann, weshalb Analysteneinschätzungen tendenziell
optimistischer ausfallen als es die Realität anschließend
erlauben würde. Aber die Übersicht gibt einen Eindruck darüber,
wo die Erwartungen mit dem aktuellen Kurs am weitesten
auseinander liegen. Wer letztlich Recht haben wird, der Analyst
oder die Anleger, die den Kurs machen, ist in jedem Einzelfall
individuell zu beurteilen.
Es wird spannend: Werden die Probleme Spaniens Europa mit einem
sozialistischen Hollande in die Knie zwingen, oder wird sich
der Franzose nach kurzen Verhandlungen zur Wahrung seines
Gesichts sodann dem Druck der anderen Europäer beugen und die
beschlossenen Vereinbarungen akzeptieren?
Werden die Unternehmen unabhängig vom politischen Gerangel
agieren und Gewinne einfahren, oder werden die Probleme erneut
auf die Finanzmärkte abfärben und der Wirtschaft schaden?
Meine Gedanken dazu lesen Sie im nächsten Kapitel.