Ohne Hast einkaufen

Nun ist sie da, die Überraschung aus Griechenland, und gleich doppelt: das „Nein" wurde von den wenigsten Anlegern erwartet, doch da kaum jemand im Vorfeld des Referendums auf den Wahlausgang spekulierte, dürften heftige Kursreaktionen, wenn sie denn überhaupt auftreten, kurzlebig sein.
Rücktritt Varoufakis
Doch die zweite Überraschung ist nun der Verlust des
Feindbildes der 18 Eurogruppenmitglieder: Finanzminister
Varoufakis ist überraschend trotz seines Wahlsieges
zurückgetreten.
Da es als ausgeschlossen galt, dass Varoufakis mit einem „Nein"
im Rücken bei den Eurogruppenmitgliedern seine Forderung nach
Schuldenschnitt ohne Gegenleistung durchbringen werde,
reagieren die Finanzmärkte nun positiv auf seinen Rücktritt:
Neues Spiel, neues Glück, könnte man meinen.
Zunächst wird die Markte um 10.800 Punkte im DAX eine wichtige
Unterstützung darstellen. Ich halte es aber auch durchaus für
möglich, dass der DAX noch auf 10.500 Punkte durchrutscht,
bevor es zu einer Stabilisierung kommt. Ich muss nun sagen: Die
Griechen sind immer für eine Überraschung gut.
Grexit nur schwer vermeidbar
Während aus Deutschland der Abgesang auf Griechenland begonnen
hat, ein Grexit wird übereinstimmend als nur noch sehr schwer
vermeidbar bezeichnet, kommen aus Italien versöhnliche Worte:
Man müsse nun völlig neue Verhandlungen beginnen, um mit
Griechenland einen gangbaren weg in der Eurozone zu finden.
Das gemeinsame Feindbild Varoufakis hatte die
Eurogruppenmitglieder geeint. Nun besteht die Gefahr, dass wir
wieder 18 verschiedene Meinungen bekommen.
Ich gehe davon aus, dass sich die Ereignisse in den kommenden
Tagen weiterhin überschlagen werden, weitere Überraschungen
nicht ausgeschlossen, und dass die Finanzmärkte mit heftigen,
aber kurzlebigen Schwankungen darauf reagieren.
Ausverkäufe kurzweilig
Kurzlebig, weil die überwältigende Mehrheit der Anleger
mittelfristig überaus optimistisch gestimmt ist. Dank der
aktuell neutralen Haltung und mittelfristigen Zuversicht
dürften Ausverkäufe schnell gekauft werden.
Aufgrund der in meinen Augen doch ziemlich verzwickten
Situation, für die ich im Moment keinen Lösungsweg sehe,
dürften jedoch auch zwischenzeitliche Rallyes nicht nachhaltig
sein, denn das nächste Problem, das nächste Finanzloch, die
nächste Überraschung aus Griechenland wird folgen.
Nachkäufe nutzen
Entsprechend würde ich tendenziell diese Situation für
Nachkäufe nutzen, allerdings recht niedrige Kaufkurse nutzen.
Ich habe unser Portfolio nochmals nach Kaufkandidaten
durchforstet, hier meine Favoriten mit Wunschkursen. Ich habe
dabei explizit nun nicht auf die bestehende Positionsgröße
geachtet, damit Sie unabhängig davon entscheiden können, welche
Positionen Sie sich ins Portfolio holen.
Die Kaufempfehlung für Hypoport vom Freitag bleibt bestehen,
ich würde allerdings auf Kurse unter 25 Euro warten.
Das spekulative Portfolio würde ich in der aktuellen Situation
nicht aufstocken, die Situation ist zu chaotisch.
Aus dem Wachstumsportfolio gefällt mir SAP unter 58 Euro. Bei
BB Biotech würde ich auf Kurse unter 260 Euro warten. Sollte
Manz nochmals unter 60 euro geprügelt werden, würde ich auch
das als Kaufkurse sehen.
Im Dividendenportfolio würde ich mich über ProSiebenSat.1 Media
Kurse unter 42 Euro freuen. Die Österreichische Post ist in
meinen Augen ab 37 Euro attraktiv. Portucel würde ich um 3,25
Euro als Geschenk betrachten.
Mal schauen, ob die Südzucker-Anleihe im Rahmen dieser
Turbulenzen über 92% steigt, dort würde ich unsere Position
verkleinern oder auflösen.
Was ist mit dem Goldpreis?
Es überrascht mich, dass der Goldpreis überhaupt nicht auf
diese Turbulenzen reagiert. Eine Erklärung dafür habe ich
nicht, haben Sie eine Idee?