Österreichische Post: DHL erobert Österreich

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 04.09.2015
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Wie vor einer Woche bereits geschrieben gab es Ende August die Meldung seitens der Deutschen Post, den Paketdienst DHL auf Österreich auszuweiten. Das ist für die Ö-Post ein Schlag in den Nacken, da ein Großteil des Paketaufkommens durch die grenzüberschreitenden Lieferungen von Amazon-Bestellungen aus deutschen Lieferzentren gestellt wird.


Zahlen der Ö-Post

In einem Internet-Forum wurde schnell die Zahl von 60% des Paketaufkommens genannt, das die Ö-Post durch die Paketübergabe an der deutschen Grenze generiere, wobei im Ö-Postkonzern das Paketgeschäft für 37% des Umsatzes verantwortlich sei. Entsprechend stünden 60% von 37% des Konzernumsatzes, also 22%, auf wackeligen Füßen und könnten weg brechen. 22% von 2,4 Mrd. Euro Jahresumsatz sind 528 Mio. Euro. Bei einer EBIT-Marge von 5% wären das 26,4 Mio. Euro weniger Gewinn im Jahr 2016. Bei einem KGV von 14 müssten wir demzufolge 26,4 x 14 = 369 Mio. Euro von der Marktkapitalisierung abschneiden. 

Im Rahmen des Ausverkaufs in Folge dieser Meldung sowie vor dem Hintergrund des gleichzeitig erfolgten weltweiten Aktiencrashs hat die Ö-Post 471 Mio. Euro Marktkapitalisierung verloren. Also ein wenig mehr als rechnerisch gerechtfertigt. Ich habe die Ö-Post angerufen und diese Rechnung vorgestellt. Die IR-Abteilung gab mir einige interessante Details bekannt. 

Markteintritt von DHL setzt Preis unter Druck

Der Markteintritt von DHL auf dem österreichischen Paketmarkt sei natürlich eine schwerwiegende Wettbewerbsverschärfung, die einen heftigen Preiswettbewerb sowie Investitionen in den Ausbau der Dienstleistungen zur Folge haben werde. Doch die Ziffer "60%", die in einem Forum kommuniziert wurde, sich aber kaum verifizieren lässt, stimme nicht. Die Vertragsbeziehungen seien viel komplexer. So säße man jährlich mit Amazon, Otto und Zalando, also den größten Online-Händlern mit Vertriebszentren in Deutschland, von denen aus die österreichischen Kunden bedient werden, zu Vertragsverhandlungen zusammen - gemeinsam mit DHL. Von einem heftigen Wettbewerb zu sprechen sei also falsch, vielmehr habe man sich bislang immer kollegial darum bemüht, das Wachstum im Paketaufkommen durch den Online-Handel partnerschaftlich zu lösen. Es sei also kaum davon auszugehen, dass von heute auf morgen DHL die gesamte Abwicklung für Österreich im Alleingang vornehmen werde. 

Zudem seien die Vertragsbeziehungen komplexer, künftig könne die Ö-Post beispielsweise Vertragspartner für Amazons österreichische Kunden sein und DHL als Subunternehmer für den Transport bis zur Grenze beauftragen. Die Mitarbeiterin der IR-Abteilung gab jedoch zu, dass DHL wohl die bessere Verhandlungsposition gegenüber Amazon habe, denn DHL könne einen Preis für viele europäische Länder aushandeln, die Ö-Post könne nur das Österreich-Geschäft verhandeln. 

Zum Abschluss teilte sie mir mit, dass zwei Analysten von einem Gewinnrückgang von 5-15 Mio. Euro ausgingen, was im Konzern der Ö-Post für eine realistische, wenn auch große, Spanne gehalten würde. 

15 Mio. Euro Gewinneinbruch x KGV von 14 würde zu einer Kürzung der Marktkapitalisierung von 210 Mio. Euro führen. Damit wäre der Ausverkauf deutlich zu heftig gewesen, die Aktie müsste sich eher in Richtung 37,50 Euro erholen (aktuell 33,83 Euro). 

Fazit:


Diese überraschende Wendung zeigt, dass die Deutsche Post nicht ohne Grund höher bewertet ist als die Ö-Post. Die Wettbewerbssituation der Deutschen Post ist besser, der Entscheidung über den Markteintritt in Österreich hat die Ö-Post nichts entgegenzusetzen. Natürlich wird ein solcher Markteintritt von Wettbewerbshütern kritisch begleitet und im Zweifel wird DHL den Preiswettbewerb nicht so heftig führen können, wie es eine schnelle Markteroberung erfordern würde. Doch als einziger Vertragspartner von Amazon, Otto, Zalando und anderen Online-Händler hat Amazon die besseren Karten, ungeachtet des Preises. 

Unser Ausflug nach Österreich war also nicht besonders erfolgreich. Der Ausverkauf war zwar übertrieben, doch die schwache Wettbewerbsposition lässt mich daran zweifeln, ob die hohe Dividende noch auf Jahre so aufrecht erhalten bleiben kann. Ich würde mich daher von dieser Position im Falle einer Gegenbewegung langsam verabschieden. 

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