Obamas Schwenk zur politischen Mitte ist für ihn und sein Land eine echte Chance, den Motor wieder zum Laufen zu bringen

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 27.01.2011
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Frankfurter Börsenbrief

Es geht nicht um kosmetische Maßnahmen, sondern darum, die historische Stärke der Amerikaner zu reaktivieren und sich somit neu zu erfinden. In den ersten beiden Jahren seiner Amtszeit hat Barack Obama zu wenig Brücken gebaut zur Wirtschaft sowie auch zur politischen Gegenseite und nicht zuletzt auch gegenüber den Medien. Die jüngste „State of the Union“-Rede ist ein wichtiger Wendepunkt - zu einem sowohl politisch als auch finanzwirtschaftlich wichtigen Zeitpunkt. Dass man beispielsweise Jeffrey Immelt (CEO von General Electric) mit ins Beraterteam holte, zeigt auf, dass die neue Linie ein Dialog mit der Wirtschaft ist. Die Amerikaner sind pragmatisch genug, um die Wende auch parteiübergreifend voranzutreiben. Geschichte wiederholt sich bekanntlich nicht, aber es gibt doch die vielzitierten Reime im historischen Rahmen.


Wird sich 2011 auf die Geschichte reimen? Das dritte Jahr in der ersten Amtszeit eines US-Präsidenten ist traditionell ein starkes Jahr (s. Chart). Im Zeitraum von 1955 bis 2003 war kein einziges drittes Amtsjahr in der ersten Amtsperiode unter den 9 US-Präsidenten ein negatives Jahr für den S&P 500. Im Schnitt legte der Index um 21,34 % zu, im besten Fall waren es 34,11, selbst im schlechtesten Fall immerhin noch 10,79 %. Die ersten Börsenwochen 2011 passen exakt in diesen historischen Rahmen. Reimt sich 2011 auf die Geschichte, dann steht der S&P 500 per Jahresende bei 1.257 Punkten. Dieses Ziel wird nicht nur mit Fakten, sondern in besonderer Weise mit Stimmung erzielt. Der wichtigste Stimmungsfaktor ist und bleibt der Arbeitsmarkt. Vorrangiges Ziel und die wichtigste Entscheidungsgröße für Obamas Wiederwahl-Chancen für 2012 ist der Arbeitsmarkt. Seit Beginn der jüngsten Rezession wurden 15 Mio. Stellen abgebaut. Im letzten Jahr wurden zwar wieder 1,1 Mio. Stellen geschaffen, doch auch damit ist die Arbeitslosenquote (zuletzt 9,4 %) zu hoch. Staatliche Einmal-Programme bringen hier wenig. Vielmehr geht es darum, der Wirtschaft Anreize zu bieten, um neue Stellen nicht rund um den Globus sondern auf dem heimischen Markt zu schaffen. Eine kritische Größe hierfür ist die Unternehmensbesteuerung. Die Unternehmenssteuer in den USA liegt um 9 %-Punkte oberhalb des Durchschnitts im Kreis der G20-Länder. Eine Reduzierung der Besteuerung bei gleichzeitiger Abschaffung von Steuer-Schlupflöchern dürfte das wichtigste Signal für Investitionen innerhalb der USA werden, sowohl von US-Unternehmen als auch von ausländischen Tochtergesellschaften. Würde man hierzu einen sog. „Tax-Holiday“ ergänzen, dann wäre dies ein immens wichtiger Turbo. US-Unternehmen horten teilweise extreme Mittelbestände im Ausland, um sie der US-amerikanischen Besteuerung zu entziehen. Nach einem entsprechenden Manöver (2004) flossen etwa 300 bis 350 Mrd. Dollar innerhalb von wenigen Monaten zurück - übrigens mit entsprechender Wirkung für den handelsgewichteten Dollar (+ 6 %). Gleichzeitig muss der Boden gelegt werden für einen neuen Effizienzschub der US-Wirtschaft. Ein Schlüsselfaktor dafür sind Innovationen, die wiederum die Folge einer umfassenden und optimierten Bildungspolitik sind. In einer Wissensgesellschaft ist technologisches Know-how einer der wichtigsten Produktionsfaktoren - und damit auch ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten wie China, Indien oder auch Südkorea. Dazu gehört auch eine Verbesserung der Infrastruktur, seien es Asphalt - oder seien es Datenstraßen.
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