Kaufsignal ante Portas
Nach dem für die meisten Anleger verkorksten Börsenjahr 2011 (im Durchschnitt fielen die fünfzig wichtigsten internationalen Indizes im Jahresverlauf um 15%) dürfte das neue Börsenjahr 2012 wohl von der Mehrheit der Börsianer mit einer gehörigen Skepsis empfangen worden sein. Ich gebe zu, auch zu dieser Gruppe gehört zu haben.
Da aber die Börse immer wieder für Überraschungen gut ist, wurden wir auch dieses Mal wieder eines Besseren belehrt. Der Januar erweist sich bisher als ein erstaunlich guter Börsenmonat und dürfte wohl mit einem schönen Plus abschließen. Denn bis jetzt liegt der durchschnittliche Gewinn der Börsenindizes rund um den Globus seit Jahresbeginn bei 6,7%! Dabei können immerhin 14 der 50 hier regelmäßig beobachteten Indizes sogar ein zweistelliges Kursplus aufweisen. Allen voran die Börsen Buenos Aires (+19%), Moskau (+15,8%) und Warschau (+14,5%). Aber auch die deutschen Aktienindizes gehören dazu: Der MDAX gewann 12,1% hinzu und der DAX schaffte bisher ein Plus von 10,9%.
In meiner letzten Kolumne Mitte Dezember (s. „Wie Sie Verluste vermeiden“) schrieb ich, dass wir uns im Börsenstadium einer Bärenmarkt-Rally befinden. Dies hat sich inzwischen geändert.
Der Aktienklima-Indikator verdeutlicht Ihnen, in welcher Börsenphase wir uns gerade befinden (Abbildung 1).
Dabei wird die Schwungkraft der wichtigsten internationalen Indizes miteinander vergleichbar gemacht, ein Durchschnitt gebildet und dieser Durchschnitt in der Grafik als Momentumkurve abgebildet. Um Fehlsignale dieses Indikators zu minimieren, wird noch eine Glättung dieses Indikators in die Berechnung eingebunden. Dieser gilt als eigentlicher Signalgeber. Je nach Lage des Indikators und seines gleitenden Durchschnitts über oder unter ihrem Schwellenwert (1,0), wird die allgemeine Verfassung der Börsen durch entsprechende Farbzuweisungen visuell hervorgehoben.
Das letzte Signal war Ende Juni 2011 das allgemeine Verkaufssignal für Aktien (Beginn der dunkelroten Phase). Anfang August ging es dann auch an den Börsen richtig zur Sache, wie viele leidvoll erfahren mussten.
Lag der Indikator nun Mitte Dezember noch deutlich unter dem Schwellenwert im Terrain eines „weltweit ungünstigen Aktienklimas“, so ist er inzwischen über den Schwellenwert gestiegen (hellgrüne Phase). Damit befinden wir uns seit einigen Tagen nicht mehr in der Bärenmarkt-Rally, sondern im Stadium einer allgemeinen Erholung an den Börsen weltweit.
Sollte der Schwung an den Märkten in diesem Maße anhalten wie wir es in den vergangenen Wochen erlebt haben, würde der maßgebliche gleitende Durchschnitt in ca. 2 – 3 Wochen ebenfalls über den Schwellenwert steigen. Das wäre dann der Beginn einer allgemeinen Hausse-Phase an den internationalen Börsen und gleichzeitig das nächste Kaufsignal (dunkelgrüne Phase).
Auch der Global Market-Indikator konnte zuletzt das erste Mal seit Ende April 2011 wieder in eine grüne Zone vordringen (Abbildung 2). Dieser Indikator verdeutlicht über ein System von Ampelfarben die technische Verfassung über 1.000 deutscher und internationaler Aktien. Auf diese Weise können Sie als Anleger erkennen, wann Sie an der Börse Gas geben (grün) und wann Sie eher auf die Bremse treten sollten (rot). Er ist außerdem der einzige Indikator, der auch einen Vorschlag zur Investitionsquote macht. Demnach könnte man also jetzt leicht Gas geben und mit ersten vorsichtigen Käufen beginnen.
Eine weitere Möglichkeit, sich ein Bild über die Verfassung der globalen Aktienmärkte zu machen, ist die Beobachtung ihrer gleitenden Durchschnitte (GDs). Steigen sie oder fallen sie eher? Dieses Verhältnis steigender und fallender GDs zueinander sehen Sie für die fünfzig wichtigsten Indizes in der Abbildung 3.
Hierbei werden drei Zeiträume berücksichtigt: Kurzfristige Tendenz (40-Tage-GDs), mittelfristige Tendenz (90-Tage-GDs) und langfristige Tendenz (200-Tage-GDs).
Hier ist klar zu erkennen, dass sowohl in der kurz- als auch in der mittelfristigen Tendenz die Anzahl der steigenden GDs die der fallenden inzwischen deutlich übertrifft (mittlere Balken). Nur bei den (langfristigen) 200-Tage-Linien gibt es noch einen Überhang der fallenden gleitenden Durchschnitte. Vorsichtige Anleger können noch warten, bis sich auch hier eine Verschiebung zu einer allgemein positiven Tendenz ergeben hat. Dies gilt auch für die Gold- und Todeskreuze. Hier liegen noch immer weitaus mehr Todes- als Goldkreuze vor (rechter Balken). Das bedeutet, dass viele kurzfristige GDs noch unter ihren langfristigen GDs tendieren.
Fazit:
Wie der Januar, so das ganze Jahr, sagt ein bekanntes Börsensprichwort. Sollten wir also tatsächlich wider Erwarten vor einem guten Börsenjahr 2012 stehen?
Auch wenn viele noch ungläubig der aktuellen Börsentendenz zuschauen und einem Kaufsignal im gegenwärtigen nachrichtlichen Umfeld skeptisch gegenüberstehen, zeigen die Börsen eine klare Tendenz zum Besseren. Und die hier vorgestellte Methode richtet sich nur nach dem, was die Börsen für Signale geben und nicht danach, was Analysten und Börsenexperten meinen, denken oder fühlen.
Dass schlechte Nachrichten (s. Herabstufung der Bonität etlicher europäischer Länder seitens Standard & Poors vor einigen Tagen) allenfalls noch zur Kenntnis genommen werden, aber nicht mehr zu stärkeren Kurseinbrüchen führen, spricht für die aktuell robuste Verfassung der Börsen. Außerdem scheint hinsichtlich derartiger Nachrichten inzwischen ein Gewöhnungseffekt eingetreten zu sein, der keine oder kaum noch Überraschungen mehr in sich birgt.
Die Börsen gehen also zur Tagesordnung über. Es könnte somit also gut sein, dass wir aus unserem Musterdepot (s. Grafik in der letzten Kolumne) die Ende Juni gekauften Geldmarktfonds-Anteile verkaufen und das Depot wieder mit Aktien bestücken werden. Vielleicht schon im Februar. Trotzdem wollen wir dieses Signal der Stärke durch den Aktienklima-Indikator erst noch abwarten. Denn sicher ist es noch nicht, aber auf einem guten Weg dahin sind wir allemal.
Mehr Informationen zur Strategie von Ralf Goerke finden Sie unter: www.momentumstrategie.de.