K+S: Ein Getriebener

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 28.10.2014
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

K+S ist ein Getriebener. Ein Getriebener von Währungsentwicklungen, von Wettbewerbszankereien und von Wetterschwankungen. Diese drei „Ws" machen eine Beurteilung des Wertes von K+S sehr schwer, wobei die jüngsten Entwicklungen vermehrt negativ waren und den Kurs auf ein niedriges Niveau gedrückt haben. Tendenziell ist also nunmehr die Chance für positive Überraschungen größer.


SAISONALE ROHSTOFFE

K+S steht für Kalium und Salz. Im Sommer ist Kalium ein universales Düngemittel. Im Winter streuen wir mit Salz unsere Straßen. Dabei hat sich das Unternehmen in den vergangenen Jahren in den DAX vorgearbeitet. Durch Übernahmen in den USA und Kanada ist K+S inzwischen der weltweit größte Salzhersteller und auf dem Düngemittelsektor regional gut diversifiziert.

Doch K+S ist ein Rohstoffunternehmen. Und als solches kann es die Produktionskosten beeinflussen, Nachfrage und Absatzpreis jedoch werden auf dem Weltmarkt gebildet.

Immerhin ist die Produktpalette in den vergangenen Jahren deutlich spezialisierter und gleichzeitig breiter geworden. Als Düngemittelzusatz wird auch Magnesium angeboten. Natronlauge, Salpetersäure und Natriumkarbonat werden für die Chemie- und Pharmabranche angeboten. Doch der Umsatz mit diesen Produkten ist nicht groß genug, um die Schwankungen beim Salz und Kalium auszugleichen.


STRATEGIE ALS ZAHLENSPIEL

Der Geschäftserfolg von K+S hängt natürlich, wie bei jedem Unternehmen, maßgeblich vom Management ab. Mit CEO Norbert Steiner hat K+S einen erfahrenen Chef, der jedoch als gelernter Jurist aus der Finanzschiene kommt. Neue Produktinnovationen dürfen wir von ihm nicht erwarten, eher schon langfristig gut kalkulierte Investitionen unter Abwägung aller Risiken.

So hat K+S 2009 Morton Salt aus den USA übernommen und avancierte damit zum weltgrößten Salzhersteller. 2010 wurde ein Kalium-Projekt in Kanada gestartet, in das seither Investitionen in Milliardenhöhe geflossen sind. Erste Erträge werden für das kommende Jahr erwartet.

Da hat CEO Steiner seine juristischen Kenntnisse für eine gute Vertragsgestaltung eingesetzt. Zudem kann er langfristige Trends, in denen saisonale Schwankungen herausgerechnet werden, perfekt in eine Investitionsrechnung übertragen. Mehr vom Gleichen. Marktkonsolidierung. Gutes Kostenmanagement führt in diesem Bereich langfristig zu gleichbleibenden Gewinnmargen.

Wie bitte? Gleichbleibend? Ja. Denn von der Konkurrenz absetzen kann man sich langfristig nicht durch ein besseres Kostenmanagement sondern durch Innovationen. Und die sehe ich bei K+S nicht.


SKLAVE DES WETTERS

Somit ist K+S ein Sklave der Märkte. Gibt es einen strengen Winter, in dem viel Salz auf die Straßen geworfen wird, dann hat K+S ein gutes Winterhalbjahr. Im vergangenen Winter hatten wir hier in Europa einen der wärmsten Winter aller Zeiten, in vielen Regionen fiel kein einziges Schneeflöckchen Weißröckchen. Doch durch die Diversifizierung in die USA konnte K+S dennoch von dem dort umso härter ausgefallenen Winter profitieren. Vielleicht ist es im nun anstehenden Winter umgekehrt. Verlässlich prognostizieren kann das niemand.

Ganz ähnlich sieht es beim Düngemittel aus. Im einen Jahr gibt es Missernten, die Getreidepreise schießen in den Himmel und diejenigen Bauern, die Glück mit dem Wetter hatten und viel verkaufen können, verdienen sich eine goldene Nase. Im kommenden Sommer werden sie einen Teil ihres Gewinns in Düngemittel stecken, um ihren Marktanteil möglichst zu erhalten. Der Düngemittelabsatz steigt. Kommt dann jedoch eine reiche Ernte herein, dann fällt der Getreidepreis und die Gewinnmargen für die Bauern sinken. Ohne finanziellen Spielraum werden viele Bauern versuchen, ihre Ernte so gut wie möglich ohne teure Düngemittel aufzuziehen.

Dieses Jahr sind die Agrarpreise am Boden, Bauern werden in der kommenden Saison kaum Düngemittel kaufen. Steigende Agrarpreise führen erst mit einer Verzögerung zu höheren Düngemittelabsätzen. Hier lässt sich also immerhin eine Prognose für das kommende Jahr erstellen. Doch diese Prognose ist derzeit nicht gerade schön.


SKLAVE DER MÄRKTE

Im Sommer 2013 haben sich Uralikali aus Russland und Belaruskali aus Weißrussland zerstritten. Diese beiden Kali-Produzenten beherrschen den Weltmarkt für Kali-Dünger und bestimmen mittelbar den Absatzpreis. Im Rahmen des Streits wurden Preisvereinbarungen aufgebrochen, der Kali-Preis fiel in den Keller, und bei K+S brach der Gewinn entsprechend ein.

Ich habe zwar keine entsprechende Studie gelesen, die einen Zusammenhang belegen kann, doch es würde mich nicht wundern, wenn der damals so niedrige Kali-Preis zu einem stärkeren Düngemitteleinsatz führte, was reiche Ernten zur Folge hatte und somit heute zu niedrigen Agrarpreisen führt.

Uralikali drohte damals den Kali-Preis so niedrig zu setzen und so viel Kalium zu produzieren, dass eine Marktbereinigung erfolgen würde, der Analysen zufolge aufgrund der hohen Herstellungskosten von K+S auch unser DAX-Unternehmen hätte zum Opfer fallen können. Doch inzwischen gibt es mehrere Meldungen, dass gerade Uralikali wieder Preiserhöhungen vereinbart, um die eigene Gewinnmarge aufzubessern. Der ruinöse Preiskampf scheint also bereits beendet zu sein, wenngleich die schöne alte Welt der vereinbarten hohen Preise so schnell nicht zurückkommen dürfte.


RÜCKENWIND VON WÄHRUNGEN

Als Rohstoffproduzent mit Sitz und Schwerpunkt in Deutschland verfügt K+S nicht über die günstigsten Kostenstrukturen. Um so mehr ist es für das Unternehmen wichtig, im Inland produzierte Waren im Ausland hochpreisig zu verkaufen. Und dabei hilft natürlich der Wechselkurs. Ein hoher Euro macht die Herstellung teuer und führt zu geringen Einnahmen im Ausland.

Der Euro-Absturz seit diesem Mai von 1,39 auf 1,25 USD/EUR hingegen lässt für die zweite Jahreshälfte einen Wechselkursgewinn erwarten. Die im Ausland eingenommenen US-Dollar sind nämlich nun mehr Euro wert, was sich vorteilhaft auf den Gewinn auswirkt.


BILANZ LEIDET UNTER INVESTITIONEN

Die Investitionen in Kanada hinterlassen deutliche Spuren in der Bilanz von K+S. Betrugen die Nettoverbindlichkeiten Ende 2013 noch gerade einmal 388 Mio. Euro, so steigen sie bis Ende 2015 Analystenschätzungen zufolge auf 1,64 Mrd. Euro an. Bei 3,8 Mrd. Euro Jahresumsatz ist das eine stolze Summe. Da gibt es nicht mehr viel Spielraum für Fehler.

Wie eingangs ausgeführt: Ich bin sicher, dass sich die Investition langfristig auszahlen wird. CEO Steiner hat den Konzern in den DAX geführt und bislang mit seinen nunmehr 70 Lenzen durchaus eine gute Bilanz abgeliefert. Doch kurzfristige Verwerfungen wie der Streit zwischen Uralikali und Belarus, wie die Wechselkursentwicklung oder einfach nur das Wetter können dem Konzern auch mal mehrere Saisons hintereinander zu schaffen machen. Und in einem solchen Fall ist die finanzielle Decke von K+S inzwischen recht dünn.

Auf der anderen Seite weiß sich CEO Steiner offensichtlich nicht anders zu helfen als durch Investitionen zu wachsen. Investitionen in mehr von demselben. Wer mit ihm aushält, der wird langfristig eine ordentliche Rendite auf sein Investment erhalten. Doch es könnte sein, dass Sie kurzfristig starke Nerven benötigen.


SONDERBELASTUNG SALZ-ABWASSERENTSORGUNG HESSEN

Ein weiterer Sondereffekt war der Streit um die Entsorgung des Salzabwassers mit der Regierung Hessens. Es wurde Anfang Oktober eine Einigung gefunden, die für K+S eine Investition in Höhe von 400 Mio. Euro bedeutet. Streit beigelegt, Geld futsch.

Es sind diese Ereignisse, die Rohstoffunternehmen immer wieder die Bilanz verhageln. Auch hier wird Investoren viel Geduld abverlangt.


WENN ALLES GUT GEHT

Wenn einmal nichts Negatives passiert, wenn sich der Kali-Preis stabilisiert und wir beispielsweise einen kalten Winter haben, dann schießt der Gewinn von K+S natürlich in die Höhe. Erinnern Sie sich an den strengen Winter 2010 / 2011? Im Jahr 2011 erzielte K+S einen Rekordgewinn von 3,27 Euro je Aktie. Auf dem Niveau betrüge das KGV zum aktuellen Kurs nur 6,7.

In den kommenden Jahren wird K+S das kanadische Kalium auf den Markt bringen und den Absatz deutlich ausweiten. Trotz des niedrigeren Preisniveaus wird mit einem leichten Umsatzanstieg gerechnet. Erholt sich der Kali-Preis weiter, wie es sich derzeit abzeichnet, dann wird auch die Umsatz- und Gewinnplanung des Unternehmens wieder nach oben schnellen.

Zudem exportiert K+S inzwischen vermehrt nach Brasilien, einem vermeintlichen Wachstumsland, das zumindest von der Ukraine-Krise unberührt ist. Doch auch in Südamerika gibt es derzeit Probleme, linke politische Kräfte grätschen vielen Unternehmen in den Lauf. Es ist also auch dort nicht alles Gold was glänzt.


BEWERTUNG SEHR SCHWER

Mit diesen externen Ungewissheiten ist es sehr schwer, eine faire Bewertung zu ermitteln. Das KGV auf der Grundlage der in meinen Augen konservativen Unternehmensprognose dürfte 2015 auf 13 ansteigen (rückläufiger Gewinn). Immerhin stellt das Unternehmen eine Dividendenrendite von 1,7% in Aussicht.

Ich halte das Kursniveau für angemessen. Insbesondere vor dem Hintergrund der starken Kostensenkungsmaßnahmen des Konzerns dürften die Prognosen auch bei einem milden Winter erreicht werden. Das Überraschungsmoment liegt bei K+S auf der positiven Seite.


FAZIT

Trotz der vielfältigen Marktrisiken (Wettbewerb, Währungen, Wetter, Umweltprobleme) sehe ich derzeit die Aktie am Boden einer Korrekturwelle angelangt. Der Ausverkauf im Rahmen der Oktoberkorrektur führte den Kurs unter 20 Euro, inzwischen konnte sich die Aktie wieder an 22 Euro heranarbeiten. Solange nichts Schlimmes passiert, dürfte die Aktie in meinen Augen bis 24 Euro weiter steigen.

Sollte gar etwas Gutes passieren, wie beispielsweise ein strenger Winter, so hat die Aktie auch Luft in Richtung 30 Euro. Ich würde eine solche Rallye jedoch nutzen, um die Position aufzulösen. Es gibt langfristig nervenschonendere Unternehmen mit attraktiveren Dividenden.
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