J.P.MORGANS PEINLICHE SCHLAPPE

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 11.05.2012
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Seit Jahren brodelt die Auseinandersetzung zwischen den Banken und den Regulierungsbehörden darüber, ob Banken riskante Geschäfte auf eigene Rechnung machen dürfen oder nicht. Stark vereinfacht gesagt ist die Frage, ob Banken allein als Knotenpunkt für die Geschäftsinteressen ihrer Kunden fungieren, oder ob sie von Marktungleichgewichten einen Vorteil ziehen dürfen.


 

Meine Meinung dazu kennen Sie: Banken sind ein Knotenpunkt.

„Geld“ ist kein besonders wertvolles Produkt, sondern eine

Verrechnungseinheit. Die Bank missbraucht in meinen Augen die

Vertrauensposition gegenüber ihrem Kunden, wenn sie die ihr zur

Verfügung stehenden zusätzlichen Informationen nicht an ihren

Kunden weiterreicht, sondern versucht, sie zum eigenen Vorteil

zu nutzen.

 

So sieht es auch Paul Volcker, der ehemalige Präsident der US-

Notenbank Fed, der nach der Finanzkrise 2007 / 2008 seine

„Volcker-Rule“ durch die Parlamente peitschte, die den

Eigenhandel der Banken stark einschränkt. Die Volcker-Rule wird

dieses Jahr eingeführt, und deren Einhaltung wird ab Mitte 2014

durch die Regulierungsbehörden kontrolliert.

 

Selbst nach der Finanzkrise 2007 / 2008 machen sich die

Bankenchefs über diese Regel noch immer lustig. Klar, wer sich

verspekuliert, der hat etwas falsch gemacht. Wir erinnern uns

an den Trader der Société Générale, der „eigenmächtig“ zu hohe

Risiken eingegangen ist und letztlich auf dem falschen Fuß

erwischt wurde. 4,9 Mrd. Euro hat der Spaß 2008 gekostet.

 

Die UBS verzockte erst Ende letzten Jahres 2 Mrd. Euro. Es

kommt also in den besten Familien vor.

 

Einzig unangetastet blieb bislang der Brancheprimus J.P.

Morgan. Die amerikanische Investmentbank hat die Finanzkrise

unter der Leitung ihres CEOs Jamie Dimon bravourös gemeistert

und in den vergangenen Jahren kräftig Marktanteile

hinzugewonnen. Aus dieser Position heraus war Jamie Dimon der

Wortführer der Banker gegen die Volcker-Rule, die in seinen

Augen die Innovationskraft für neue Finanzprodukte zum Wohle

der Kunden bremsen würde.

 

Nun, gestern Abend hat nun auch Jamie Dimon den Verlust von 2

Mrd. USD aus eigenen Risikopositionen zu vermelden gehabt.  In

einer Pressekonferenz zu diesem Verlust wurde offensichtlich,

dass Dimon keinen Schimmer darüber hatte, wie das passieren

konnte. Es ist natürlich bekannt, dass ein französisch-

stämmiger Händler in London mit toxischen Derivaten die

Verluste herbeigeführt hat, vermutlich auch mit den viel

zitierten Kreditausfallversicherungen, doch warum die

Kontrollsysteme und Absicherungsstrategien nicht

funktionierten, ist Jamie Dimon unerklärlich.

 

Nun sind 2 Mrd. USD für J.P. Morgan mit den Worten von Hilmar

Kopper nichts weiter als „Peanuts“, doch die zugrunde liegende

Position, die diesen Verlust verursacht hatte, lag im

dreistelligen Milliardenbereich, und das ist schon eine

Hausnummer, die sich auch mal ein Jamie Dimon anschauen sollte.

Schlimmer als die verlorenen 2 Mrd. USD ist jedoch der

Vertrauensverlust.

 

Seit der Finanzkrise beteuern sämtliche Banken wieder und

wieder, dass sie diese Art von Eigenhandel nicht mehr

betreiben. Auch Jamie Dimon ließ mehrfach verlauten, dass man

lediglich die Kundenpositionen durch entsprechende

Gegenpositionen absichere und höchstens ein klein wenig um die

Position herum handele (trading around the position). Doch

diese Praxis kann niemals so hohe Verluste erzeugen. Also hat

Dimon entweder gelogen oder er wusste tatsächlich nicht, was in

seinem Unternehmen abgeht. Beides ist schlimm.

 

Schlimm nicht nur für J.P. Morgan, sondern schlimm auch für die

gesamte Bankenwelt, deren Beteuerungen, keinen nennenswerten

Eigenhandel mehr zu betreiben, nun nicht mehr geglaubt werden

können.

 

Zu einem Zeitpunkt, da die Unsicherheit über die Euro-

Schuldenkrise wieder zunimmt und erste Zweifel am Aufschwung

und der Konjunkturerholung aufkommen, ist dieser faux pas ein

gefundenes Fressen für die Bären und dürfte auf die

Börsenstimmung schlagen.

 

Schauen wir einmal, wie sich die einzelnen Indizes diese Woche

entwickelt haben:

 

 

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

 

INDIZES               10.05.12 DIFF

Dow Jones              12.855      -2,7%

DAX                     6.518      -2,6%

Nikkei                  8.953      -4,6%

Euro/US-Dollar          1,292      -1,7%

Euro/Yen              103,015      -2,2%

10-Jahres-US-Anleihe     1,88%      0,0

Umlaufrendite Dt         1,25%     -0,1

Feinunze Gold USD   $1.580,45      -3,2%

Fass Brent Öl USD     $111,65      -3,7%

Kupfer in US$/to        8.008      -2,9%

Baltic Dry Shipping I   1.146      -1,0%

 

Am Wochenende wurde gewählt: In Frankreich wird nun der

Sozialist Hollande das Ruder übernehmen. In Griechenland ringt

man noch immer um eine Regierungsbildung, um Neuwahlen zu

verhindern.

 

Hollande wird das europäische Projekt nicht gefährden, zu sehr

ist den Franzosen die Diplomatie auf die Brust geschrieben.

Doch Hollande hat die Wahl gewonnen, weil er dem Spardiktat

Deutschlands einen Gegenpol zu bilden versprach. So leicht wird

er sich also nicht abspeisen lassen, und Angela Merkel wird

sich etwas Gutes ausdenken müssen, damit er sein Gesicht wahren

kann. Puff, da sind sie dahin, die zusätzlichen

Steuermilliarden, die gestern vermeldet wurden. Schade.

 

Es ist wichtig, dass die zwei Schwergewichte Frankreich und

Deutschland keinen offenen Streit austragen. Ein falsches Wort,

und die Märkte tauchen ab.

 

Griechenland hingegen ist nach Meinung der Politiker inzwischen

keine Gefahr mehr für Europa. Einen Austritt aus der EU würde

man verkraften, tönt es allerorten. An den Finanzmärkten sieht

man das anders, denn die Banktitel bewegen sich in den letzten

Tagen entsprechend der Verhandlungsfortschritte oder –

misserfolge bei der griechischen Regierungsbildung.

 

Ich habe es schon am Montag im Update geschrieben: Die

Geldpolitik in Europa wird sich in Folge dieser Wahlausgänge

weiter lockern, bereiten Sie sich auf höhere Inflationsraten

vor. Nein, keine Angst, „höhere Inflationsraten“ heißt nicht

gleich „Hyperinflation wie 1923“! Es heißt lediglich, dass die

Inflationsrate von unter 2% auf leicht darüber steigen dürfte,

vielleicht bis auf 3%.

 

Der DAX ist in Folge der Wahlergebnisse unter seine

Handelsspanne von 6.500 bis 6.850 Punkte gerutscht und droht

damit nun auf 6.200 Punkte abzutauchen. Ich glaube nicht, dass

wir bei 6.382 Punkten am Mittwoch bereits das Tief dieser

Korrektur gesehen haben und würde mich daher mit Käufen

weiterhin zurückhalten.

 

Wir haben in unserem Portfolio die Bar-Quote auf nahezu 30%

hochgefahren und sind bereit, in einen erneuten Ausverkauf

hinein das Geld zum Arbeiten zu schicken.

 

 

Schauen wir einmal, wie sich die Stimmung unter Anlegern und

Analysten entwickelt:

 

 

SENTIMENTDATEN STARK SCHWANKEND

 

Analysten

Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen):

 

Kaufen / Verkaufen

20.04.- 27.04. (276): 46% / 15%

27.04.- 04.05. (198): 46% / 13%

04.05.- 11.05. (156): 52% / 11%

 

Kaufempfehlungen der Analysten

K+S, Hochtief, Par Pharmaceutical Cies

 

Verkaufsempfehlungen der Analysten

Südzucker, Gamesa, Beiersdorf

 

Privatanleger

17. KW: 55% Bullen (171 Stimmen)

18. KW: 65% Bullen (166 Stimmen)

19. KW: 56% Bullen (179 Stimmen)

 

Kaufempfehlungen der Privatanleger

Commerzbank, Fossil, Alcatel-Lucent

 

Verkaufsempfehlungen der Privatanleger

J.P. Morgan, Vertex Pharmaceuticals, EADS

 

Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise

erstellt:

http://www.sharewise.com?heibel

 

 

TOP ANALYTENZIELE

 

Sie wollen wissen, was die Analysten im Einzelnen für Aussagen

treffen und wo sie die größten Chancen sehen? Ich habe für Sie

ab sofort jede Woche eine Übersicht der Analysen mit den

höchsten Kurszielen ausgearbeitet. Die Liste zeigt ganz einfach

an, wo das aktuelle Kursziel des Analysten prozentual am

meisten über dem aktuellen Kurs liegt:

 

Firma    Analyse vom   Kurs   Ziel  Upside

HEIDEL DRUCK 10.05.   1,31€  3,00€ 129,01%

PRIME OFFICE 10.05.   3,47€  6,50€  87,32%

Süss Micro   08.05.   7,09€ 13,00€  83,36%

THYSSENKRUPP 07.05.  16,30€ 28,00€  71,78%

Klöckner &Co 10.05.   8,22€ 14,00€  70,32%

Grammer      09.05.  14,68€ 25,00€  70,30%

TUI AG       10.05.   5,32€  9,00€  69,17%

QSC AG       07.05.   1,72€  2,90€  68,60%

Süss Micro   08.05.   9,53€ 16,00€  67,89%

 

Es handelt sich um Analysen aus dieser Woche. Bitte genießen

Sie diese Übersicht mit Vorsicht. Sie wissen ja, dass häufig

auch ein Eigeninteresse des Analysten für eine rosa Brille

sorgen kann, weshalb Analysteneinschätzungen tendenziell

optimistischer ausfallen als es die Realität anschließend

erlauben würde. Aber die Übersicht gibt einen Eindruck darüber,

wo die Erwartungen mit dem aktuellen Kurs am weitesten

auseinander liegen. Wer letztlich Recht haben wird, der Analyst

oder die Anleger, die den Kurs machen, ist in jedem Einzelfall

individuell zu beurteilen.

Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

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