J.P.MORGANS PEINLICHE SCHLAPPE
Seit Jahren brodelt die Auseinandersetzung zwischen den Banken und den Regulierungsbehörden darüber, ob Banken riskante Geschäfte auf eigene Rechnung machen dürfen oder nicht. Stark vereinfacht gesagt ist die Frage, ob Banken allein als Knotenpunkt für die Geschäftsinteressen ihrer Kunden fungieren, oder ob sie von Marktungleichgewichten einen Vorteil ziehen dürfen.
Meine Meinung dazu kennen Sie: Banken sind ein Knotenpunkt.
„Geld“ ist kein besonders wertvolles Produkt, sondern eine
Verrechnungseinheit. Die Bank missbraucht in meinen Augen die
Vertrauensposition gegenüber ihrem Kunden, wenn sie die ihr zur
Verfügung stehenden zusätzlichen Informationen nicht an ihren
Kunden weiterreicht, sondern versucht, sie zum eigenen Vorteil
zu nutzen.
So sieht es auch Paul Volcker, der ehemalige Präsident der US-
Notenbank Fed, der nach der Finanzkrise 2007 / 2008 seine
„Volcker-Rule“ durch die Parlamente peitschte, die den
Eigenhandel der Banken stark einschränkt. Die Volcker-Rule wird
dieses Jahr eingeführt, und deren Einhaltung wird ab Mitte 2014
durch die Regulierungsbehörden kontrolliert.
Selbst nach der Finanzkrise 2007 / 2008 machen sich die
Bankenchefs über diese Regel noch immer lustig. Klar, wer sich
verspekuliert, der hat etwas falsch gemacht. Wir erinnern uns
an den Trader der Société Générale, der „eigenmächtig“ zu hohe
Risiken eingegangen ist und letztlich auf dem falschen Fuß
erwischt wurde. 4,9 Mrd. Euro hat der Spaß 2008 gekostet.
Die UBS verzockte erst Ende letzten Jahres 2 Mrd. Euro. Es
kommt also in den besten Familien vor.
Einzig unangetastet blieb bislang der Brancheprimus J.P.
Morgan. Die amerikanische Investmentbank hat die Finanzkrise
unter der Leitung ihres CEOs Jamie Dimon bravourös gemeistert
und in den vergangenen Jahren kräftig Marktanteile
hinzugewonnen. Aus dieser Position heraus war Jamie Dimon der
Wortführer der Banker gegen die Volcker-Rule, die in seinen
Augen die Innovationskraft für neue Finanzprodukte zum Wohle
der Kunden bremsen würde.
Nun, gestern Abend hat nun auch Jamie Dimon den Verlust von 2
Mrd. USD aus eigenen Risikopositionen zu vermelden gehabt. In
einer Pressekonferenz zu diesem Verlust wurde offensichtlich,
dass Dimon keinen Schimmer darüber hatte, wie das passieren
konnte. Es ist natürlich bekannt, dass ein französisch-
stämmiger Händler in London mit toxischen Derivaten die
Verluste herbeigeführt hat, vermutlich auch mit den viel
zitierten Kreditausfallversicherungen, doch warum die
Kontrollsysteme und Absicherungsstrategien nicht
funktionierten, ist Jamie Dimon unerklärlich.
Nun sind 2 Mrd. USD für J.P. Morgan mit den Worten von Hilmar
Kopper nichts weiter als „Peanuts“, doch die zugrunde liegende
Position, die diesen Verlust verursacht hatte, lag im
dreistelligen Milliardenbereich, und das ist schon eine
Hausnummer, die sich auch mal ein Jamie Dimon anschauen sollte.
Schlimmer als die verlorenen 2 Mrd. USD ist jedoch der
Vertrauensverlust.
Seit der Finanzkrise beteuern sämtliche Banken wieder und
wieder, dass sie diese Art von Eigenhandel nicht mehr
betreiben. Auch Jamie Dimon ließ mehrfach verlauten, dass man
lediglich die Kundenpositionen durch entsprechende
Gegenpositionen absichere und höchstens ein klein wenig um die
Position herum handele (trading around the position). Doch
diese Praxis kann niemals so hohe Verluste erzeugen. Also hat
Dimon entweder gelogen oder er wusste tatsächlich nicht, was in
seinem Unternehmen abgeht. Beides ist schlimm.
Schlimm nicht nur für J.P. Morgan, sondern schlimm auch für die
gesamte Bankenwelt, deren Beteuerungen, keinen nennenswerten
Eigenhandel mehr zu betreiben, nun nicht mehr geglaubt werden
können.
Zu einem Zeitpunkt, da die Unsicherheit über die Euro-
Schuldenkrise wieder zunimmt und erste Zweifel am Aufschwung
und der Konjunkturerholung aufkommen, ist dieser faux pas ein
gefundenes Fressen für die Bären und dürfte auf die
Börsenstimmung schlagen.
Schauen wir einmal, wie sich die einzelnen Indizes diese Woche
entwickelt haben:
WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES
INDIZES 10.05.12 DIFF
Dow Jones 12.855 -2,7%
DAX 6.518 -2,6%
Nikkei 8.953 -4,6%
Euro/US-Dollar 1,292 -1,7%
Euro/Yen 103,015 -2,2%
10-Jahres-US-Anleihe 1,88% 0,0
Umlaufrendite Dt 1,25% -0,1
Feinunze Gold USD $1.580,45 -3,2%
Fass Brent Öl USD $111,65 -3,7%
Kupfer in US$/to 8.008 -2,9%
Baltic Dry Shipping I 1.146 -1,0%
Am Wochenende wurde gewählt: In Frankreich wird nun der
Sozialist Hollande das Ruder übernehmen. In Griechenland ringt
man noch immer um eine Regierungsbildung, um Neuwahlen zu
verhindern.
Hollande wird das europäische Projekt nicht gefährden, zu sehr
ist den Franzosen die Diplomatie auf die Brust geschrieben.
Doch Hollande hat die Wahl gewonnen, weil er dem Spardiktat
Deutschlands einen Gegenpol zu bilden versprach. So leicht wird
er sich also nicht abspeisen lassen, und Angela Merkel wird
sich etwas Gutes ausdenken müssen, damit er sein Gesicht wahren
kann. Puff, da sind sie dahin, die zusätzlichen
Steuermilliarden, die gestern vermeldet wurden. Schade.
Es ist wichtig, dass die zwei Schwergewichte Frankreich und
Deutschland keinen offenen Streit austragen. Ein falsches Wort,
und die Märkte tauchen ab.
Griechenland hingegen ist nach Meinung der Politiker inzwischen
keine Gefahr mehr für Europa. Einen Austritt aus der EU würde
man verkraften, tönt es allerorten. An den Finanzmärkten sieht
man das anders, denn die Banktitel bewegen sich in den letzten
Tagen entsprechend der Verhandlungsfortschritte oder –
misserfolge bei der griechischen Regierungsbildung.
Ich habe es schon am Montag im Update geschrieben: Die
Geldpolitik in Europa wird sich in Folge dieser Wahlausgänge
weiter lockern, bereiten Sie sich auf höhere Inflationsraten
vor. Nein, keine Angst, „höhere Inflationsraten“ heißt nicht
gleich „Hyperinflation wie 1923“! Es heißt lediglich, dass die
Inflationsrate von unter 2% auf leicht darüber steigen dürfte,
vielleicht bis auf 3%.
Der DAX ist in Folge der Wahlergebnisse unter seine
Handelsspanne von 6.500 bis 6.850 Punkte gerutscht und droht
damit nun auf 6.200 Punkte abzutauchen. Ich glaube nicht, dass
wir bei 6.382 Punkten am Mittwoch bereits das Tief dieser
Korrektur gesehen haben und würde mich daher mit Käufen
weiterhin zurückhalten.
Wir haben in unserem Portfolio die Bar-Quote auf nahezu 30%
hochgefahren und sind bereit, in einen erneuten Ausverkauf
hinein das Geld zum Arbeiten zu schicken.
Schauen wir einmal, wie sich die Stimmung unter Anlegern und
Analysten entwickelt:
SENTIMENTDATEN STARK SCHWANKEND
Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen):
Kaufen / Verkaufen
20.04.- 27.04. (276): 46% / 15%
27.04.- 04.05. (198): 46% / 13%
04.05.- 11.05. (156): 52% / 11%
Kaufempfehlungen der Analysten
K+S, Hochtief, Par Pharmaceutical Cies
Verkaufsempfehlungen der Analysten
Südzucker, Gamesa, Beiersdorf
Privatanleger
17. KW: 55% Bullen (171 Stimmen)
18. KW: 65% Bullen (166 Stimmen)
19. KW: 56% Bullen (179 Stimmen)
Kaufempfehlungen der Privatanleger
Commerzbank, Fossil, Alcatel-Lucent
Verkaufsempfehlungen der Privatanleger
J.P. Morgan, Vertex Pharmaceuticals, EADS
Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise
erstellt:
http://www.sharewise.com?heibel
TOP ANALYTENZIELE
Sie wollen wissen, was die Analysten im Einzelnen für Aussagen
treffen und wo sie die größten Chancen sehen? Ich habe für Sie
ab sofort jede Woche eine Übersicht der Analysen mit den
höchsten Kurszielen ausgearbeitet. Die Liste zeigt ganz einfach
an, wo das aktuelle Kursziel des Analysten prozentual am
meisten über dem aktuellen Kurs liegt:
Firma Analyse vom Kurs Ziel Upside
HEIDEL DRUCK 10.05. 1,31€ 3,00€ 129,01%
PRIME OFFICE 10.05. 3,47€ 6,50€ 87,32%
Süss Micro 08.05. 7,09€ 13,00€ 83,36%
THYSSENKRUPP 07.05. 16,30€ 28,00€ 71,78%
Klöckner &Co 10.05. 8,22€ 14,00€ 70,32%
Grammer 09.05. 14,68€ 25,00€ 70,30%
TUI AG 10.05. 5,32€ 9,00€ 69,17%
QSC AG 07.05. 1,72€ 2,90€ 68,60%
Süss Micro 08.05. 9,53€ 16,00€ 67,89%
Es handelt sich um Analysen aus dieser Woche. Bitte genießen
Sie diese Übersicht mit Vorsicht. Sie wissen ja, dass häufig
auch ein Eigeninteresse des Analysten für eine rosa Brille
sorgen kann, weshalb Analysteneinschätzungen tendenziell
optimistischer ausfallen als es die Realität anschließend
erlauben würde. Aber die Übersicht gibt einen Eindruck darüber,
wo die Erwartungen mit dem aktuellen Kurs am weitesten
auseinander liegen. Wer letztlich Recht haben wird, der Analyst
oder die Anleger, die den Kurs machen, ist in jedem Einzelfall
individuell zu beurteilen.