Indiens Rohstoffbörsen: Exotischer Handel

BörseGo AG
Veröffentlicht von BörseGo AG am 14.01.2010
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Gold- & Rohstoff-Report

Mit der Ausbreitung des Terminhandels von Rohstoffen nimmt auch die Zahl der gehandelten Produkte beständig zu. Ein Extrembeispiel dafür ist der noch relativ junge indische Markt, auf dem mehr als 100 verschiedene Rohstoffe auf den Kurszetteln stehen. Kontrakte auf Kurkuma, Kreuzkümmel und Kardamom gehören auf dem Subkontinent so selbstverständlich zur Börse, wie Weizen und Mais in der westlichen Welt.


Seit der Einführung von nationalen elektronischen Warenterminbörsen im Jahr 2002 hat sich der indische Markt rasant entwickelt. Während im ersten Jahr nur die „National Multi-Commodity Exchange“ (NMCE) ihre Dienste anbot, folgten bereits im nächsten Jahr die „Multi Commodity Exchange“ (MCX) sowie die „National Commodity& Derivatives Exchange“ (NCDE). Als besonders erfolgreich erwies sich die MCX: Im Nicht-Agrarsektor vereinigt sie mehr als 90 Prozent des Handels volu - mens auf ihrer Plattform. Mittlerweile konkurrieren vier indische Börsen platz be treiber um die Gunst der Produzenten und Anleger. Seit Septem - ber dieses Jahres läuft der Handel an der neuesten Plattform „Indian National Commodity Exchange“ (ICEX) im Testverfahren, seit Ende No - vem ber werden die ersten 7 Futures regulär gehandelt. Marktbeobachter schätzen die Erfolgsaussichten des neuen Börsenpro - jekts trotz des zunehmenden Wettbewerbs als gut ein, da in kaum einem anderen Land der Welt derart großes Wachstumspotential für Rohstoffterminmärkte vorhanden ist wie in Indien. Im letzten Finanzjahr 2008/2009 ist das Volumen der gehandelten Rohstoffkontrakte um 29 Prozent angestiegen, und damit doppelt so stark wie im weltweiten Durchschnitt. Doch damit nicht genug: Alleine in den ersten 7 Monaten des laufenden Finanzjahres 2009/2010 verzeichneten die 22 regionalen und nationalen Börsenplätze einen erneuten Zuwachs um 34 Prozent. Offenbar knüpfen die Terminbörsen weiter nahtlos an die fulminante Entwicklung der letzten Jahr an: Während 2003/2004 noch lediglich 1,29 Billionen indische Rupie umgesetzt wurden, waren es 2008/2009 bereits rund 50,5 Billionen Rupie. Damit ist das Ende der Fahnenstange jedoch noch lange nicht erreicht: Bisher ist es Banken und Fonds nicht gestattet, spekulative Positionen an den nationalen Terminbörsen aufzubauen. Auch Ausländer sind vom Handel ausgeschlossen. Bei einer Lockerung der Zugangs be schrän - kungen, wie sie beispielsweise von der indischen Finanzlobby gefordert wird, würden große Mengen Kapital auf den Markt drängen. Dadurch würde der ohnehin schon schwunghafte Handel eine weitere Dynamisierung erfahren. Einige Analysten gehen für den Falle einer Liberalisierung von einer sicheren zukünftigen Vervielfachung des Handelsvolumens aus. Einige der Futures könnten sich dann bezogen auf das Handelsvolumen an die Weltspitze setzen. Auch wenn Agrarprodukte eine bedeutende Rolle auf dem indischen Markt spielen, machen Edel-und Industriemetalle sowie Energieträger wertmäßig den größten Teil des Handels aus. Besonders die Gold- Futures werden lebhaft gehandelt. Das Metall wird in Schmuckform von weiten Teilen der Bevölkerung traditionell zur Vermögensanlage genutzt. Mit einem jährlichen Verbrauch von etwa 800 Tonnen Gold ist Indien globaler Spitzenreiter. Das schlägt auch auf den Handel durch: Der Gold- Future sowie der Mini-Gold-Future an der MCX liegen bezogen auf das Volumen weltweit an zweiter Stelle. Beim ebenfalls beliebten Edelmetall Silber bietet die MCX sogar mit weitem Abstand den „größten“ Future an. Bei den Industriemetallen wird der Handel von Kupfer dominiert,der entsprechende Kontrakt liegt weltweit an dritter Stelle. Aber auch mit anderen Industriemetallen wie Blei, Nickel und Zink werden hohe Umsätze erzielt. Da rund zwei Drittel der indischen Bevölkerung von 1,1 Milliarden Menschen ihr Einkommen direkt oder indirekt aus der Landwirtschaft beziehen, ist das Interesse der Bürger am Handel sehr ausgeprägt. Die Entwicklung der Preise für Reis, Linsen, Weizen oder Mandeln wird heiß diskutiert. „Wird Kurkuma weiter ansteigen?“, fragte etwa unlängst ein auf den Rohstoffhandel spezialisiertes indisches Webportal in einer Umfrage. Die Wurzel ist ein wichtiger Bestandteil in indischen Gewürzmischungen. Wegen eines steilen Preisanstiegs in den vergangen Monaten gehört sie derzeit zu den Lieblingen der indischen Rohstoffspekulanten. Der vergleichsweise offene Umgang mit dem Terminhandel von Agrarprodukten kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Regierung immer wieder in den Markt eingreift. Wiederholt kam es zu massiven Interventionen: So wurde etwa im Jahr 2006 der Terminhandel mit bestimmten Linsensorten zwangsweise eingestellt, im Jahr 2007 der Handel mit Weizen und Reis ausgesetzt. Wann immer die Nahrungsmittelpreise stark ansteigen, werden Forderungen nach einer Begrenzung des Terminhandels laut. Die Befürworter hoffen, damit die Preise drücken und die Inflation eindämmen zu können. So wurde im vergangenen Jahr beispielsweise auch der Handel mit Naturgummi, Soyaöl, Kartoffeln und Kichererbsen für einige Monate eingestellt. Auf Sicht der nächsten Monate könnte die Diskussion um den Terminhandel wieder an Fahrt aufnehmen. Die für die indische Landwirtschaft extrem wichtige Monsun-Regenfälle sind sehr schwach ausgefallen, was die Ernten deutlich mindert. Bei Zucker und Reis muss das Land auf den internationalen Märkten zukaufen. Bisher sind die Lebensmittelpreise im Jahresverlauf „nur“ um 15,6 Prozent angestiegen, heißt es in den offiziellen Statistiken, und die Inflationsrate im Oktober betrug lediglich 1,34 Prozent. Bereits im März könnte sie aber auf mehr als 6 Prozent ansteigen, manche Marktbeobachter halten sogar 8 Prozent für realistisch. Spätestens dann werden die linken Fraktionen der Koalitionsregierung einmal mehr eine Handelsaussetzung fordern. Ob die Regierung diesen Forderungen nachkommen wird, ist allerdings unklar. Eine eigens zu diesem Thema eingesetzte Kommission war zu dem Ergebnis gekommen, das durch Handelsaussetzungen weder die Preise noch die Inflationsrate dauerhaft beeinflusst werden könne.
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