Heidelberger Druckmaschinen: Auf Rettung folgt Umstrukturierung

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 20.01.2015
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Heibel-Ticker Börsenbrief

Gerettet, umstrukturiert, doch wohin soll's als nächstes gehen? Heidelberger Druckmaschinen wurde in den vergangenen zwei Jahren grundlegend umstrukturiert, die Bilanz ist gesundet. Doch eine Vision für die Zukunft hat CEO Linzbach noch nicht ausgeben können. Die Druckindustrie kämpft zu sehr mit rückläufigen Umsätzen und neuem Preisdruck. Die Aktie von Heidelberger Druckmaschinen ist jedoch inzwischen fair bewertet, und die Q3-Zahlen am 4. Februar dürften für eine positive Überraschung sorgen, auf die ich spekulieren würde.


AUF RETTUNG FOLGT UMSTRUKTURIERUNG

Gerade einmal anderthalb Jahre hat CEO Dr. Gerold Linzbach benötigt, um Heidelberger Druckmaschinen wieder auf eigene Füße zu stellen. Der Konzern hatte zuvor weltweit die besten Druckmaschinen ausgeliefert, das Digitalisierungsgeschäft nur halbherzig angegangen und schließlich verkauft und wunderte sich vor drei Jahren, warum der Umsatz sowie der Gewinn einbrachen.

Die Antwort war einfach: Zum einen laufen Heidelberger Druckmaschinen nicht selten jahrzehntelang, warum also eine neue Maschine kaufen. Selbst der Boom in den Schwellenländern führte lediglich dazu, dass die Maschinen gebraucht gekauft wurden.

Und gebrauchte, überflüssige Maschinen gibt es viele in unserer Industriegesellschaft, die mit zunehmender Geschwindigkeit Zeitschriften, Tagesmeldungen und auch sogar Bücher in digitaler Form konsumiert. Die Explosion an Informationen führte zu einer Explosion an Festplatten, nicht jedoch an bedrucktem Papier.

Mit der Digitalisierung der häufig ästhetischen Prozesse der Druckindustrie war Heidelberger Druckmaschinen zunächst überfordert. Da möchte man einen Hochglanzprospekt drucken, dessen Vorlage man als PDF beispielsweise in aufwändigen Prozessen unternehmensintern vorbereitet hat, und der einfache Ausdruck warf Probleme über die Seitenränder, die Art der Buchbindung und daraus resultierende Verschiebung der Texte bis hin zu Problemen mit den unendlich vielen Sonderzeichen auf. Ich selbst habe mich vor fünfzehn Jahren häufiger mit solchen Dingen herumgeschlagen.

Man suchte das Heil in der Flucht nach vorne, verkaufte das junge Digitalgeschäft und versprach sich von den Schwellenländern die Rettung. Doch die blieb aus oben genannten Gründen aus.

So musste Mitte 2012 ein nüchterner Zahlenmensch ans Ruder von Heidelberger Druckmaschinen. Dr. Linzbach hat sein Handwerk bei der Aufspaltung des Hoechst-Konzerns Mitte der 90er Jahre gelernt. Binnen weniger Monate trimmte er Heidelberger Druckmaschinen auf profitable Geschäftsbereiche (d.h.: Es wurden eine Reihe unprofitabler Unternehmenszweige verkauft oder dicht gemacht). Zudem unternahm er einen neuen Anlauf in die Digitalisierungstechnik.

Die Bilanz gesundete schnell, im Geschäftsjahr 2013/2014 wurde erstmals seit langem wieder ein Gewinn ausgewiesen. Die Aktie honorierte diese Entwicklung mit einer Verdreifachung von eins auf drei Euro. Heidelberger Druckmaschinen ist gerettet.

Doch zukunftsfähig ist das Unternehmen in meinen Augen noch nicht. Neue Geschäftsbereiche wie der Digitalisierungsdruck steuern noch wenig zum Unternehmensgewinn bei. Das Vorzeigeprojekt, 3D-Druck am Beispiel des Bedruckens eines Fußballs, ist nach wie vor ein Pilotprojekt, bislang wurden zwei solcher Drucker verkauft. Lediglich im Bereich des Verpackungsdrucks profitiert das Unternehmen bereits von einem Wachstumsmarkt.

Die Belegschaft ist im vergangenen Jahr um 5% auf knapp über 12.000 geschrumpft. Zuletzt hat auch Heidelberger Druckmaschinen unter den geopolitischen Spannungen gelitten: Die Beziehungen zu Russland haben sich durch die Ukraine-Krise abgekühlt, und in Brasilien wird seit Jahren eine wirtschaftsfeindliche Politik betrieben. Es müssen weiter Kosten eingespart werden.

GUT GERÜSTET FÜR ZUKUNFT, DOCH OHNE VISION

Damit hat CEO Dr. Linzbach Schritt eins, die Gesundung des Konzerns bzw. das Gesundschrumpfen, erfolgreich abgeschlossen. Heidelberger Druckmaschinen wird auch in diesem Geschäftsjahr (endet am 31.3.2015) aller Voraussicht nach einen Gewinn ausweisen. Die Verschuldung ist gering, sodass Linzbach sogar gezielt einkaufen könnte, um neue Geschäftsfelder zu entwickeln.

Derzeit jedoch konzentriert sich Linzbach auf Kooperationen. So wird der Digitaldruck mit Ricoh Japan weiterentwickelt. Maschinen für die Weiterverarbeitung werden künftig in Kooperation mit dem chinesischen Unternehmen Masterwork Machinery in China weiterentwickelt und gebaut. Dieser Kooperation ist der Standort Leipzig mit 190 Mitarbeitern zum Opfer gefallen.

Doch all das sind nach wie vor strukturelle Maßnahmen, die eine weitere Profitabilitätssteigerung durch Gesundschrumpfen zur Folge haben. Entsprechend ist der Umsatz im laufenden Geschäftsjahr aller voraussicht nach rückläufig. Und auch für 2015/2016 sieht es nicht anders aus.

Verbrauchmaterialien möchte Heidelberger Druckmaschinen verkaufen und Dienstleistungen für laufende Druckmaschinen. Das sind wiederkehrende Umsätze mit hohen Margen und daher bereits heute ein wesentlicher Bestandteil des jüngsten Erfolges von Heidelberger Druckmaschinen.

Doch wohin soll die Reise gehen? Digitaldruck und 3D-Druck sind nicht wirklich Wachstumsmärkte. Im Bereich des Digitaldrucks ist Heidelberger Druckmaschinen zu spät auf den Markt gekommen und könnte sich heute nur durch den Kauf von Wettbewerbern eine bessere Wettbewerbsposition verschaffen. Doch das ist teuer.

UNVERHOFFTER SEGEN: DER SCHWACHE EURO

Über 60% des Umsatzes werden außerhalb von Eurloand erwirtschaftet. 30% Asien, 15% Nordamerika, 4% Südamerika und 12% in Osteuropa. Der Euro hat in den vergangenen Monaten stark Federn gelassen, und die Maschinen, die ins Ausland geliefert werden, werden in ausländischen Währungen, meist US-Dollar, beglichen. Bei der Umrechnung der Einnahmen wird es schon im laufenden Quartal einen ordentlichen Wechselkursgewinn geben.

Das gilt jedoch nicht nur für die Druckmaschinen, sondern auch für die Verbrauchsmaterialien. Diese sind häufig chemische Produkte, für die Öl und andere Flüssigkeiten eingekauft und verarbeitet werden müssen. Der Wertverfall des Euros ging einher mit einem extrem schwachen Rohstoffmarkt, sodass die Einkaufspreise für diese Einsatzmaterialien in Euro gerechnet stabil blieben. Es bleibt also der positive Wechselkurseffekt beim Verkauf ins Ausland.

Dienstleistungen hingegen führen parallel zu den Wechselkursgewinnen auch zu höheren Kosten für die Erbringung der Dienstleistung vor Ort. Dort dürfte der Effekt vernachlässigbar sein.

Im ersen Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres hat Heidelberger Druckmaschinen 42 Mio. Euro Gewinn im Bereich der Dienstleistungen erwirtschaftet (Vorjahr 38 Mio. Euro). Der Verlust beim Verkauf der Maschinen war im ersten Halbjahr bereits von -49 auf -27 Mio. Euro geschrumpft, ich erwarte jedoch bereits für Q3 keine weiteren Verluste in diesem Bereich und ggfls. in Q4 einen ordentlichen Gewinnbeitrag.

ZAHLEN MACHEN HOFFNUNG

Für das kommende Geschäftsjahr hat CEO Linzbach eine Gewinnmarge (EBITDA) von 8% als Ziel ausgegeben, bei einem leicht rückläufigen Umsatz. In seiner Prognose legt er Wert darauf, die niedrige Verschuldung nicht zu erhöhen. In meinen Augen eine sinnvolle Entscheidung für ein Geschäft, das kaum Wachstumsaussichten hat. Für das laufende Geschäftsjahr erwarte ich eine Gewinnmarge von 6%, eine Steigerung auf 8% im kommenden Jahr erscheint mir durchaus möglich.

Lassen Sie uns also einmal ein wenig rechnen: Der Umsatzrückgang der vergangenen Jahre hat sich verlangsamt, bei derzeit 2,3 Mrd. Euro scheint ein Boden gefunden zu sein. Mit einer Gewinnmarge von 8% ergibt sich ein prognostizierter Gewinn von 184 Mio. Euro für 2015.

Eine Dividende wird nicht gezahlt, also halte ich ein einstelliges KGV für angemessen. Auf Basis obiger Erwartung ergibt sich ein KGV 2015e von 9. Die Aktie ist auf dem aktuellen Niveau fair bewertet.

FANTASIE LIEGT IM RÜCKENWIND

Die Entwicklung im vergangenen ersten Halbjahr ist wohl der Hauptgrund für das aktuelle Bewertungsniveau. Die Russlandkrise, Probleme in Brasilien, der zuvor noch starke Euro und der hohe Ölpreis bzw. hohe Rohstoffkosten haben in den Gewinn von Heidelberger Druckmaschinen geschnitten. Die Prognose, auf die ich mich in dieser Analyse beziehe, stammt vom November letzten Jahres und baut auf Zahlen auf, die bis September erwirtschaftet wurden. Da stand der Euro noch bei durchschnittlich 1,32 USD/EUR.

Rückenwind seitens des Wechselkurses gab es in den bis dato vorliegenden Q-Zahlen also noch kaum. Das werden wir erstmals in den am 4. Februar zu erwartenden Q3-Zahlen sehen. Wie groß dieser Effekt sein könnte, lässt sich aus den mir vorliegenden Zahlen leider nicht errechnen. Meiner Schätzung zufolge könnte es einen positiven Wechselkurseffekt in Höhe von 7-12 Mio. Euro geben, was bei einem erwarteten Quartalsgewinn von 30 Mio. Euro durchaus eine nennenswerte positive Überraschung wäre.

KURSVERLAUF DURCH LEERVERKÄUFER GEPRÄGT

Die Geschäftsaussichten sind nicht rosig, CEO Linzbach erzielt Verbesserungen hauptsächlich durch Umstrukturierung, Kooperationen und Effizienzsteigerungen. Da ist es leicht nachvollziehbar, dass Hedgefonds in Heidelberger Druckmaschinen eine Aktie sehen, die man parallel zur rückläufigen Umsatzentwicklung in den Keller drücken kann. 5% der ausstehenden Aktien sind Short.

Zudem befindet sich die Aktie eindeutig in einem Abwärtstrend, der vor genau einem Jahr bei 3 Euro begann und derzeit bei 1,84 Euro einen Boden hat. Hält dieser Boden nicht, so sind schon bald auch Kurse um 1,50 Euro möglich.

Ich halte die Shortspekulationen für gefährlich, denn zum einen ist aus charttechnischer Sicht der Boden bei 1,84 Euro ziemlich stabil. Zum anderen hat die Aktie ein Bewertungsniveau erreicht, das ich als fair bezeichnen würde. Ein weiterer Ausverkauf würde schon bald wieder Käufer auf den Plan rufen. Und zum Dritten besteht aus Sicht der Leerverkäufer die Gefahr, dass Heidelberger Druckmaschinen aufgrund positiver Wechselkurseffekte am 4. Februar überraschend gute Quartalszahlen berichtet. Die Wahrscheinlichkeit einer positiven Überraschung ist zumindest aus meiner Sicht derzeit größer als die einer negativen Überraschung.

FAZIT:

Damit ist Heidelberger Druckmaschinen keine Aktie, die Sie langfristig in Ihr Depot legen sollten. Zu ungewiß ist die Geschäftsentwicklung, zu frisch sind die neuen Geschäftsideen.

Immerhin brauchen Sie auf dem aktuellen Niveau nicht mehr panisch verkaufen, denn die Umstellung auf mehr Dienstleistungen hat zu einem verlässlichen Cashflow geführt, die Bilanz wurde durch Verkäufe von Geschäftsteilen gesundet.

Für eine Spekulation können Sie die Aktie jedoch zu Kursen unter 2 Euro gerne einsammeln. Und wenn's nur das Ausbleiben einer weiteren Hiobsbotschaft am 4. Februar bei der Veröffentlichung der Q3-Zahlen ist, das dürfte nach den Kursverlusten der vergangenen Monate bereits für einen positiven Kurssprung reichen. Als Kursziel würde ich 2,20 Euro ins Auge fassen. Ein Stopp Loss für diese Spekulation würde ich unter 1,84 Euro platzieren.

Vielleicht spielt uns ja noch EZB-Chef Mario Draghi in die Hände und sorgt für Gewinnmitnahmen im DAX, die dann auch die Aktie von Heidelberger Druckmaschinen nochmals in die niedrigen 1,90er Eurozone drücken könnten.
 
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