Hamburger Hafen und Logistik AG

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 20.06.2013
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

„Wann?" lautet die wichtigste Frage für die HHLA, wann kommt die Elbvertiefung? Daraus leitet sich dann ein Bewertungsniveau ab und erst dann kann man darüber entscheiden, ob die Aktie günstig oder teuer ist. Doch wer einen langen Anlagehorizont verfolgt, der kann sich die Wartezeit durch eine Dividendenrendite von 3,4% versüßen lassen und entspannt abwarten.


GAR NICHT SO DICKE PÖTTE WEGEN FLACHER ELBE

Der Hamburger Hafen ist ein riesiger Wirtschaftsfaktor hier in Hamburg. Ihr Autor setzte sich insbesondere während der Wirtschaftskrise 2008 / 2009 gerne mal an die Elbe und betrachtete die ein- und auslaufenden Containerschiffe. Die meisten waren nur dünn mit Containern bestückt, es wurde nicht so viel verschifft. Besonders schlimm waren die Schiffe anzusehen, die ganz viele Container hinten am Bug gestapelt hatten und dadurch schräg nach vorne aus dem Wasser ragten: die Schiffe sind auf schwere Last ausgelegt und die Schiffsschrauben ragen aus dem Wasser, wenn nicht eine Mindestlast an Bord ist.

Inzwischen hat sich die Lage normalisiert, die Schiffe haben eine normale Auslastung. Doch es könnten mehr Schiffe den Hamburger Hafen anlaufen oder besser noch: größere Schiffe. Denn der Hamburger Hafen ist derzeit nur zu 70% ausgelastet. Bei den hohen Fixkosten des Geschäfts führt dies zu einer dünnen Gewinnmarge. Oder anders ausgedrückt: Der Hafen hat Überkapazitäten.

Überkapazitäten sind nicht gut für die Verhandlungsposition des Hafens. Kunden können die Preise drücken, da sie wissen, dass der Hamburger Hafen händeringend darum kämpfen muss, seine Fixkosten zu decken.

Besserung verspricht sich der Konzern durch die Elbvertiefung: Die richtig dicken Pötte können derzeit Hamburg nicht anlaufen, da die Elbe zu flach ist. Eine Elbvertiefung wird kommen, doch Umweltorganisationen haben die Elbvertiefung zeitlich bereits mehrfach hinausgezögert. Und jedes Quartal ohne Elbvertiefung bedeutet nicht nur weniger Umsatz, sondern auch noch die Gefahr, dass die Kunden nach Antwerpen oder Rotterdam abwandern.

Gerade die Lieferungen aus China werden inzwischen gerne mit Ozeangiganten umgesetzt. Je größer das Schiff, desto niedriger die Treibstoffkosten je Container. Hamburg kann zwar angelaufen werden, aber nur bei Flut. Bei Ebbe würden diese Riesen in Hamburg auf Grund laufen.

Ich habe den Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz in einem Gespräch in kleiner Runde zu diesem Thema sagen hören, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die Elbvertiefung komme. Für Hamburg sei der Hafen wirtschaftlich zu wichtig, als dass man sich hier ein Einknicken gegenüber den Umweltverbänden erlauben könne. Ich nehme an, dass die Stadt Hamburg daher zu weitreichenden Zugeständnisse bereit ist, um das Projekt zu verwirklichen.

Ende 2013 wird ein Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig erwartet, bis dahin ist der Bauvollzug ausgesetzt.
 

FEHLENDE DYNAMIK TROTZ GUTEM MANAGEMENT

Ich möchte Bürgermeister Scholz gerne glauben, doch hinsichtlich der zeitlichen Perspektive kann ich seine Sichtweise nur als sehr optimistisch bezeichnen. „Vor Gericht und auf Hoher See ist man in Gottes Hand" – Sie kennen den Spruch.

Doch das Management ist nicht untätig. Weltweit wächst der Schiffsumschlag derzeit mit 5,8%. Das Hauptwachstum findet indes in Fernost (+6,5%) und im Baltikum (+7,4%) statt. Im 1. Quartal 2013 hat der Hamburger Hafen einen Umschlagszuwachs von 5% vermeldet, wobei das Wachstum zum großen Teil in dem zum Konzern gehörenden Hafen in Odessa (Ukraine) stattfand. Immerhin kann die HHLA das Umschlagsvolumen im Hamburger Hafen stabil halten und wächst unterm Strich mehr als die beiden Hauptwettbewerber (Rotterdam +4,2%, Antwerpen -2,8%).

Aufgrund der ausbleibenden dicken Pötte muss allerdings der Umschlag mit einer größeren Anzahl kleinerer Containerschiffe erzielt werden. Dies zieht natürlich auch für die HHLA einen höheren Personalaufwand nach sich. Die Personalaufwendungen stiegen im Q1 um 6,7%. Die HHLA muss derzeit also investieren, um das Umschlagsvolumen über die Zeit bis zur Elbvertiefung zu retten. Ich halte das für notwendig, wenngleich es aber weiter an der ohnehin dünnen Gewinnmarge knabbert.
 

FINANZIELLE BELASTUNGEN IN SICHT, BILANZ JEDOCH IN ORDNUNG

Weitere finanzielle Lasten werden von Analysten erwartet: So werde der Bereich der Fruchtlogistik mit zu hohen Werten in der Bilanz geführt und es drohen Abschreibungen. Zudem wird der Burchard Kai, ein Teil des Hamburger Hafens, reorganisiert, was ebenfalls zu Kosten führt.

Den 1,1 Mrd. Euro Jahresumsatz stehen Nettoschulden i.H.v. 200 Mio. Euro gegenüber. Die Bilanz hat also noch Spielraum, wenngleich steigende Kapitalkosten erneut in die Gewinnmarge schneiden werden.

Das KGV 13e steht bei 20. Darin spiegelt sich sicherlich der Optimismus wider, schon bald dank einer Elbvertiefung wieder überproportional steigende Gewinne zu sehen. Denn für ein Umsatzwachstum von 2% ist das KGV von 20 viel zu hoch. Und sollten die hier genannten weiteren Belastungen noch im laufenden Jahr eintreten, so wird sich das KGV noch weiter erhöhen.

Doch das KGV ist wenig aussagekräftig, denn wie oben gezeigt, investiert das Unternehmen derzeit jeden freien Cent in das bestehende Geschäft, um einen Rückgang des Umschlagsvolumens zu verhindern. Für mich stellen sich nun zwei wesentliche Fragen: Wie lange wird es dauern, bis die Elbvertiefung wirklich kommt? Und wird die HHLA dann auch in Hamburg wieder einen steigenden Umsatz und dadurch dann insbesondere einen überproportional steigenden Gewinn verzeichnen können?
 

AUSBLICK UNGEWISS

Es sind zwei Fragen, die weder der Hamburger Bürgermeister noch der CEO von HHLA noch ich beantworten kann. Ich halte das Management für gut und traue ihm zu, in der Zukunft den Häfen Roterdam und Antwerpen Marktanteile abzujagen. Und ich gehe auch von einer Elbvertiefung aus. Doch wann? Und an diesem „wann" kann man die Bewertung des Unternehmens festmachen.

Aktuell ist die Aktie überbewertet. Lediglich eine Betrachtung der künftig zu erwartenden Einnahmen lässt eine Bewertung zu, die den heutigen Kurs rechtfertigt. Bei diesem Bewertungsmodell nimmt man jedoch eine Reihe von Annahmen zu Hilfe. So ist die Annahme des „wann" ein wesentlicher Faktor, denn künftige zu erwartende Einnahmen werden abdiskontiert in den heutigen Unternehmenswert eingerechnet. Eine Verschiebung um ein paar Quartale hat dramatische Auswirkungen bei dieser Bewertungsmethode, so dass die Aktie irgendwo zwischen 15,50 Euro und 22 Euro korrekt bewertet sein kann. Eine ziemlich große Spanne für meinen Geschmack und ich kann mir hinsichtlich des „wann" keine eigene Meinung erlauben, so dass ich die 15,50 Euro genauso richtig finde wie die 22 Euro. Von aktuell 17,23 Euro gibt es da für mich keine besondere Chance.
 

ATTRAKTIVE DIVIDENDE VERSÜSST LANGE WARTEZEIT

Mit einer Dividendenrendite von 3,4% hat die HHLA allerdings einen Joker im Ärmel: Anleger werden für die Wartezeit ausreichend entschädigt. An der Dividendenpolitik hält das Unternehmen auch weiterhin fest und Analysten erwarten, dass die Dividende im kommenden Jahr sogar von derzeit 0,60 Euro auf 0,65 Euro angehoben wird.

Die Dividende für 2012 wurde nach der Hauptversammlung in der vergangenen Woche (14.6.) ausgeschüttet, entsprechend ist ein Teil des aktuellen Kursrückgangs zunächst auf den Dividendenabschlag zurückzuführen und dann auf die Verkäufe der Anleger, die lediglich noch die Dividende mitnehmen wollten. Im Mai war die Aktie von 16 auf 19 Euro gestiegen, nun ist sie wieder auf 17,23 Euro zurückgekommen.
 

FAZIT: ES GIBT BESSERE AKTIEN

Für Anleger mit langem Atem ist die Aktie der HHLA eine interessante Portfoliokomponente. Die Dividendenrendite wird der Aktie einen Boden geben. Ich will jedoch nicht ausschließen, dass dieser Boden erst bei einer Dividendenrendite von 4% erreicht sein könnte. Das entspricht bei der erwarteten Dividende von 0,60 Euro einem Kurs von 15 Euro, also dem unteren Ende der Analystenerwartungen.

Ich würde daher gegebenenfalls zunächst nur eine kleine Position eingehen und mich für Nachkäufe unter 16 Euro bereit halten. Wie gesagt, einen schnellen Kursanstieg erwarte ich bei HHLA nicht, es ist eine Aktie für langfristig orientierte Anleger. Doch zu Kursen unter 16 Euro dürfte allein die Dividendenrendite ausreichend Sicherheit geben, um diese Wartezeit nervenschonend zu durchstehen.
 
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