Haben Streamingdienste wie Netflix den Niedergang des klassischen Fernsehens eingeläutet?
Veröffentlicht von
Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
am
04.11.2015
Natürlich gerät das altbekannte Modell des linearen Fernsehens zusehends unter Druck. Für deren Aufwind haben nicht zuletzt immer schnellere Internetanschlüsse gesorgt. DSL-Anschlüsse mit Datenübertragungsraten von 50 oder 100 MBit sind mittlerweile in vielen deutschen Großstädten verfügbar. Videostreaming in guter Qualität ist aber auch schon mit 16-MBit-Anschlüssen möglich. Diese sind bereits für 20 € monatlich oder weniger zu haben.
Für den Aufschwung der Streaming-Portale haben aber auch die veränderten Sehgewohnheiten des Publikums gesorgt. Immer weniger Menschen lassen sich von festen Sendezeiten diktieren, wie sie sich ihre knappe Freizeit einzuteilen haben. Zeitversetztes Fernsehen ist die Lösung. Früher über Videorecorder oder Festplattenrekorder möglich, heute per Onlinestreaming. Insbesondere jüngere Menschen bevorzugen diese Möglichkeit. Youtube war der Wegbereiter für diese neue, moderne Art des Fernsehens. Letztlich handelt es sich um eine Art des „Video on Demand“. Das gab es aber auch schon vor dem Internet-Zeitalter. Bei Kabel-Pay-TV-Anbietern ist VoD schon seit vielen Jahren Gang und Gäbe. Das neue an den Online-Streaming-Plattformen ist also nicht das Angebot an sich, sondern lediglich der Weg der technischen Verbreitung des Bildsignals.
Die Vertreter des traditionellen „linearen Fernsehens“ haben durch die wachsende Konkurrenz das Nachsehen. Aber auch vor dem Aufstieg der Streamingdienste waren die Rahmenbedingungen schon schwierig genug. So haben sich die Werbepreise in den klassischen Fernsehmedien seit der Finanzkrise bis heute nicht wieder auf das ursprüngliche Niveau erholt. Aber dennoch ist es noch nicht soweit, dass für das lineare Fernsehen das Totenglöckchen geläutet werden müsste. Denn nicht überall ist das klassische Fernsehen gleichermaßen unter Druck. Über die Gewinner und Verlierer der neuen Wettbewerbssituation auf dem Fernsehmarkt gibt es jetzt eine Studie der Credit Suisse.
Demnach stellen Online-Streamingdienste zumindest für europäische Fernsehkonzerne keine große Gefahr dar. Das liegt daran, dass Pay-TV in den USA eine viel größere Verbreitung hat wie diesseits des Atlantiks. In Europa ist dagegen das frei verfügbare Fernsehen populärer. In den USA zahlen 86 % der Zuschauer für den Empfang eines Pay-TV-Senders. In Großbritannien sind es dagegen nur 53 %. Aber auch das Angebot der Streamingdienste hierzulande und in den USA ist nicht vergleichbar. Zum einen ist nicht jeder auf dem ganzen Globus präsent. Die höchste Verbreitung ist in den USA vorzufi nden. Und selbst US-Anbieter wie Netflix oder Amazon Prime Video, die auch international tätig sind, sind erst seit dem vergangenen Jahr auf dem europäischen Markt präsent. Das Angebot hierzulande ist nicht mit dem Angebot auf dem US-Heimatmarkt identisch. So bietet beispielsweise Netfl ix in den USA 7.089 Filme und Shows an, während es in Großbritannien lediglich 3.355 sind. Zudem sind attraktive Netfl ix-Serien wie z. B. „House of Cards“ auch im traditionellen Fernsehen zu sehen. Netflix hat sein Geschäftsgebaren mittlerweile allerdings geändert: Eigenproduzierte Serien sollen zuerst exklusiv auf Netfl ix gezeigt werden, bevor sie an TV-Sender verkauft werden.
Dass TV-Sender in Europa vermehrt eigene kostenpfl ichtige Streaming-Plattformen ins Leben rufen, ist eher unwahrscheinlich. Was in den USA funktionieren mag, ist in Europa wegen des zersplitterten Marktes und der Sprachbarrieren kaum durchführbar. Wachsende Konkurrenz wird es eher durch traditionell internetaffine Unternehmen wie Google oder Apple geben. Bis zum Markteintritt wird aber noch Zeit vergehen. Durch das wachsende Angebot werden aber die Werbepreise in klassischen Fernsehmedien weiter unter Druck bleiben.
Der britische Medienkonzern SKY (893 517; 1.090 p) dürfte mit der veränderten Wettbewerbssituation am besten zurechtkommen. Sky bietet in Deutschland, Großbritannien, Irland, Italien und Österreich Bezahlfernsehen an. Im europäischen Vergleich ist das Angebot sehr attraktiv, zu zwei Dritteln ist es sogar exklusiv auf Sky zu sehen. Credit Suisse hat die Einschätzung der Aktie von „Underperform“ auf „Outperform“ angehoben und das Kursziel von 630 auf 1.287 pence erhöht.
VIVENDI (591 068; 21,81 €) werden ebenfalls gute Chancen eingeräumt. Zu der Gruppe gehört auch der französische Pay-TV-Sender Canal+. Das Angebot profitiert aber vor allem auch von der zum Konzern gehörenden Universal Music Group. Vivendi hat darüber hinaus aber auch üppige Liquiditätsreserven, die für Zukäufe eingesetzt werden können. Credit Suisse stuft die Aktie mit „Outperform“ ein und sieht das Kursziel bei 25 €.
Aber auch der britische TV-Sender ITV (A0B LQP; 255 p) steht gut da. Credit Suisse sieht den britischen Fernsehmarkt als besonders dynamisch an. ITV kann hier mit seinem attraktiven Programm gut bestehen. Die Aktie wird ebenfalls als Outperformer eingestuft. Das Kursziel beträgt 290 pence.
Die italienische MEDIASET (901 402; 4,68 €) erhält ebenfalls ein positives Votum. Credit Suisse sieht Italien neben Spanien als den wachstumsträchtigsten TV-Markt in Europa an. Die Einschätzung lautet ebenfalls „Outperform“. Das Kursziel wurde von 5 auf 5,40 € angehoben.
Weniger gut kommt PROSIEBENSAT1 (PSM 777; 49 €) weg. Einschätzung: „Neutral“, Kursziel: 49 €. Das zweite Halbjahr dürfte für ProSiebenSat1 zwar recht gut laufen, was aber schon im Kurs eingepreist erscheint. Der deutsche Werbemarkt entwickelt sich bisher etwas besser als erwartet. Zudem zeigt PSS1 in den Sparten Online-Video und -Games, Ventures & Commerce sowie Musik beachtliches Wachstum. Allerdings gibt es viele Analysten, die ProSiebenSat1 deutlich positiver einschätzen. Nach dem am 15. Oktober durchgeführten Kapitalmarkttag des Unternehmens empfehlen nun u. a. die Deutsche Bank, Commerzbank, HSBC, Independent Research, Nord LB, Oddo Seydler sowie BNP Paribas die Aktie zum Kauf. RTL (861 149; 78,25 €) wird nur als Underperformer eingestuft. Das Kursziel wurde von 82,50 auf 78 € reduziert. Zwar hat RTL laut Credit Suisse großes Potenzial, kurzfristig steht die Gewinnentwicklung aber unter Druck. Auch von TF1 (873 608; 11,75 €) wird wegen sinkender Werbeeinnahmen und rückläufi ger Zuschauerzahlen abgeraten.
Die Vertreter des traditionellen „linearen Fernsehens“ haben durch die wachsende Konkurrenz das Nachsehen. Aber auch vor dem Aufstieg der Streamingdienste waren die Rahmenbedingungen schon schwierig genug. So haben sich die Werbepreise in den klassischen Fernsehmedien seit der Finanzkrise bis heute nicht wieder auf das ursprüngliche Niveau erholt. Aber dennoch ist es noch nicht soweit, dass für das lineare Fernsehen das Totenglöckchen geläutet werden müsste. Denn nicht überall ist das klassische Fernsehen gleichermaßen unter Druck. Über die Gewinner und Verlierer der neuen Wettbewerbssituation auf dem Fernsehmarkt gibt es jetzt eine Studie der Credit Suisse.
Demnach stellen Online-Streamingdienste zumindest für europäische Fernsehkonzerne keine große Gefahr dar. Das liegt daran, dass Pay-TV in den USA eine viel größere Verbreitung hat wie diesseits des Atlantiks. In Europa ist dagegen das frei verfügbare Fernsehen populärer. In den USA zahlen 86 % der Zuschauer für den Empfang eines Pay-TV-Senders. In Großbritannien sind es dagegen nur 53 %. Aber auch das Angebot der Streamingdienste hierzulande und in den USA ist nicht vergleichbar. Zum einen ist nicht jeder auf dem ganzen Globus präsent. Die höchste Verbreitung ist in den USA vorzufi nden. Und selbst US-Anbieter wie Netflix oder Amazon Prime Video, die auch international tätig sind, sind erst seit dem vergangenen Jahr auf dem europäischen Markt präsent. Das Angebot hierzulande ist nicht mit dem Angebot auf dem US-Heimatmarkt identisch. So bietet beispielsweise Netfl ix in den USA 7.089 Filme und Shows an, während es in Großbritannien lediglich 3.355 sind. Zudem sind attraktive Netfl ix-Serien wie z. B. „House of Cards“ auch im traditionellen Fernsehen zu sehen. Netflix hat sein Geschäftsgebaren mittlerweile allerdings geändert: Eigenproduzierte Serien sollen zuerst exklusiv auf Netfl ix gezeigt werden, bevor sie an TV-Sender verkauft werden.
Dass TV-Sender in Europa vermehrt eigene kostenpfl ichtige Streaming-Plattformen ins Leben rufen, ist eher unwahrscheinlich. Was in den USA funktionieren mag, ist in Europa wegen des zersplitterten Marktes und der Sprachbarrieren kaum durchführbar. Wachsende Konkurrenz wird es eher durch traditionell internetaffine Unternehmen wie Google oder Apple geben. Bis zum Markteintritt wird aber noch Zeit vergehen. Durch das wachsende Angebot werden aber die Werbepreise in klassischen Fernsehmedien weiter unter Druck bleiben.
Der britische Medienkonzern SKY (893 517; 1.090 p) dürfte mit der veränderten Wettbewerbssituation am besten zurechtkommen. Sky bietet in Deutschland, Großbritannien, Irland, Italien und Österreich Bezahlfernsehen an. Im europäischen Vergleich ist das Angebot sehr attraktiv, zu zwei Dritteln ist es sogar exklusiv auf Sky zu sehen. Credit Suisse hat die Einschätzung der Aktie von „Underperform“ auf „Outperform“ angehoben und das Kursziel von 630 auf 1.287 pence erhöht.
VIVENDI (591 068; 21,81 €) werden ebenfalls gute Chancen eingeräumt. Zu der Gruppe gehört auch der französische Pay-TV-Sender Canal+. Das Angebot profitiert aber vor allem auch von der zum Konzern gehörenden Universal Music Group. Vivendi hat darüber hinaus aber auch üppige Liquiditätsreserven, die für Zukäufe eingesetzt werden können. Credit Suisse stuft die Aktie mit „Outperform“ ein und sieht das Kursziel bei 25 €.
Aber auch der britische TV-Sender ITV (A0B LQP; 255 p) steht gut da. Credit Suisse sieht den britischen Fernsehmarkt als besonders dynamisch an. ITV kann hier mit seinem attraktiven Programm gut bestehen. Die Aktie wird ebenfalls als Outperformer eingestuft. Das Kursziel beträgt 290 pence.
Die italienische MEDIASET (901 402; 4,68 €) erhält ebenfalls ein positives Votum. Credit Suisse sieht Italien neben Spanien als den wachstumsträchtigsten TV-Markt in Europa an. Die Einschätzung lautet ebenfalls „Outperform“. Das Kursziel wurde von 5 auf 5,40 € angehoben.
Weniger gut kommt PROSIEBENSAT1 (PSM 777; 49 €) weg. Einschätzung: „Neutral“, Kursziel: 49 €. Das zweite Halbjahr dürfte für ProSiebenSat1 zwar recht gut laufen, was aber schon im Kurs eingepreist erscheint. Der deutsche Werbemarkt entwickelt sich bisher etwas besser als erwartet. Zudem zeigt PSS1 in den Sparten Online-Video und -Games, Ventures & Commerce sowie Musik beachtliches Wachstum. Allerdings gibt es viele Analysten, die ProSiebenSat1 deutlich positiver einschätzen. Nach dem am 15. Oktober durchgeführten Kapitalmarkttag des Unternehmens empfehlen nun u. a. die Deutsche Bank, Commerzbank, HSBC, Independent Research, Nord LB, Oddo Seydler sowie BNP Paribas die Aktie zum Kauf. RTL (861 149; 78,25 €) wird nur als Underperformer eingestuft. Das Kursziel wurde von 82,50 auf 78 € reduziert. Zwar hat RTL laut Credit Suisse großes Potenzial, kurzfristig steht die Gewinnentwicklung aber unter Druck. Auch von TF1 (873 608; 11,75 €) wird wegen sinkender Werbeeinnahmen und rückläufi ger Zuschauerzahlen abgeraten.