Gefahren der Etfs und Fonds

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 16.09.2010
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Heibel-Ticker Börsenbrief

Na, wir haben die Hälfte des Schreckensmonats September hinter uns und bislang haben wir fast ausschließlich grüne Vorzeichen bei den wesentlichen Indizes gesehen. Es scheint als hätte ich mit meiner Erwartung, dass die Schrecken bereits im August ausreichend verarbeitet wurden, recht gut gelegen. Denn irgendwelche besonderen Ereignisse, die zu der Rallye hätten führen können, gab es nicht. Wir erleben hier auch keine Rallye, die uns in Staunen versetzen würde, sondern arbeiten uns in vielen kleinen Schrittchen nach oben. Der Dow Jones öffnet fast jeden Tag kräftig im Minus und arbeitet sich dann leicht ins Plus. Anders als im Frühjahr, wird diese Rallye nunmehr von vielen Aktien verschiedener Branchen getragen. Auch der Technologiesektor ist endlich dabei, Rohstoffaktien und Bankaktien legen auch mehr zu, als sie an Korrekturvormittagen wieder abgeben. Und das in der Woche mit dem heutigen vierfachen Optionsverfallstag, der für gewöhnlich für große Volatilität sorgt. Es scheint mir, als gehe den Bären die Munition aus.


Die US-Gesundheitsreform ist seit einigen Wochen verabschiedet und deren Umsetzung wird, im Falle einer stärkeren republikanischen Macht nach den US-Zwischenwahlen im November, weitaus milder ausfallen als bislang befürchtet. Die US-Finanzmarktregeln sind ebenfalls verabschiedet, und dort gilt selbiges wie für die Gesundheitsreform. Und nun haben die Europäer sich auch auf Basel III einigen können und darin die jeweils milderen Vorschriften der in der Diskussion befindlichen Vorschläge aufgegriffen. Immer wieder werde ich auf ETF-Papiere angesprochen, mit denen man doch relativ leicht auf ganze Branchen setzen kann ohne hohe Gebühren zahlen zu müssen. Wenn es sich um endlos laufende Index-Zertifikate handelt, dann entgeht man als Anleger sogar dem Risiko der willkürlichen Entscheidungen von Fondsmanagern. ETFs erfreuen sich, trotz der jüngsten Finanzkrise, wieder großer Beliebtheit. Ich verwende ETFs nur in Ausnahmefällen und auch dann nur nach eingehender Prüfung. Ja, es gibt ETFs, die ich für sinnvoll halte. Doch häufig, oder sogar meistens, sind ETFs Papiere mit Eigenschaften, die Sie als Anleger nicht wirklich haben wollen. Ich möchte zur Veranschaulichung nur zwei kurze Überlegungen vorstellen: Viele Ölquellen unserer Erde befinden sich in politischen Krisengebieten: Nigeria, Venezuela, Irak, ... Wann immer in einer dieser Krisenregion Probleme auftreten, steigt der Ölpreis. An der Börse geht man davon aus, dass es künftig schwerer wird, an das benötigte Öl zu gelangen. Für Ölkonzerne bedeutet dies, dass sie künftig mehr Geld ausgeben müssen, um neue Ölquellen zu erschließen. Für sie sind solche Ereignisse also entweder ein Nullsummenspiel oder führen sogar zu Verlusten. Dennoch führt ein steigender Ölpreis stets zu steigenden Kursen von Ölkonzernaktien. Die wahren Profiteure solcher Ereignisse sind die Dienstleister der Ölbranche. Die Unternehmen, die nach neuen Vorkommen suchen und Bohrungen durchführen, eine Bohrinsel aufbauen und in Betrieb nehmen usw. Auch diese Aktien steigen, wenn es zu Zwischenfällen in Krisenregionen kommt. Doch sie steigen nicht um mehr als obige Ölkonzerne. Ein Öl-ETF enthält gleichermaßen Aktien von Ölkonzernen sowie Öl-Dienstleistern. Die Auswirkung bestimmter Ereignisse ist für die beiden Gruppen ziemlich unterschiedlich. Dennoch werden Sie beobachten können, wie die Aktien beider Gruppen im Gleichschritt in die gleiche Richtung laufen. Halten Sie das für sinnvoll? Ich nicht. Es ist das Ergebnis des Investierens in ETFs: ETF- Betreiber erhalten je nach Ereignis große Investitionssummen bzw. entsprechende Gelder werden abgezogen. Diese Zu- und Abflüsse werden nach einem festen Schlüssel in der Ölbranche umgesetzt, ungeachtet von etwaigen Entwicklungen die unterschiedliche Auswirkungen auf Dienstleister und Ölkonzerne haben. Mein zweites Beispiel ist die Pharma-Branche: Obama trat mit dem Versprechen einer großen Gesundheitsreform sein Präsidialamt an und seither schwebte das Damoklesschwert über der Pharmabranche. Kein Fondsmanager, kein institutioneller Anleger hat in den vergangenen Monaten Pharmaaktien übergewichtet, das wäre vor dem Hintergrund der großen Ungewissheit unverantwortlich gewesen. Inzwischen ist die Gesundheitsreform verabschiedet, und in den nächsten Monaten werden wir die Umsetzung der Beschlüsse beobachten können. Ich erwarte, dass Pharma-Aktien im Gleichschritt ansteigen werden, während die Ungewissheit langsam verschwindet. Dabei wird es kaum einen Unterschied zwischen den Aktien forschender Pharmakonzerne geben und den Aktien von Generika-Anbietern. Es sollte Geld gespart werden, und so wäre es doch nur zu verständlich, dass Generika-Aktien in den vergangenen Monaten kräftig hätten ansteigen sollen. Das war aber nicht der Fall, im Gleichschritt mit der Pharmabranche liefen deren Aktien weitgehend seitwärts. Wenn das Investieren in Pharma-Aktien in den kommenden Monaten wieder hoffähig wird, werden alle Pharmaaktien ansteigen. Erwarten Sie aber nicht einen Run auf die Generika-Aktien. Vielmehr werden meiner Erwartung nach Generika-Aktien stets nur ein ganz klein wenig mehr ansteigen und in Korrekturphasen ein ganz klein wenig weniger korrigieren. Erst nach einigen Monaten wird sich dann eine unterschiedliche Performance zeigen. Wer sich nur Tages- oder Wochencharts anschaut, wird den Eindruck erhalten, dass die Aktien dort ebenfalls parallel verlaufen. Warum also mache ich es mir nicht einfach und setze mit dem Heibel-Ticker stets nur auf ein paar endlos-ETFs? Weil ich der Ansicht bin, dass ich mit ein wenig Arbeit innerhalb dieser ETFs die besseren Aktien ausfindig machen kann. Entweder ich beschäftige mich mit der Branche, dann sollte ich also auch eine entsprechende Meinung über die Einzeltitel haben. Oder ich beschäftige mich nicht mit der Branche, dann sollte ich dort am besten garnicht investieren. ETFs vermitteln eine gefährliche Sicherheit. Soweit die Moralpredigt für heute.
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