Freitag der 13. im EURO STOXX 50
Veröffentlicht am
16.08.2010
Manchmal scheint es, als seien alle Bewegungen an der Börse vom reinen Zufall gesteuert. Und dann gibt es wieder Tage, da ist schon fast zu offensichtlich, was passieren wird. So geschehen am Ende der letzten Woche.
Rekapitulieren wir gemeinsam: Die Berichtssaison hatte die Aktienkurse nach vielen guten Quartalsberichten kräftig nach oben geschoben, in der Vorwoche hatten Arbeitsmarktzahlen aus den USA die Märkte verunsichert, und der DAX fand keine Kraft, sein Jahreshoch erneut zu überbieten. Der daraufhin letzte Woche einsetzende Abverkauf wurde stark von der Meldung beschleunigt, dass die Federal Reserve in den USA etwas unentschlossen sei, wie mit dem schwach erwarteten zweiten Halbjahr umzugehen ist. Wichtig war hierbei weniger die Unentschlossenheit, sondern eher die Tatsache, dass ein schwaches zweites Halbjahr fest angenommen wurde. Nun kam das Wochenende, und dieses wurde mit dem Datum eingeläutet, das negativ belegt und in zahlreichen Horrorfilmen verarbeitet worden ist: Freitag der 13.!
Schwächen im Chart
Wer würde nach dieser Auflistung ungünstiger Vorzeichen noch long gehen und auf steigende Kurse setzen? Richtig: niemand. Und da die Kurse nicht zufällig entstehen, sondern von Menschen erzeugt werden, konnte man getrost in den Charts nach Anhaltspunkten für Schwäche Ausschau halten. Wir tun dies im EURO STOXX 50. Betrachtet man den 5-Minuten-Chart, so erkennt man ein Abrutschen des Kurses bis zum Mittag. Zu diesem Zeitpunkt hatten alle verkauft, die verkaufen wollten. Zudem sind institutionelle Profis nicht erpicht darauf, ihre Positionen in der Mittagszeit zu liquidieren, wenn das Volumen niedrig ist, weil alle beim Essen sind. Also zielen sie auf Verkäufe vor 11 Uhr morgens, um noch einen Zeitpuffer zu haben. Wie hätte man also erkennen können (um nicht zu sagen‚ erkennen müssen‘), wo die Reise am Freitag hinging? Dankenswerterweise eröffnen die CFD-Broker ihren Kunden die Möglichkeit, die Kurse schon vor der Markteröffnung zu verfolgen. Wir erkennen eine fallende Reihe von Hochs und Tiefs, die in eine Seitwärtsbewegung führt, eine so genannte Range. Hier könnte man den Eindruck bekommen, der Kursverfall wäre zu Ende. Doch es werden keine neuen Hochs gebildet. Der Kurs ist weiter schwach. Als er schließlich unter die Unterstützungslinie der Range fällt, zeigt die lange Kerze, dass der Schwung zunimmt. Nun ist es kein Geheimnis mehr, dass die Schwäche anhält. Jeder Trader von Goldman Sachs bis zu den internetversorgten Bauernhöfen in den Alpen weiß nun Bescheid. Long geht nun keiner mehr. Damit erfüllt sich die Prophezeiung, und der Kurs kann nur sinken. Am Mittag geschieht nun nicht mehr viel. Eigentlich wissen viele, dass die Kurse zu Unrecht so niedrig sind. Doch hier kommen wieder fundamentale Gründe ins Spiel. Am Morgen war bereits ein rekordverdächtiger Anstieg des deutschen BIP für das zweite Quartal gemeldet worden, um 11 Uhr folgte das BIP der Eurozone ebenfalls mit einem Anstieg. Doch zunächst kam keine Reaktion. Die Börsianer warteten auf schlechte Nachrichten aus den USA. Als diese ausblieben, stiegen endlich diejenigen ein, die schon den ganzen Morgen auf eine Kaufgelegenheit gewartet hatten.
Fazit:
Manchmal geht es an der Börse nicht so zufällig zu wie es zunächst den Anschein hat. Wer die Psyche der Trader, ein paar Termine und die Charts im Auge behält, der kann sich vor falschen Hoffnungen schützen und offensichtliche Marktentwicklungen nutzen.