EZB will im Juni handeln
Heute einmal eine etwas andere Ausgabe als üblich, die sich mit grundlegenden Themen unserer Zeit beschäftigt und zum Nachdenken anregen soll.
Gestern war es wieder soweit und die Europäischen Währungshüter trafen sich zur monatlichen Pressekonferenz. Mario Draghi ließ zunächst alles beim Alten. Laut seinen Aussagen sei die EZB aber im Juni dazu bereit, weitere Schritte gegen die niedrige Inflation zu beschließen.
Bei einem Leitzins von 0,25% ist die Zinsschraube schon so gut wie abgedreht und es wäre noch eine Senkung auf z.B. 0,15% oder gar 0,00% möglich. Ob dies irgendeinen Einfluss auf Investmententscheidungen von Unternehmen haben wird, wagen wir zu bezweifeln. Es sind lediglich Signale an die Märkte, sollten solche Zinsschritte folgen. Die andere Variante sind Aufkäufe von Staatsanleihen durch die EZB. Mario Draghi umschreibt diese „hässliche“ Maßnahme vermutlich in seinen eigenen Worten wie folgt: "Der EZB-Rat ist einmütig entschlossen, im Rahmen seines Mandats auch unkonventionelle Instrumente einzusetzen, um den Risiken zu begegnen, die mit einer zu lange niedrigen Inflation einhergehen.“
Warum also bis Juni warten, wenn die Entscheidung eigentlich schon gefallen ist?
Ach richtig! Da war doch noch was!
Ende Mai finden die Europawahlen statt und selbstverständlich will man den Anti-Euro-Parteien nicht vor der Wahl eine gute (oder noch bessere) Ausgangslage verschaffen!
Die EZB wartet also ab, bis die Europawahlen über die Bühne gegangen sind und wird dann die vermutlich endlich die „Bazooka“ auspacken.
Was Draghi natürlich nicht erwähnt hat, war, dass die Stärke des Euros die größte Gefahr für Europa darstellt. Dies darf man so nicht äußern, ansonsten könnten die Marktteilnehmer noch auf den Gedanken kommen, dass sich die Weltwährungen im Abwertungswettlauf befinden!
Fazit:
Derzeit wird „Schönwetter“ gemacht und pünktlich vor den Europawahlen sprudelt es nur so vor guten Neuigkeiten aus Griechenland oder Portugal. Den Ländern geht es wieder bestens und sie konnten sich sogar Geld am Kapitalmarkt besorgen. Eine Freude!
Alles wird gut und die gigantischen Schuldenberge der Staaten werden mit Sicherheit stetig abgebaut. Ein gewaltiger Wirtschaftsaufschwung erfolgt immer ohne grundlegende Reformen, sondern nur aufgrund von billigem Geld der Notenbanken.
Doch Spaß beiseite. Das Papiergeld- und Zentralbanksystem ist krank, sogar schwerkrank. Die Notenbanken weltweit haben den Bogen überspannt und glauben noch immer daran, normale Wirtschaftsabschwünge oder Rezessionen mit billigem Geld ausgleichen zu können.
Doch dieses Verhalten führt zu Fehlallokationen in den Märkten. Wie kann es sonst sein, dass die Aktienmärkte seit Jahren steigen, obwohl das Wirtschaftswachstum schwach ist oder die Wirtschaft, wie in den USA im ersten Quartal, sogar schrumpft? Wir sehen ganz einfach eine Vermögenspreisinflation in den Bereichen Aktien oder Immobilien, die durch das billige Zentralbankgeld außer Kontrolle geraten sind.
Ein Blick auf die Zinsentwicklung der vergangenen 35 Jahre reicht eigentlich aus, um das Dilemma auf einen Blick zu erkennen:
Im obigen Chart sehen Sie die Entwicklung der Renditen bei den 30- jährigen US-Staatsanleihen. Seit Anfang der 1980er Jahre befinden sich die Zinsen in einem glasklaren Abwärtstrend.
Der Zins, als Steuerungsinstrument bei wirtschaftlichen Auf- und Abschwüngen, hat schlicht weg seine Wirkung verloren. In Krisenzeiten werden die Zinsen von den Notenbanken gesenkt, aber nie im gleichen Maße wieder erhöht. So entsteht eine Abwärtsspirale und der Zins verliert schlicht weg an Wirkung.
Sie sehen in dem langfristigen Chart der Renditen weder die Rezession Anfang 2000, noch andere wirtschaftliche Boom-Phasen oder Rezessionen, da die Abwärtsspirale in vollem Gange ist.
Auf der anderen Seite führen die stetig fallenden Zinsen (35 Jahre nur bergab) zu einer massiven Bewusstseinsveränderung der Bevölkerung. Warum soll man Kapital in Form von Sparen aufbauen, wenn die Zinsen immer weiter fallen und gerade einmal so zum Inflationsausgleich ausreichen?
Es wird kein Kapital mehr angespart, sondern die Anschaffungen werden auf Kredit finanziert. In den USA sind die Ausprägungen sicherlich stärker als bei uns in Europa, doch der Trend schwappt auch zu uns über.
Die Verschuldung auf Staatsebene, aber auch auf privater Ebene, steigt immer weiter. Die günstigen Zinsen machen es möglich.
Betrachten wir uns diese einfachen Marktzusammenhänge, so kommen wir zu dem eindeutigen Schluss, dass das noch vorhandene Wachstum nur aufgrund der künstlich niedrig gehaltenen Zinsen aufrechterhalten werden kann und auf Pump finanziert wird.
Das System gerät nun an seine Grenzen und früher oder später wird dies zu erheblichen Verwerfungen führen.
Die Schulden von einer Person, sind die Vermögenswerte anderer Personen oder Banken. Da aber der Großteil der Kredite für sinnlosen Konsum ausgegeben wird, stehen keine Vermögenswerte gegenüber, die im Ernstfall verwertet werden können.
Nachfolgend eine aktuelle Statistik der FED zur Entwicklung der Schulden:
Die Verschuldung der US-Bürger wuchs im 4. Quartal 2013 um satte 5,00% und im 3. Quartal 2013 um 5,30%. Das sind Wachstumsraten, wovon die US-Wirtschaft nur träumen kann. Sie sehen in der oberen Liste die Verwendung der Kredite. Immobilienfinanzierungen wuchsen um 152 Milliarden USD, die Studentenkredite (vermutlich die nächste Kredit-Blase) stieg um 53 Milliarden USD, die Autofinanzierungen um 18 Milliarden USD und die Kreditkartenschulden um 11 Milliarden USD.
Noch eine kurze Anmerkung zu den Studentenkrediten. Schauen Sie sich die Wachstumsraten dort an und die ausstehenden Kredite. Pro Quartal verschulden sich die Studenten für ihre Ausbildung mit etwa 53 Milliarden USD und einer Wachstumsrate von mehr als 10% pro Quartal. Insgesamt stehen die Studenten mit 1,08 Billionen USD (!!!) in der Kreide.
Überlegen Sie einmal in Ruhe, was diese Kredite wert sind (kaum Einkommen oder Sicherheiten), wie lange die Studenten, wenn Sie denn eine gute Arbeitsstelle finden, daran abbezahlen müssen und woher dann von dieser Gruppe frischen Geld für Konsum kommen soll! Etwas kritischer und politisch natürlich völlig unkorrekt, beschreiben wir die Situation einmal so:
All diese Punkte werden zwangsläufig zur nächsten großen Krise führen, bei der vor allem erneut die Banken unter Druck geraten werden. Dann müssen die Regierungen und Notenbanken wieder helfen, mit Geld, das nicht vorhanden ist, sondern frisch per Knopfdruck generiert wird.