Erneut Börsenbrief-Verleger wegen Scalping vor Gericht

Veröffentlicht am 13.01.2012

Vor dem Landgericht München findet nun der erste Prozess gegen einen Angeklagten statt, nachdem die Staatsanwaltschaft jahrelang ermittelt hatte. Den Börsenbriefverlegern und Aktionärsschützern wird die bewusste Kursmanipulation in 165 Fällen, u.a. bei dem Bezahldienstleister Wirecard, vorgeworfen.


Der erste Angeklagte im Prozess ist der 47-jährige Dipl. Kaufmann Stefan F., (Ex-)Herausgeber eines Börsenbriefs, der direkt zu Prozessbeginn ein Geständnis ankündigte. Der angeklagte versendete seinen Börsenbrief gratis an rund 18.000 Abonnenten und empfahl laut Anklage bewusst nur Pennystocks, also kleine Aktienwerte mit kaum Umsatz und niedrigem Kaufpreis – sogenanntes Scalping. Dabei erwerben die Herausgeber solcher Meldungen vorab selbst die Aktien und treiben die Kurse dann mit Falschmeldungen in die Höhe, um sie oft mit mehreren hundert Prozent Gewinn zu veräußern. Andere Anleger verlieren dabei meistens den Großteil ihres Einsatzes, da der Kurs im Anschluss wieder fällt.

Höchststrafe für Kursmanipulation und Insiderhandel sind im Normalfall jeweils fünf Jahre Gefängnis. Jutta Zeilinger, die vorsitzende Richterin kündigte an, der Angeklagte könne dank seines Geständnisses mit einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung rechnen. Hinzu kommt unter Umständen eine Geldstrafe. Die Verkündung des Urteils wird nächste Woche erwartet, prozessiert wurde über 44 Fälle aus den Jahren 2005 und 2006.

Laut Rechtsanwalt Alexander Kleinert sei sein Mandat bei Annahme des Jobs in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation gewesen und habe mit den Aktiengeschäften unterm Strich selbst einen Verlust von rund 50.000 Euro erlitten.

Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger involviert?

Insgesamt wird nach den jetzigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen vier Personen vorgegangen. Besonders schwerwiegend erscheint der Fall, da sich hierunter auch ehemalige Mitarbeiter der Schutzgemeinschaft für Kapitalanleger e.V. (SdK) befinden. Die SdK ist mit rund 12.000 Mitglieder eine der großen Organisationen im Bereich des Anlegerschutzes.

Konkret geht es u.a. um Markus Straub, ehemaliger Journalist und auch mehrere Jahre aktiv im Vorstand der SdK. Bekannt wurde Straub 2008 als er öffentlich angebliche Bilanzfälschungen beim  Bezahldienstleister Wirecard anprangerte und im Hintergrund selbst auf fallende Kurse spekulierte. Wochenlang musste sich Wirecard gegen die Vorwürfe der SdK zur Wehr setzen, der Kurs sank entsprechend. Die Schutzgemeinschaft für Kapitalanleger distanzierte sich offiziell von Straub und verschärfte entsprechende interne Vorschriften über  den Eigenhandel.

Der Prozess über die anderen Beschuldigten beginnt am 23. Januar und wird sich voraussichtlich länger hinziehen, bisher sind hier 30 Verhandlungstermine bis Mitte des Jahres angesetzt. Insgesamt geht es wohl um mehrere Hundert Fälle und Gewinne für die Angeklagten in Millionenhöhe.
 

Quelle: n-tv.de

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