Die Welt braucht Inflation!

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 28.10.2010
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Frankfurter Börsenbrief

Für erfahrene Börsianer ist dies ein neues Paradigma mit weitreichenden Folgen. Zunächst ist festzuhalten, dass für die USA sowohl die Kapazitätsauslastung als auch der Arbeitsmarkt gegen eine Versteifung der Inflation sprechen: Die Kapazitäten in der US-Industrie sind derzeit nur zu etwa 74,7 % ausgelastet (historischer Schnitt etwa 80 %). Die Arbeitslosenquote in den USA liegt bei hohen 9,6 % und zeigt die Gefahr einer Verkrustung. Eine Inflationierung ist in einem solchen Umfeld schwierig, aber nicht unmöglich. Und um das Schuldenproblem einigermaßen in den Griff zu bekommen, wird es kaum ohne eine erhöhte Inflation gehen, von welcher Seite auch immer diese induziert wird. Inflation ist kein Allheilmittel, sondern eher ein „kleineres Übel“.


Der Beinahe-Kollaps der Finanz-Szene erforderte ein rasches und sehr umfassendes Eingreifen. Dies war notwendig und hat zu einer massiven Überwälzung privater Schulden auf die öffentlichen Haushalte geführt. Diese erste Rettungsbewegung ist abgeschlossen. Nun geht es darum, „den Bierdeckel abzurechnen“. Dieser Entschuldungsprozess läuft in einer Reihe von Ländern mit dem Gegenwind der demographischen Struktur und der Perspektive, dass die Sozialleistungen in den kommenden 20 Jahren markant ansteigen dürften. Sowohl Einsparungen auf der Ausgabenseite als auch Einnahmensteigerungen über Steuererhöhungen wirken wachstumsdämpfend und erschweren den Entschuldungsprozess. Außerdem: Ein reiner Abbau der Staatsverschuldungen in der westlichen Welt würde bedeuten, dass dem gigantischen globalen Kapitalangebot ein tendenziell kleinerer Anlagemarkt (Staatsanleihen mit guten Bonitäten) gegenüberstünde. Eine Reduktion der aufgeblähten Staatsschulden ohne eine Rückführung der Überliquidität würde das Risiko von punktuellen Blasenbildungen in verschiedenen Anlagemärkten extrem verschärfen. Ein Musterbeispiel ist Großbritannien mit einem voraussichtlichen Haushaltsdefizit von 11 % der Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr. Es wurden sehr umfangreiche Haushaltskürzungen auf den Weg gebracht, die letztlich Steuererhöhungen, massive Ausgabenkürzungen (inkl. einem Stellenabbau von etwa 490.000) und auch Kürzungen bei den Sozialtransfers bringen dürften. Ähnliche Überlegungen laufen in nahezu allen übrigen etablierten Wirtschaftsräumen. In der Summe wird daraus vom IWF eine Wachstumsbremse von etwa 1,25 % der Wirtschaftsleistung erwartet. Wer also nur auf „Sparen“ setzt, muss eine maßgebliche Wachstumsbremse in Kauf nehmen. Dies hat auch politisch brisante Aspekte. Bitte beachten Sie dazu auch unsere Ausführungen auf Seite 3. Der westlichen Welt drohen Machteinbußen. Deutschland wurde bereits von China überholt und schied damit aus dem Kreis der Top 3 im IWF aus. Der Vorgang ist also nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch „geladen“. Mit dem QE 2-Programm wird die amerikanische Notenbank das Gaspedal tief durchdrücken. Ob sich tatsächlich eine Dynamisierung im Konjunkturverlauf ergibt, ist noch völlig offen. Aber es kann indirekte Folgen geben, die letztlich ein ähnliches Ergebnis bringen. Eine Überliquidität im System schafft grundsätzlich das Potenzial, dass es an den Anlagemärkten zu starken Aufwertungen kommt. Über den sog. Wohlstandseffekt könnte dies gerade auch im konsumorientierten Amerika eine Konsumbelebung begünstigen. Des Weiteren dürften die Maßnahmen darauf abzielen, für die USA eine möglichst steile Zinsstrukturkurve „zu kreieren“, also kurze Zinsen am kurzen Ende (eine wichtige Refinanzierungsgröße für die Banken) sowie erhöhte Zinsen bei langen Laufzeiten (wichtig für das Kreditgeschäft der Banken). Daraus ergibt sich für die Banken die Möglichkeit, über die Fristentransformation hohe Zinsmargen zu realisieren und über einbehaltene Gewinne die jeweilge Kapitaldecke zu „reparieren“. In der Summe wirkt das wie ein Anreizprogramm zur Kreditvergabe. Außerdem wird die Linie der Fed zu einem weiteren Anstieg der Inflationserwartungen führen. Das wiederum ist eine wichtige Kerngröße für die zu erwartende Investitionsbereitschaft der Unternehmen und damit auf längere Sicht auch für den (spätzyklisch reagierenden) Arbeitsmarkt. Die Fed wird mit Kanonen auf Spatzen schießen. Es geht nicht nur um das Volumen, sondern auch darum, dass den Märkten voraussichtlich signalisiert wird: Die Liquiditätsflutung wird solange fortgesetzt, bis man das Ziel erreicht hat. Gelingt das Manöver, dann erfolgt damit automatisch eine Teilentwertung des hohen Schuldenstandes. Unverkennbar ist das ein Ritt auf dem heißen Reifen. Die Gefahr ist, dass man den Fuß zu spät vom Gaspedal nimmt und es damit zu einem Überschießen der Inflation kommt. Doch dies dürfte den Währungshütern immer noch sympathischer sein als ein Abdriften in die Deflation nach japanischem Muster. Auf den Punkt gebracht: Für die Märkte wird eine so massive Stimulierung eine stark elektrisierende Wirkung haben. Anders als bei der ersten Runde geht es bei „QE2“ nicht nur um eine Rettung des Finanzsystems, sondern um eine echte Dynamisierung. An den Kapitalmärkten sind damit maßgebliche Verbesserungen möglich mit Blick auf Frühjahr/Sommer 2011. Gehen Sie derzeit also bitte nicht zu zaghaft an die Märkte heran und nutzen Sie die zahlreichen Chancen, die sich derzeit bieten.
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