Die vorläufige Griechenland-Lösung ist eine wichtige Zwischenetappe

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 28.07.2011
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Frankfurter Börsenbrief

Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das mühsam errungene und selbst für Profis nicht ganz einfach zu durchschauende Hilfspaket sieht neue staatliche Hilfen (inkl. IWF) im Volumen von 109 Mrd. € bis 2014 vor. Das Zinsniveau für künftige Hilfskredite wird reduziert auf 3,5 % bei gleichzeitiger Verlängerung der Laufzeiten auf wenigstens 15 Jahre. Griechenland muss weiter privatisieren, aber das Volumen wird mit etwa 28 Mrd. € bis 2014 deutlich unter den zuvor herumgereichten 50 Mrd. € liegen. Wichtig:


 

Die Gefahr eines Einfrierens im Interbankenmarkt ist damit vorläufig weitgehend vom Tisch. Die Beteiligung der privaten Gläubiger ist überschaubar mit netto gerade mal 37 Mrd. €. Je nach Kaufkurs der Griechenland-Anleihen dürfte so manches Institut sogar einen Profit verbuchen können. Mit der langen Diskussion hatte die Branche genügend Zeit, sich auf den Rahmen einzustellen, somit dürfte auch die effektive Belastung gut zu schultern sein. Im Zuge der Gesamt-Umsetzung wird es wohl kurzzeitig zu einem Default-Rating für Griechenland kommen, was aber eher ein technisches Ereignis ist und in diesem Fall auch kein großes Risiko mehr darstellt, denn bei einer Haftungsübernahme durch die Euro-Politik besteht nicht mehr das unmittelbare Risiko, dass griechische Banken von einer EZB-Refinanzierung abgeschnitten werden. Das ist ein wichtiger Punktgewinn und aus Sicht der Märkte kurzfristig wohl einer der wichtigsten Aspekte der erneuten Hilfe, auch wenn es faktisch einen weiteren „Bail Out“ der Finanzwirtschaft bedeutet. Machen wir uns nichts vor:

Die erweitere Griechenland-Hilfe führt den Euro-Club näher heran an eine Transferunion. Das ist nicht per se schlecht, bedarf aber eines größeren Regel-Rahmens. Prinzipiell ist die EU schon seit der Gründung eine Transferunion, aber nicht mit den nun angedeuteten Möglichkeiten oder Automatismen. Dies ergibt sich nicht nur aus der erweiterten Haftungsübernahme der europäischen Steuerzahler, sondern vor allem auch aus dem erweiterten Befugnisrahmen für den Stützungsfonds EFSF. Dieser erhält drei neue Instrumente für den Werkzeugkoffer: Man kann präventiv Mittel ausleihen an Länder, bei denen eine Schieflage droht. Außerdem darf der EFSF am Sekundärmarkt Staatsanleihen von Wackelkandidaten aufkaufen (und somit die Kurse stützen). Last, but not least kann der EFSF sogar Kredite an Regierungen ausreichen. Einfach ausgedrückt: Der EFSF wird zu einem Schlüsselinstrument, um Schulden einzelner Länder in der Eurozone zu solidarisieren. Dem erweiterten Befugnisrahmen wird letztlich auch ein erweiterter Finanzrahmen folgen. Derzeit ist ein Kreditvolumen von 440 Mrd. € veranschlagt. Für den voraussichtlich ab 2013 agierenden permanenten Stützungsfonds ESM ist ein Volumen von mehr als 500 Mrd. € vorgesehen. Damit dürften Portugal, Irland und Griechenland weitgehend abgedeckt sein. Für Turbulenzen in Spanien und Italien aber wäre das Fondsvolumen zu klein. Rechnen Sie also schon kurzfristig damit, dass eine Aufstockung des Volumens in die Diskussion kommt. Wenn die Steuerzahler (besonders die deutschen) mitmachen, ist all dies letztlich als Vorspiel zu Eurobonds zu sehen inkl. einer zumindest teilweisen solidarischen Haftung. Das aber bedeutet:

Es muss Sanktionsmöglichkeiten für Sünder-Länder geben. Wird diese Hürde nicht eingezogen, droht unweigerlich das Risiko eines Moral-Hazard, also eines unverantwortlichen Handelns, da die einzelnen Länder im jeweiligen Fall von Maßnahmen profitieren können, während Risiken weitgehend auf die Allgemeinheit übertragen werden. Für ein solches System ist der politische Zusammenhalt in der Eurozone definitiv zu klein, ein Auseinanderbrechen der Eurozone wäre für diesen Fall fast sicher. Denkbar wäre eine Lösung ähnlich wie in den USA, wo einzelne Bundesstaaten tatsächlich zahlungsunfähig werden können, aber wo daran eben nicht unmittelbar die Solvenz der Banken hängt. Denn auch kurzfristige Liquiditätslösungen, wie im Falle von Griechenland, dürfen nicht dazu führen, dass die auch weiterhin bestehenden Solvenzprobleme verschludert werden. Indikativ ist beispielsweise Portugal, wo man das Defizit zwar im ersten Halbjahr gegenüber den ersten Monaten im Jahr 2010 um über 2 Mrd. € zurückfahren konnte. Gleichwohl ist dies nur etwa die Hälfte das benötigten Volumens, wenn man die Defizitquote tatsächlich für das Gesamtjahr von 9,1 auf 5,9 % zurückfahren möchte. Und damit steht Portugal nicht allein da: Alle Länder der Euro-Peripherie (mit Ausnahme von Italien) liegen derzeit in den Sparbemühungen zurück, wenn man einen unterjährig gleichmäßigen weiteren Verlauf der Konsolidierung unterstellt. 

 

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