Die Verfassung der Börsen spiegelt sowohl ihren saisonalen Rhythmus als auch die nervöse Nachrichtenlage wider

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 25.04.2012
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Aktionärsbrief

Gepaart mit einer anfälligen Markttechnik führt dies zu einiger Volatilität, wie wir derzeit sehen können. Daraus ergibt sich jedoch keine Neueinschätzung der Märkte, denn im Kontext der letzten Monate ist deren Verlauf völlig normal. Warum?


 

Das erste Quartal war vor allem für die deutsche Börse sensationell. Die nebenstehende Grafik verdeutlicht dies im internationalen Vergleich. Es ist ungewöhnlich, dass gerade die deut- sche Börse Spitzenreiter ist, passt aber zur generellen Einschätzung, dass die deutsche Konjunktur derzeit am besten aufgestellt ist. Nicht nur im Vergleich zu den restlichen europäischen Ländern, sondern auch zu den USA und Asien gilt die deutsche Konjunktur als „sichere Bank“. Diese zog substanziell Kapital an und ließ Kurse steigen. Dennoch:

Der Markt reagiert auf jede Zahl und Meldung aus China hypersensibel. Auch in der deut- schen Börsentendenz ist eine nicht unerhebliche „China-Komponente“ enthalten, wenngleich sich diese in Zahlen nur vage greifen lässt. In dem Erwartungshorizont der Anleger ist aber starkes chinesisches Wachstum die Grundvoraussetzung für starkes deutsches Wachstum. In der Logik mag das stimmen, aber in Zahlen lässt es sich nicht griffig darstellen. Aber jedes Mal, wenn in China buchstäblich ein Sack Reis umfällt, wird den deutschen Anlegern bange.

Ein Sozialist im Élyséepalast wäre für die Börsen ein erhebliches Problem. Dann sind jegliche Reformansätze, die französische Wirtschaft zu dynamisieren und den Staatshaushalt zu konsolidieren, bis auf Weiteres hinfällig. Daraus würde sich fast zwangsläufig die Eurokrise neu entzünden. Wir gehen davon aus, dass es Sarkozy im zweiten Wahlgang packt, aber für die nächsten 10 Tage sind alle in Wartestellung.

Der Fokus auf Spanien als neuer Krisenherd in Europa erscheint wie aufgewärmtes Sommertheater. Nach Griechenland wissen die Märkte, wie im Falle des Falles eine Lösung aussehen wird. Aus dieser können sich die Europäer auch gar nicht herausreden. Ob sie gut oder schlecht ist, ist nicht entscheidend, der Markt weiß, dass die Europäer wieder so handeln würden. Daran ändert auch die Größe Spaniens nicht.

Die Quartalszahlen der Unternehmen liefern erstaunlich wenig neue Impulse. Sie decken im Wesentlichen die Erwartungen, liegen zum Teil auch drüber, schaffen es aber nicht, den Börsenkursen eine neue Dynamik zu verleihen. Das ist etwas enttäuschend, insbesondere mit Blick auf die USA. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass die weitere Vorgehensweise der Notenbank einige Unsicherheit mit sich bringt.

Fazit: Relativ wenig Substanz wird mit viel Stimmung kompensiert. Die Phrase „sell in May and go away“ klingt abgedroschen, dürfte aber im Wesentlichen das Börsenge- schehen der nächsten zwei, drei Monate bestimmen. Fundamental ist die Ausgangslage wenig problematisch, aber die nüchterne Stimmung nimmt den Dampf aus den Börsen, womit sich das Tempo, aber nicht die Tendenz ändert. 

 

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