Die Signalwirkung des Ölpreises

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 10.06.2011
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Wir befinden uns nun im Sommerloch und Sie dürfen nicht erwarten, dass auf den Finanzmärkten große intellektuelle Leistungen vollbracht werden. Die Themen, mit denen wir in den Sommer gehen, werden uns vermutlich für einige Wochen beschäftigen, bevor sie sich am Ende des Sommers auflösen.


Zum Beispiel der Ölpreis. Mit 100 USD/Fass Texas Öl bzw. knapp

120 USD/Fass Nordseeöl notiert das Öl deutlich höher als von der Wirtschaft für vernünftig angesehen. 80 USD/Fass ist zwar ein stolzer Preis, aber auf dieses Niveau hat sich die Wirtschaft eingestellt.

Zwei kleine Hedgefonds und ein Öltankerbetreiber haben es in diesem Frühjahr geschafft, durch gezielte Optionskäufe den Ölpreis auf 110 USD/Fass Texas Öl zu treiben. Gerade die US- Börsenaufsicht SEC vertritt immer wieder die Auffassung, dass der weltweite Ölmarkt zu groß ist, als dass die Preisfindung manipuliert werden könnte. Und nun veröffentlicht eben diese US-Börsenaufsicht einen Bericht, in dem obigen drei Akteuren die Hauptschuld an der Preistreiberei gegeben wird. Doch die Schlussfolgerung, die Margin-anforderung anzuheben, bleibt bislang noch aus (höhere Sicherheitsleistungen, damit Finanzjongleure nicht mit kleinen Beträgen über großen Hebel zu viel Preiseinfluss haben).

So bleibt der Ölpreis auf einem hohen Niveau und die OPEC verhandelt über weitere Schritte. Das einzige OPEC-Land, das noch ausreichend Förderkapazitäten hat, um die tägliche Fördermenge nennenswert auszuweiten, ist Saudi Arabien. Noch vor wenigen Wochen hat Saudi Arabien vollmundig erklärt, die Welt sei überflutet von Öl, und man werde die tägliche Fördermenge eher zurückfahren. Diese Woche schließlich läuft es mit dem Vorschlag, die Fördermenge zu erhöhen, bei den anderen OPEC-Ländern vor die Wand.

Saudi Arabien, das als Freund der Amerikaner gilt und vor wenigen Wochen einen Aufstand der Schiiten in Bahrein mit eigenen Truppen bekämpft hatte (die Schiiten werden vom Iran unterstützt), hat sich mit diesem Vorgehen keine Freunde beim Rest der OPEC gemacht. Der Iran hat Venezuela, Libyen, Algerien, Angola und Ecuador auf seine Seite gezogen und eine Erhöhung der Förderquoten abgelehnt. Die Liste dieser Länder liest sich fast schon wie die Liste der meistgeächteten Länder der USA. Da braut sich was zusammen bei der OPEC...

 

Die Gegner der Erhöhung der täglichen Förderquoten produzieren sämtlich am Limit ihrer Förderkapazitäten. Sie können also nur dann mehr verdienen, wenn der Ölpreis weiter steigt. Kein Wunder also, dass man der westlichen Welt nicht den Gefallen tun möchte, für eine Entspannung auf den Ölmärkten zu sorgen.

Und ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob die Saudis nicht heimlich ebenfalls recht zufrieden mit dem „katastrophalen“ Ergebnis der OPEC-Sitzung sind.

Wenn nun also weder Margin-Anhebungen noch Förderquotenerhöhungen für einen fallenden Ölpreis sorgen, dann sind die Finanzmärkte und die Angebotsseite aus dem Rennen.

Bleibt die Nachfrageseite: Ein Nachfragerückgang würde natürlich dem hohen Ölpreis ein Ende setzen. Doch diese Alternative gefällt Börsianern natürlich am wenigsten, daher ist die Börsenstimmung derzeit so schlecht.

Solange der Ölpreis steigt und die Wirtschaft brummt ist die Börsenwelt in Ordnung. Doch über 100 USD/Fass ist die Skepsis groß, dass der hohe Ölpreis ab einem bestimmten Niveau

(Marktmeinung: spätestens ab 110 USD/Fass Texas Öl) die Wirtschaft bremsen wird. Man möchte gerne einen niedrigeren Ölpreis, ohne die Nachfrageseite nach dem Öl zu dämpfen. Doch das ist derzeit nicht in Sicht.

 

Ich würde daher in den nächsten Wochen einen direkten Zusammenhang zwischen der Ölpreisentwicklung und der Aktienkursentwicklung beobachten: Steigen die Aktienkurse während auch der Ölpreis steigt (wie gestern), dann handelt es sich vermutlich um eine Erholungsrallye im anhaltenden schlechten Börsenumfeld. Steigt der Ölpreis während die Aktienkurse fallen, dann wird dem hohen Ölpreis die Zerstörung der Wirtschaft zugesprochen, Weltuntergangspropheten haben ihre beste Zeit. Fällt der Ölpreis, aber gleichzeitig auch die Aktienkurse, dann überwiegt die Weltuntergangsstimmung bereits, die Wirtschaft wird als schlecht betrachtet. Wir befinden uns nah am Ende der Korrektur.

Fällt schließlich der Ölpreis während gleichzeitig die Aktienkurse bereits steigen, dann könnte das Ende der Korrektur eingeläutet werden.

Der Ölpreis ist aber nur ein Thema, das uns in diesem Sommer beschäftigen wird. Die EU-Schuldenkrise wird weiter in den Schlagzeilen bleiben. Egal, wie die Lösung für Griechenland aussehen wird, es wird die Geschlossenheit der EU demonstriert jedoch gleichzeitig die Stabilität der Währung riskiert.

Ein Ende der restriktiven Geldpolitik in China (6,31%) lässt weiter auf sich warten. Währenddessen erhöhen die anderen BRIC- Schwellenländer Russland (8,25%) , Indien (7,25%) und seit dieser Woche auch Brasilien (12,25%) fleißig weiter ihre Leitzinsen, um der (rohstoffgetriebenen) Inflation Einhalt zu gebieten. Die Weltwirtschaft, und somit auch die Börsen, verharren in Warteposition, bis sich ein Ende der Leitzinsanhebungen abzeichnet.

In Japan lässt der wiederaufbau-induzierte Aufschwung weiter auf sich warten. Währenddessen zeigt sich in anderen Ländern immer mehr, welche negativen Auswirkungen die Katastrophe in Japan hatte. Insbesondere die Technologie- und Automobilbranche in den USA leidet unter den Folgen. Wir hier in Deutschland scheinen davon zu profitieren, denn gegen den Branchentrend können unsere Unternehmen derzeit gute Absatzzahlen vermelden.

Dieser Sondereffekt ist gut für Deutschland, dennoch fehlt ein Aufschwung in Japan, um die Krisensorgen vieler Anleger zu vertreiben.

Bleibt noch der Arbeitsmarkt in den USA, der in den vergangenen Wochen verheerend schlechte Zahlen lieferte. Gleichzeitig wird es schwer für Obama, weitere Gelder für seinen Haushalt zu erlangen, da die Obergrenze für seine Verschuldung erreicht ist. Hilfe kann dann nur noch von Ben Bernanke und der US- Notenbank Fed kommen, die schlimmstenfalls eine dritte Runde der quantitativen Liquiditätsflutung einläuten müssen, um das Abrutschen in eine Rezession zu verhindern.

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