Die Märkte müssen lernen, wieder auf eigenen Beinen zu stehen
Die immer wieder betonte Unterstellung, dass eine positive Börsentendenz von den Liquiditätsspritzen der Notenbanken abhängt, ist problematisch. Börsen, die nur laufen, wenn künstlich erzeugte Liquidität ins Bankensystem gepumpt wird, folgen keiner eigenen Tendenz und finden auch keine adäquate Bewertung.
Die Fed, die EZB und die Bank of England haben zwischen 3.000 und 4.000 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Sei es über direkte Käufe an den Anleihenmärkten, sei es als billige Darlehen an die Banken. Daraus konnten sich die Märkte aus der völlig festgefah- renen Ausgangslage während der Krisen heraus entwickeln. In der Sache war diese Entscheidung richtig. Die Folge waren deutlich steigende Kurse sowohl an den Aktien- als auch an den Anleihenmärkten, womit zunächst einmal Bewegung in die- se kam. Das ist aber keine Dauerlösung.
Natürlich ist eine expansive Geldpolitik für Aktienmärkte immer positiv. Normalerweise läuft dies über die Zinsen bzw. folgt dem typischen Zinszyklus. Bei steigenden Zinsen kriegen Märkte Gegenwind, bei fallenden erhalten sie Rückenwind. Anders:
Die Rettungsmaßnahmen der Banken sind eine absolute Sondersituation. Erstens haben die Notenbanken hier eine Rolle übernommen, die ihnen gar nicht zugedacht wird, und zweitens sind die zur Verfügung gestellten Gelder im Volumen so groß, dass sie Märkte völlig manipulieren können. Im Falle der Anleihenmärkte war das auch das Ziel, nämlich sie a) liquide zu halten und b) das Zinsniveau am langen Ende künstlich nach unten zu drücken. Das sind aber alles Notkonstruktionen, die durch die Finanzkrise erzwungen worden sind.
Wenn die Abhängigkeit der Börsentendenz von der Bereitwilligkeit der Noten- banken, Geld zur Verfügung zu stellen, abhängt, ist das kein gutes Zeichen für die kommende Tendenz. Die Unternehmensgewinne sind hoch genug und gleichzeitig die Bewertung der Aktien niedrig genug, um eine eigene Börsentendenz darzustellen. Dazu braucht es keinen zusätzlichen Schub durch die Notenbanken. Das muss der Markt realisieren und sich so aus der Abhängigkeit befreien. Bei der Aktientendenz ist das ohne Weiteres möglich.
Die Anleihenmärkte würden ohne die Notenbanken deutlich absacken und die Renditen nach oben schießen. Diese Konsequenz lässt sich auch gar nicht vermeiden. Die Frage ist nur, ob es schnell und heftig erfolgt oder langfristig hinausgezögert wird. Die erste Variante wäre natürlich besser, weil die zweite die Märkte vor erhebliche Schwierigkeiten stellt.
Die Fed muss als erste ihre Rettungsprogramme beenden. Die amerikanische Leitbörse ist stark genug, um auch ohne diese Liquidität zu laufen. Das wäre ein Beweis der Stärke, der auch notwendig ist, um nachhaltig Vertrauen in die Konjunkturdynamik zu legen. Für die EZB ist das Ganze erheblich schwieriger, weil die Ausgangslage in den südlichen Euroländern eine andere ist. Per Saldo muss aber auch die EZB das Geld wieder einsammeln.