Die jüngeren Weichenstellungen aus China haben es langfristig in sich

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 15.03.2012
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Frankfurter Börsenbrief

und gehen weit über den rein chinesischen Rahmen hinaus. Das Wachstumsziel für dieses Jahr wurde auf 7,5 % gesetzt, was nur nachrangig relevant ist, da diese Marke sehr bequem übersprungen werden dürfte wie auch schon das vorjährige Ziel von 8 % (tatsächlich waren es dann 9,2 %).


 

Doch die Fahrtrichtung, auch angelehnt an den Fünfjahresplan vom vergangenen Frühjahr, ist klar: China will ein ausbalancierteres Wachstum mit mehr Qualität, auch auf Kosten von etwas Quantität. Letzteres ist allerdings eher eine nominale Betrachtung, denn mit zunehmender Größe haben auch kleinere prozentuale Zuwachsraten ein enormes absolutes Gewicht. Immerhin lag das Wirtschaftswachstum von China allein in den letzten sieben Jahren bei im Schnitt 10,9 %. Im letzten Jahr erreichte das chinesische BIP grob 6,5 Billionen Dollar.

Besser ausbalanciert heißt in diesem Fall mehr Konsum, weniger Investitionsanteil in der Wirtschaftsleistung, höhere Technologie-Kompetenz und graduelle Öffnung in Richtung der Kapitalmärkte. Jeder dieser Punkte enthält eine immense Breitenwirkung im globalen Rahmen. Der chinesische Aufschwung war stark investitionslastig. Seit dem Jahr 2000 sind sowohl die verfügbaren Einkommen der Haushalte als auch der Konsum der Haushalte im Anteil an der Wirtschaftsleistung rückläufig gewesen. Letztere Größe verringerte sich beispielsweise von grob 46 % des BIP auf unter 35 %. Um diese Schere zu schließen und auch ein Überschießen von Investitionen (mit dem Risiko von Überkapazitäten) zu vermeiden oder zu reduzieren, gilt es, den Konsum zu stärken. Einige westliche Konsumunternehmen wie die Luxusgüterhersteller werden hieran kräftig verdienen. Ein stärkerer chinesischer Konsum erfordert tendenziell höhere Einkommen, aber auch mehr Sicherheit im Bezug auf die Sozialsysteme (z.B. Gesundheitsversicherung, Altersvorsorge).

Chinesische Sparer brauchen attraktivere Anlagemgöglichkeiten. Wir sprechen über ein gewaltiges Volumen: Die Bruttosparleistung Chinas liegt in der Jahresrate bei mehr als 3 Billionen Dollar, was um etwa die Hälfte über der Bruttosparleistung der USA liegt. Würde ein solches Sparpotenzial weltweit marktwirksam, könnte dies eine ähnlich markante Weichenstellung für die Kapitalmärkte werden wie die Öffnung von China als Produktionsstandort für die globale Produktion (Stichwort Billige Werkbank).

Langfristig wird China seine Kapitalmärkte öffnen.

China muss es tun, wenn es auch in dieser Hinsicht zu einem ernst zu nehmenden Player werden möchte. Dies dürfte mehrstufig erfolgen: In den kommenden Jahren dürften Chinesen in der westlichen Welt offensiver auftreten im Bezug auf Übernahmen von Unternehmen und damit die aktuelle Investitions-Lethargie westlicher Konzerne geschickt ausloten. In einer weiteren Stufe dürfte der Renminbi noch stärker als Transaktions-, Verschuldungsund mithin als Reservewährung etabliert werden. Ein passendes Schlaglicht dazu ist, dass in absehbarer Zeit auch Japan chinesische Staatsanleihen erwerben wird. Noch weiter gedacht werden Ausländer wohl auch noch stärker direkt in chinesische Aktien investieren können. Doch die gegenteilige Flussrichtung des Kapitals ist wesentlich interessanter. Denn eine echte Marktliberalisierung hieße für den globalen Kapitalmarkt einen massiven Zustrom von jetzt weitgehend geblocktem Kapital. Dies ergänzt den zunächst kurzfristigen Rahmen der Liquiditätsflutungen von Fed, Bank of England, Bank of Japan und der EZB. Das wiederum impliziert: Eine Reihe von westlicher Staatsanleihen wird auch weiterhin (zu) niedrige Renditen zeigen. Niedrige Renditen bei sog. Risk Free Assets (also Staatsanleihen ohne Ausfallrisiko) bedeuten umgekehrt weiterhin extrem attraktive Risikoprämien für Aktien. Dies in Verbindung mit immer noch niedrigen Bewertungen ergibt einen hochgradig interessanten Liquiditätscocktail als Langfristtrend. 

 

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