Die Immunonkologie ist ein relativ neues Produktsegment, das von konjunkturellen Zyklen nicht tangiert wird

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 30.09.2015
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Aktionärsbrief

Die Immunonkologie steht für eine neue Ära der Krebstherapie, indem sie das körpereigene Abwehrsystem nutzt, um Krebszellen anzugreifen. Das Prinzip basiert auf der Tatsache, dass das Immunsystem eines der stärksten und wirkungsvollsten Instrumente des Körpers zur Erkennung und Bekämpfung von Erkrankungen ist. Im Gegensatz zu herkömmlichen Therapien, die direkt auf den Tumor abzielen, machen immunonkologische Wirkstoffe sich die natürlichen Fähigkeiten des körpereigenen Immunsystems zur Krebsbekämpfung zunutze.


Zweistellige Wachstumsraten. Gelingt der Durchbruch mit Immuntherapeutika, winken Milliardenumsätze. Analysten rechnen mit einem jährlichen Spitzenumsatz von mindestens 35 Mrd. bis 50 Mrd. $, der von den Anbietern bis 2023 gemeinsam erzielt werden könnte. Das ist fast die Hälfte des von der Pharmabranche 2013 erwirtschafteten Erlöses mit Krebsmedikamenten. Die Beratungsgruppe Evaluate Pharma prognostiziert dank der neuen Wirkstoffe in der Onkologie ein jährliches Wachstum von 11 % bis 2020.

Am weitesten auf diesem Gebiet ist BRISTOL-MYERS SQUIBB (WKN: 850 501; 58,95 $). Eines der wenigen Unternehmen, die bereits Erfahrung in der Immunonkologie haben, ist Bristol-Myers. Es hat seit 2011 das Hautkrebsmedikament Yervoy auf dem Markt. Bristol-Myers setzt hier auf sog. PD-1-Rezeptoren oder Liganden. Deren Verbindung hemmt die körpereigene Bekämpfung von gesunden Zellen. Auch Krebs versteckt sich vor dem Immunsystem dank dieser Verbindung. Löst man die Bremsen, eliminiert der Körper Krebszellen selbstständig. Wissenschaftler glauben, dass der Fokus auf den PD-1-Liganden zu weniger Nebenwirkungen führt als der Fokus auf den PD-1-Rezeptor.

Vor zwei Wochen hat Bristol-Myers Squibb hat auf dem Weg zur Zulassung seines Krebsmittels Opdivo eine wichtige Hürde genommen. Die US-Zulassungsbehörde FDA hat dem Mittel den Status „Break Through Therapy“ verliehen. Damit bescheinigt die FDA einem neuartigen Medikament einen Therapiedurchbruch bei schwerwiegenden Erkrankungen. Dies wiederum kann die Zulassung des Mittels beschleunigen. Opdivo ist bereits gegen Lungen- und Hautkrebs im Einsatz und soll nun auch bei fortgeschrittenem Nierenkarzinom (RCC), der häufi gsten Form von Nierenkrebs bei Erwachsenen, zugelassen werden. Opdivo trauen Analysten einen Umsatz bis 2020 von mehr als 6 Mrd. $ zu.

Mit starken Halbjahreszahlen hat Bristol-Myers Squibb seine Gewinnprognose erhöht. Je Aktie wird beim um Sondereffekte bereinigten Gewinn nun ein Wert zwischen 1,70 bis 1,80 $ erwartet. Dies sind jeweils 10 US-Cent mehr als bei der alten Prognose. Die Entwicklung dieser potenziellen Kassenschlager hat aber auch ihren Preis. Wegen höherer Kosten stand am Ende des zweiten Quartals ein Verlust von 130 Mio. $ in den Büchern. Der Umsatz legte um 7 % auf 4,2 Mrd. $ zu.

Fazit: Bristol-Myers Squibb ist auf dem Weg zur Nummer eins in der Immunonkologie. Das KGV von 35 per 2015 ist zwar ambitioniert. Die Gewinndynamik über die nächsten Jahre liegt dafür aber auch zwischen 20 und 30 %. Die Aktie wird also schnell in den aktuellen Bewertungsansatz hineinwachsen. Wir schlagen ein Kaufl imit um 55 $ vor. Bis 2020 sollte dann eine Kursverdoppelung gelingen.

Die Nummer zwei bei der Immunonkologie ist ROCHE (WKN: 851 311; 254,00 CHF).Entscheidend wird unter anderem sein, wie sich Roche mit dem in der Pipeline befindlichen Immuntherapeutikum Atezolizumab schlägt. Die Sorte Medikamente, zu denen Atezolizumab zählt, könnte die Behandlung von Lungen- und Blasenkrebs revolutionieren. Entsprechend viele Ressourcen verwendet Roche auf die Entwicklung und die Erprobung in Kombination mit anderen Präparaten. In der Phase-II-Studie POPLAR hat Atezolizumab verglichen mit Chemotherapie einen statistisch signifi kanten Überlebensvorteil gezeigt. Roche wird für den Wirkstoff Anfang 2016 erste Zulassungsanträge stellen. „Wir haben derzeit fast vierzig Projekte, bei denen wir Immuntherapeutika in Kombination mit anderen Krebspräparaten testen,“ so CEO Severin Schwan. Gemessen am KGV von 16 per 2016 ist Roche sicherlich die günstigere Alternative. 3,3 % Dividendenrendite runden das Bild ab.

Fazit: Moderat bewertetes Trendinvestment. Roche bietet vor allem eine Einstiegschance für Anleger, die ihr Depot nicht alle paar Monate umschichten und den Nebeneffekt stetig steigender Dividenden genießen wollen.

Mit EVOTEC (WKN: 566 480; 3,90 €) ist auch ein deutsches Unternehmen involviert. Mitte August stärkte Evotec ihre Aktivitäten in der Krebsimmuntherapie. Hierfür erweitert sie ihre Partnerschaft mit dem französischen Pharmakonzern Sanofi und der österreichischen Apeiron Biologics. Es winken Meilensteinzahlungen in Höhe von bis zu 200 Mio. € sowie Umsatzbeteiligungen im Falle der Vermarktung. Zuletzt hatte Evotec die Prognose angehoben. Das im TecDax notierte Unternehmen rechnet für das laufende Geschäftsjahr mit einem Umsatzanstieg von rund 45 % auf 106 Mio. €. Bislang hatte man ein Umsatzplus von mehr als 35 % angestrebt.

Fazit: Oberhalb von 4 € wäre der Weg nach oben frei. Im Vergleich zu Bristol-Myers Squibb und Roche ist Evotec die spekulative Variante.
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