Die geldpolitischeWende ist eingeleitet

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 24.02.2010
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Frankfurter Börsenbrief

Die Federal Reserve hat den Diskontsatz auf 0,75 % angehoben. Die amerikanische Notenbank beeilte sich, der Öffentlichkeit zu versichern, daß die Zinswende gar keine Zinswende sei.


Das ist natürlich Unsinn, aber: Auch wir erwar- ten bis Ende September keine Erhöhung bei den FED-Fund-Rates. Die Inflation ist zuletzt zwar leicht angezogen, aber noch im akzepta- blen Schranken. Schon in der Vorwoche hatte Notenbank-Chef Ben Bernanke vor dem Senat angekündigt, die Notenbank werde „irgend- wann die Zinsen auch wieder anheben“ müs- sen. Das wurde von vielen Marktteilnehmern noch nicht so recht ernstgenommen, war die Geldpolitik doch bis dato so expansiv wie noch nie in der Geschichte. Zu Recht, um einen völ- ligen Kollaps zu verhindern. 1930 führte eine Straffung der Geldpolitik zu einem Jahrzehnt der Wirtschaftsschwäche. Auch wenn es noch immer fraglich ist, wie sinnvoll es sein kann, die Fehler einer Politik des zu großen Geldmengenwachstums durch noch mehr Liquidität auszumerzen. Wie sieht das Instrumentari- um der FED aus? Die Wende in der Geldpolitik vollzieht sich über a) das Ende aller Aufkaufprogramme für Bonds, die die Renten stützen sollten b) den Verkauf von Corporate-Bonds aus der Bilanz, um Liquidität vom Markt zu nehmen c) die Kürzung der Laufzeiten für dieTender und d) die Erhöhung der Einlagen-Zinsen (derzeit können Banken Liquidität für 0,25 % bei der FED parken). Je mehr Kapital aus dem Kreislauf genommen wird, um so stärker sinkt die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Die aktuelle Steuerung verläuft schonend. Der ein oder andere Investor wird noch mit Schrecken an das Frühjahr 2000 denken. Damals hatte die US-Notenbank die aus Furcht vor Problemen im Zuge des Millennium-Wechsels massen- haft in den Markt gepumpte Liquidität wie mit einem Staub- sauger zurückgeholt. Die Folge war der Crash, der im März 2000 begann. Für die Börsen ist und bleibt Liquidität die wich- tigste zu untersuchende Komponente. Es ist der Treibstoff des Börsenmotors. Ohne Liquidität keine Nachfrage, ohne Nachfrage keine steigenden Kurse. Börse kann auch ganz einfach sein. Die Charts auf dieser Seite machen deutlich, daß auf der einen Seite die Liquidität immer mehr als ausrei- chend vorhanden ist, um die Märkte am Laufen zu halten. Auf der anderen Seite die FED aber schon in den letzten beiden Wochen des vierten Quartals (und zuletzt fortgesetzt) angefangen hat, die Liquidität wieder aus dem System her- auszuziehen - ohne gravierende Konsequenzen bisher. Ausnahme: Die Bankenbranche bleibt ein Underperformer. Sie trifft der Entzug von Kapital am härtesten. Die Belastun- gen werden im Zinsergebnis deutliche Spuren hinterlassen. Der Zeitpunkt ist nicht gerade optimal: Angesichts der Obama/Volker-Pläne a) die Größe der Banken zu beschränken, b) die Beteiligung an Hedge-Fonds zu verbieten und c) den Eigenhandel einzuschränken, blieb ihnen als wesentliche Ertragsstütze das Zinsergebnis. Jetzt schrumpft auch noch die Zinsmarge. Eine niedrigere Zinsmarge macht natürlich Probleme in der Risikoadjustierung im Kreditbuch. Auch das zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Angesichts der noch immer herausfordernden Wirt- schaftslage rechnet Analystin Meredith Whitney mit einem Abschreibungsbedarf für die Kreditportfolios in die- sem Jahr von 4 - 20 %. Worauf muß der Anleger achten? Die Auslese hat begonnen. Die Unterindizes vermitteln ein falsches Bild. Die Performance der Bankaktien ist nicht flat, sondern sehr heterogen. Selten in der Geschichte sind Gewinner und Verlierer dermaßen stark auseinander- gedriftet.Trotz der angesprochenenVorzeichen wäre es dem- nach falsch, alle Banken über einen Kamm zu scheren. Goldman Sachs, Barclays oder auch die Deutsche Bank ha- ben einen guten Job gemacht während der Krise. Sie haben den Selektionsprozeß überstanden und werden in diesem Jahrzehnt eine gute Rolle spielen. Die Wachstumsraten und Renditen werden natürlich nicht mehr an das erste Jahrzehnt anknüpfen können, das wurde bei derVorlage der Zahlen mehr als deutlich. Auch deshalb, weil der Markt nicht bereinigt ist: Von kreativer Zerstörung à la Joseph Schumpeter ist nichts zu sehen. Die von dem Wirtschaftshistoriker Niall Ferguson als „Zombie-Banken“ beschriebenen Pleitiers, die vom Steuerzahler gerettet wurden (Citigroup, RBS etc.), mischen in diesem Markt weiter mit. Einige scheinen nichts dazugelernt zu haben. Schon 1998 war die UBS größter Verlierer beim Debakel um den LTCM-Fonds. In dieser Krise hatte in Europa wieder kein Institut höhere Abschreibungen und Ausfälle als die Schweizer Großbank. Inzwischen laufen ihnen die Kunden in Scharen davon. Der Bereinigungsprozeß ist noch nicht abgeschlossen. Griechenland ist nicht wirklich ein Thema. Wenn Portugal und Spanien wanken sollten, wären die Konsequenzen im „Depot A“, also den Papieren, die im Eigenbesitz der Kreditinstitute sind, gravierender. Herausfordernd sehen wir nach wie vor die Situation in Osteuropa. Die Milliarden des IWF haben den Kollaps nur herausgezögert, nicht verhindert. Österreich ist hier traditionell sehr exponiert. Von der ersten Beinahepleite der Creditanstalt 1931 wegen des zu Osteuropa- lastigen Geschäftsmodells bis in die Gegenwart läßt sich dieses Risiko kontinuierlich nachzeichnen. Gewinner sind die Entrepreneure. Nach der größten Finanzkrise des 19. Jahrhunderts gründete ein gewis- ser Nathan Rothschild 1810 ein Bankhaus, was sich schnell zum dynamischsten Geldhaus der Branche entwickelte. Weil es keine Altlasten hatte und sich nicht um interne Zänkereien bezüglich des Risikokurses kümmern mußte. In der Krise haben die großen Banken, gerade auch im Investment-Banking, zum großen Kehraus gerufen. Wie Insider berichten, haben vor allem die Spitzenkräfte die Abfindungszahlungen gerne angenommen und sich neuen Gesellschaften angeschlossen. Ein Beispiel dafür ist Ken Griffin, der aus seinem Hedge-Fonds Citadel eine Bank formen will. Andere Namen sind jetzt noch nicht bekannt. Wir werden diesen Prozeß aufs engste begleiten und Ihnen die dynamischsten Start-ups vorstellen. Turn-arounds der aus der Krise übriggebliebenen und gar geretteten Institute werden bei uns keinen überdurchschnittli- chen Stellenwert bekommen.
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