Die Fehleinschätzung von Mario Draghi

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 07.11.2013
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Die EZB hat gestern den europäischen Leitzins von 0,5% auf 0,25% gesenkt. Mario Draghi begründet den Schritt mit Deflationsgefahren, die er in der Eurozone sieht. Die Entscheidung war innerhalb der 23 EZB-Direktoren ungewöhnlich umstritten, einige Direktoren um Bundesbankpräsident Jens Weidmann wollten zunächst noch einen Monat abwarten und die Entwicklung weiter beobachten.


Die angelsächsische Presse hatte im Vorfeld der Sitzung bereits Stimmung für eine Zinssenkung gemacht. In den Club-Med Ländern ist die Inflation nahe Null, in Griechenland sogar seit Jahren negativ. Auf der anderen Seite beschweren wir uns hier in Deutschland bereits seit Jahren zu Recht über eine zu hohe Teuerungsrate.
 

Der Schritt von 0,5% auf 0,25% nicht mehr als ein symbolisches Zeichen

Die Kosten für Geld sind nahe Null, dennoch kommt das in den Umlauf gepumpte Geld kaum in der Wirtschaft an. Die Ursache ist nach wie vor in den hohen Risikowerten zu suchen, die in den Bankbilanzen noch immer schlummern. Die Deutsche Bank hat beispielsweise im gerade vorgelegten Quartalsbericht gerade genau so viele Rückstellungen für Risikowerte erstellt, dass der Quartalsgewinn knapp über Null verblieb. Ein Zufall?

Auf die Wirtschaft wird dieser Zinsschritt keinen messbaren Einfluss haben. Wohl aber auf die Psychologie.

Draghi wollte damit signalisieren, dass die EZB durchaus ein Auge auf die Deflationsgefahr hat und bereit ist, zu handeln, sollte es erforderlich werden. Unter "handeln" versteht man derzeit in erster Linie weitere unkonventionelle Maßnahmen wie das Aufkaufen von Anleihen, vielleicht sogar direkt am Primärmarkt. Eine Maßnahme, vor der von uns Deutschen stets gewarnt wird. Draghi hatte diesen Schritt vor einigen Monaten bereits angekündigt, wenn es erforderlich würde und damit große Kritik auf sich gezogen. Die Märkte beruhigten sich allerdings in Folge dieser Aussage, sodass er sich im Recht wähnen könnte.

Die Zinssenkung hat jedoch ein weiteres Signal in die Märkte gesendet: Vorsicht, Deflationsgefahr! Nicht die Beruhigung Draghis, dass sich die EZB um die Deflation kümmern werde, ist am Markt angekommen, sondern der Beweis für viele Skeptiker, dass wir uns tatsächlich vor einer Deflation fürchten müssen.

Es ist ein Schrittchen, das die Märkte in meinen Augen mehr beunruhigen wird als beruhigen. Deflation bekommt man nicht mit kleinen Schrittchen in den Griff. Die Geschichte, insbesondere die von Japan, hat gezeigt, dass man bei Deflation alle Geschütze auffahren muss, die man hat. Und schlimmer noch: Deflation bedingt sich selbst. Sprich: Wenn die Angst vor einer Deflation erst einmal um sich greift, dann halten sich die Konsumenten mit Käufen zurück und bewirken dadurch um so mehr eine Deflation. Aus dem Mund des EZB-Chefs ist es fast schon eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Entweder wir haben Deflation, dann muss aus allen Rohren gefeuert werden. Oder wir haben sie noch nicht, dann muss Zuversicht verbreitet werden, um sie abzuwenden. Nicht aber durch ein halbherziges Schrittchen die Sorge schüren und kein Gegenmittel verabreichen.

Wenn ich einmal meine Überzeugung beiseite lasse, dann komme ich zu dem Schluss, dass die EZB handlungsunfähig ist. Der ideologische Streit zwischen Deutschland und den Club-Med Ländern lähmt die EZB. Entweder es wird eine harte Linie gefahren, die einen Großteil der Verantwortung für die Wirtschaft den einzelnen Nationalstaaten zuschiebt (Stichwort Strukturreformen), oder die EZB schüttet die vollmundigen Wahlversprechen der Regierungen mit einem Haufen Liquidität zu. Der Mittelweg, der derzeit beschritten wird, sorgt jedoch nur für Verwirrung und Handlungsunfähigkeit.

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

CISCO: DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK


Zur Jahrtausendwende war Cisco einmal für einige Wochen das wertvollste Unternehmen der Welt. Kein Wunder: Cisco-Router sind in jedem Rechenzentrum im Einsatz, sie lenken den weltweiten Datenverkehr blitzschnell in die richtigen Leitungen.

In der jüngsten Vergangenheit wurde diese Arbeit immer komplexer. Die Cloud, Big Data, Video-Streaming und ähnliche neue Anwendungen konnten besser durch speziell entwickelte Software verwaltet werden als durch einen hart verdrahteten Router. Die Datenwelt hatte so schnell an Komplexität gewonnen, dass Insellösungen aus dem Boden sprossen und Cisco Marktanteile abjagten.

SDN heißen diese Netze: Software Defined Network - durch Software definierte Netzwerke. Flexibel aber komplex und schwer zu verwalten.

Diese Woche hat Cisco nun seinen Gegenvorschlag präsentiert: ACI nennen sie es: Application Centric Infrastructure - applikationsorientierte Infrastruktur. Ich würde sagen, da haben die Sprachwissenschaftler lange geforscht, um das gleiche mit anderen Worten zu sagen.

Der Ansatz allerdings ist vielversprechend. Durch die Integration der neuen, komplexen Anforderungen in einen Router, sowie in die gewohnt performante Cisco-Umgebung, lassen sich Betreuungsaufwand reduzieren und Performance steigern. Cisco verspricht, damit bis zu 75% der Kosten einzusparen.

Mit unter anderem Walt Disney, Microsoft und Network Appliance hat Cisco anspruchsvolle Pilotkunden, bis März 2014 soll die Pilotphase laufen.
 

Spannender Moment für Cisco

Die Aktie ist in meinen Augen extrem günstig bewertet. 10% Wachstum sind mit einem KGV von 12 belegt, in der Bilanz liegen 45 Mrd. USD Bares. Seit Jahren integriert Cisco erfolgreich neueste Entwicklungen in seine Technologie, doch stets mit ein wenig Verzögerung. Und mit zunehmenden Alter Ciscos wird die Verzögerung immer länger. Noch hat Cisco die Pole Position unter den Netzwerkkomponenten weltweit inne, der Abstand zu den Verfolgern ist groß. Doch auch die Netzwerktechnologie wird immer komplexer, und es ist fraglich, ob ein Unternehmen alleine stets alles unter einem Dach anbieten kann.

Zyklisch gesehen würde ich für Cisco tendenziell nun eher eine positive Phase erwarten. Der Rückstand wurde mit enormem Aufwand wett gemacht. In den kommenden Monaten werden wir Erfolgs- und Misserfolgsmeldungen der Pilotkunden verfolgen. Ich gehe davon aus, dass CEO John Chambers in der Lage sein wird, diese Phase zu einem Erfolg zu führen und sehe daher die Aktie von Cisco auf Sicht von 12-18 Monaten als günstig an. Die Aktie dürfte steigen, der Umsatz und Gewinn wird meiner Einschätzung nach erst in der zweiten Jahreshälfte 2014 folgen.

 
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