Der kanadische Ölsand-Boom hat etwas nachgelassen

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 25.06.2014
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Aktionärsbrief

Nach der ersten überschäumenden Stimmung in diesem Geschäftsfeld sind die Branchenvertreter nun etwas vorsichtiger geworden. Die Rahmenbedingungen für die Ölsandbranche sind aber weiterhin vielversprechend: Der Ölpreis steigt, womit sich die sehr aufwendige Förderung wieder zunehmend lohnt. Und die Vorkommen sind riesig: In den kanadischen Teersanden warten schätzungsweise 168 Mrd. Barrel Rohöl darauf, ans Tageslicht befördert zu werden. Damit steht Kanada weltweit auf dem dritten Rang der Länder mit den größten Rohölvorkommen.


Nachdem der Preis für ein Barrel Öl im Jahre 2008 erstmals die Marke von 100 $ übersprungen hatte, erfuhr das Ölsandgeschäft einen bis dato nie erlebten Boom. Die Branche ist sehr viel abhängiger vom Ölpreis als klassische Förderländer wie z. B. Saudi-Arabien, weil die Förderkosten im Ölsandgeschäft um ein Vielfaches höher sind. Je höher der Ölpreis steigt, desto rentabler wird das kostenintensive Geschäft. Allerdings sind viele Branchenwettbewerber im Boom über das Ziel hinausgeschossen. Viele Projekte wurden ohne Rücksicht auf die Kosten durchgepeitscht, was sich dann beim Ausbruch der Finanzkrise bitter gerächt hat. Der Ölpreis stürzte auf dem Höhepunkt der Finanzkrise von gut 150 $ auf unter 40 $ ab, womit sich das Ölsandgeschäft mit einem Schlag nicht mehr gelohnt hat. Zudem hatten insbesondere in der ölreichen Provinz Alberta mehrere Projekte um hochspezialisierte Arbeitskräfte konkurriert, was die Personalkosten in die Höhe katapultiert hatte.

Allerdings haben die Ölsandunternehmen aus dem Debakel vom Ende des letzten Jahrzehnts gelernt. Die Angst vor ausufernden Projektkosten steckt immer noch tief. Längst nicht jedes geplante Projekt wird auch tatsächlich durchgeführt. Die Ölsandhersteller achten nun sehr viel mehr auf die Kapitalrendite und schrecken auch nicht davor zurück, Projekte zu verschieben oder gleich ganz zu streichen. So hat beispielsweise die französische TOTAL das Joslyn-Projekt auf Eis gelegt. Das Vorhaben hätte 11 Mrd. Can-$ gekostet. Zusammen mit dem kanadischen Ölsandunternehmen SUNCOR ENERGY und dem kanadischen Minenkonzern TECK RESOURCES verfolgt man jetzt zunächst nur noch das 13,5 Mrd. Can-$ schwere Fort-Hill-Projekt weiter, das erstmals Ende 2017 Öl fördern soll. Aber auch unvermutet hohe Kosten fahren manchem Branchenwettbewerber in die Parade. So hat der kanadische Konzern Husky Energy zusammen mit der britischen BP die Kosten für das Sunrise-Projekt ursprünglich auf 2,7 Mrd. Can-$ taxiert. Das Vorhaben soll bereits in der zweiten Hälfte dieses Jahres 60.000 Barrel Öl täglich produzieren. Die Kosten werden aber wohl nun deutlich höher ausfallen als ursprünglich geplant.

Dass nun vermehrt Projekte gestrichen oder verschoben werden, hat für die Branche aber auch Vorteile. Der Arbeitsmarkt entspannt sich, so dass die Projekte, die tatsächlich durchgeführt werden, von deutlich niedrigeren Personalkosten profitieren. Einige Unternehmen nutzen diese Konsolidierungsphase aber, um jetzt bei bestimmten Projekten den Sack zuzumachen. So will der Ölsandproduzent CANADIAN NATURAL RESOURCES im laufenden Jahr 400 Mio. Can-$ in den Ausbau des Horizon-Projekts investieren, weil man den Zeitpunkt als günstig erachtet. Andere Wettbewerber hingegen setzen weiterhin auf Kostendisziplin. CANADIAN OIL SANDS beispielsweise hat die Prognose für ihre Investitionen in diesem Jahr um 172 Mio. Can-$ reduziert.

Von anderer Seite hingegen bekommen die Ölsandhersteller dagegen massiven Rückenwind: Dem schwachen kanadischen Dollar. Da die Kosten in der Heimatwährung anfallen, das produzierte Öl dagegen aber gegen US-Dollar verkauft wird, steckt in dieser Konstellation ein nicht zu unterschätzender Gewinnhebel. SUNCOR ENERGY beispielsweise hat im 1. Quartal 2014 einen rekordhohen Gewinn erwirtschaftet, der die Erwartungen der Analysten deutlich übertroffen hat. Bereits im vergangenen August hat Investment-Ikon Warren Buffett von der komfortablen Situation SUNCORs Wind bekommen und ist mit einer Beteiligung in Höhe von knapp 500 Mio. US-$ eingestiegen. SUNCOR denkt zudem auch an seine Anteilseigner: Seit Anfang 2013 hat sich die Dividende um satte 80 % erhöht.

Aber es gibt auch andere Gewinner. Der kanadische Öl- und Gasproduzent CENOVUS konnte den Gewinn im 1. Quartal 2014 dank einer Produktionssteigerung im Ölsandgeschäft um 44 % steigern. CANADIAN NATURAL RESOURCES hat das Nettoergebnis im selben Zeitraum fast verdreifacht.

Wegen der steigenden Kosten und der Verzögerung von Projekten wird die kanadische Ölsandbranche in diesem Jahr aber nicht so stark wachsen, wie bisher prognostiziert. Mittelfristig stimmen die Aussichten jedoch: Der Ausstoß soll bis 2030 um knapp 3 Mio. auf dann 4,8 Mio. Barrel täglich zunehmen. Manche halten diese Schätzung zwar für zu optimistisch, aber Kanada kommt zugute, dass es, im Gegensatz zu vielen anderen klassischen Ölförderländern, als politisch stabiles und zuverlässiges Land gilt.

Fazit: Wer in die kanadische Ölsandbranche investieren will, kommt auch weiterhin an SUNCOR nicht vorbei. Die Aktie gilt mit einem KGV von ca. 12 per 2015 im Branchenvergleich als unterbewertet. Etwas teurer ist dagegen das Papier von CENOVUS mit einem KGV von 18. Das Unternehmen ist aber kein reinrassiges Ölsandunternehmen, sondern auch stark im Gasgeschäft präsent. Wer auf einen weiter steigenden Gaspreis setzt, sollte unbedingt CENOVUS seinem Depot beimischen.
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