Das Thema europäische Staatsanleihen spielt für den Aktienmarkt keine große Rolle mehr

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 30.06.2010
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Frankfurter Börsenbrief

Die Aufreger des ersten Quar- tals, nämlich die Schuldenstände von Grie- chenland, Spanien und Portugal, sind längst nicht mehr so heiß gegessen wie noch vor fünf Wochen gekocht.


Wie am Chart deut- lich zu sehen, sind die Ausfallversicherungs- prämien für Staatsanleihen noch immer auf einem sehr hohen Niveau. Die Volatilitäts- Indizes, die die Angst an den Börsen messen, sind jedoch weiterhin rückläufig. Das bedeutet, dass das Thema eingepreist ist, nicht mehr wahrgenommen wird und somit für die Analyse und Prognose der Börsenentwicklung nur noch eine untergeordnete Rolle spielt Die Ausnahme bildet aus unserer Sicht Großbritannien. Das Vereinigte Königreich ist im Umfeld des G8-/G20-Gipfels in Toronto erstmals intensiv auf die Agenda gekommen. Wir hatten in diesen Briefen schon seit Jahresanfang auf die bedrohliche Situation des britischen Haushalts hingewiesen. Wir werden diese Spe- kulation mit Short-Engagements auf das Pfund Sterling auch in den nächsten Wochen intensiv begleiten. Stürzt die US-Wirtschaft in eine zweite Rezession? Die jüngsten Konjunkturdaten erschienen vielen Beobachtern alarmierend. Die US-Hausverkäufe sind auf ein noch nied- rigeres Niveau gefallen als zum Höhepunkt des Platzens der Immobilienblase 2008. Die Arbeitsmarktzahlen geben ein verzerrtes Bild wieder. Für den Juni ist mit einem drasti- schen Einbruch zu rechnen, da die befristeten Verträge für die Volkszählung auslaufen. Mitte der Woche gab der In- dikator für das Konsumentenvertrauen in den USA kräftig nach. Der wichtigste Signalgeber sind jedoch die Leading Indicators. Im Frankfurter Börsenbrief hatten wir in den letzten 15 Monaten des Öfteren die Zuverlässigkeit die- ses Indikators dargestellt. Wir haben eine hohe Meinung über die Komposition verschiedener Wirtschaftsdaten, die in der Vergangenheit mit einem Vorlauf von 6 Monaten Trendwenden in der wirtschaftlichen Entwicklung zuverlässiger vorausgesagt haben als viele andere in den Medien kolportierte Indikatoren. Im Mai sahen wir einen radikalen Absturz dieses Indikators. Im nebenstehenden Chart sehen Sie die Veränderungsraten der Leading Indi- kators aufgezeichnet. Ein Alarmsignal? Ein Rückgang um 20 % gab es in der Historie erst 6-mal. Zu allen Zeitpunkten folgte eine Rezession oder die US-Wirtschaft befand sich schon mitten in der Ab- schwungphase. Insofern ist die Frage, ob das Szenario einer Erholung bei einer solchen Kennzahl noch passend erscheint, durchaus nachvollziehbar. Wir müssen zur Be- antwortung dieser Frage einen Monat zurückschauen. Im April hatte dieser Indikator von 122,5 auf 134,7 sehr, sehr kräftig zugelegt. Auf Jahresbasis ergibt sich sogar ein Plusvon 25 % bei den Leading Indicators. Das würde mit einem Wirt- schaftswachstum von 8 % korrespondieren. Ein solches Wachstum ist selbst nach der heuristischen Berechnungsmethode der Amerika- ner deutlich zu hoch gegriffen. Für die nächsten Quartale sind Raten jenseits der 5 % so gut wie ausgeschlossen. Daraus resultiert unsere Einschätzung, dass die April-Zahl deutlich nach oben verzerrt war. Insofern muss der Absturz vom Mai nicht überbewertet werden. Die Aussagekraft ist zunächst einmal gering. Nichtsdestoweniger sind wir trotz dieses falschen Schätzers von der Zuverlässigkeit der Leading Indicators nach wie vor überzeugt. Allerdings ergibt sich für die Ein- schätzung der aktuellen Situation eine Alternative: Schauen Sie auf die Terms of Trade. Das sind die Exportpreise di- vidiert durch die Importpreise. Wie am Chart zu sehen, ebenfalls ein sehr, sehr zuverlässiger Indikator, wohin die Reise konjunkturell gehen wird. Mit einem Vorlauf von 3 bis 4 Monaten haben die Terms of Trade Trendwenden in der Vergangenheit sehr zuverlässig vorausgesagt. Wenn wir uns die aktuelle Entwicklung näher besehen, so ergibt sich ebenfalls ein Abbremsen der US-Ökonomie in den nächsten beiden Quartalen. Dies wird allerdings nicht in einem negativen Wachstum münden, wenn wir diesem Indikator glauben dürfen. Es ist lediglich von einer Verringerung der Wachstumszahlen in dem Bereich um 1,5 % zu rechnen. Aus unserer Perspektive ist dies zurzeit noch durchaus plausibel, da die asiatischen Volkswirt- schaften die Konjunktur in Europa und den USA nach wie vor zu stabilisieren und stimulieren vermögen. Na- türlich sind Staaten wie Singapur, Korea, Australien, Kanada, aber auch China noch weit von einer Funktion als Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft entfernt. Aber sie werden ein Abrutschen unter die Null-Linie bei der Entwicklung des Weltbruttoinlandsprodukts verhindern. In diesem Zusammenhang: Den jüngsten Rückgang beim Baltic Dry-Index, der die Frachtraten für Schüttgut misst und damit einen Indikator für den weltweiten Handel darstellt, sehen wir noch nicht als dramatisch. Zwar wurde der Auf- wärtstrend gebrochen. Das absolute Niveau ist jedoch noch auf einer komfortablen Höhe, so dass sich das Exportwachstum in den Tigerstaaten schlimmstenfalls auf + 30 % im Sommer verlangsamen würde. Damit können wir leben. Über ein solches Wachstum wären die Europäer begeistert. Interessanterweise haben sich gerade die Staaten mit den höchsten Wachstumsraten beim Export in der jüngsten Juni-Korrektur an den Welt- Aktienmärkten am besten behauptet und haben am schnellsten wieder in den Aufwärtstrend gefunden. Für uns eine Bestätigung, in Korea, Singapur oder Taiwan einen Schwerpunkt zu setzen. Die Konsequenzen für die Commodity-Exporteure wie Australien oder Kanada wird sich allerdings erst Mitte Juli aufklären lassen.
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