Das Rating-Signal für die USA ist zunächst nur ein Signal an die Politik

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 23.04.2011
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Frankfurter Börsenbrief

Die Rating-Agentur Standard & Poor ́s war für die USA bei der Top-Bewertungsnote AAA geblieben, hatte den Ausblick allerdings von stabil auf negativ herabgesetzt. Auch wenn die anfängliche Marktreaktion erschreckt wirkte, ist dieses Signal angesichts der harten Fakten nicht wirklich überraschend. Wir erinnern uns: Waren es nicht die Rating-Agenturen, die durch misslungene Rating-Einschätzungen diverser Anleihenkonstruktionen den Boden der Finanzkrise vorbereiteten, deren Bereinigung so viele Länder tief in die Verschuldung hineintrieb? Aber dies ist wohl ein anderes Thema.


 

Die harten Fakten waren den Märkten weitgehend bekannt. Die USA werden in diesem Jahr voraussichtlich auf eine Staatsverschuldung von etwa 100 % der Wirtschaftsleistung kommen und das höchste relative Verschuldungsniveau seit gegen Ende des Zweiten Weltkriegs markieren. Allein die Neuverschuldung wird in 2011 bei etwa 1,4 bis 1,5 Bio. Dollar liegen, also grob 10 % der Wirtschaftsleistung. Schon in Kürze wird das nationale Schuldenlimit von derzeit 14,3 Bio. Dollar hochzuschrauben sein. Bemerkenswert ist, dass etwa ein Drittel dieses zweifellos großen Schuldenberges innerhalb von nur etwa drei Jahren aufgetürmt wurde. Das klingt dramatisch, entbehrt aber in der Wahrnehmung mitunter ein wenig des kühlen Sachverstandes.

Verschuldung ist nicht gleich Verschuldung. Je innovativer, entscheidungsfreudiger und schneller eine Volkswirtschaft und die Politik agiert, je besser der Kapitalstock darauf ausgelegt ist, Wohlstand zu schaffen und zu vermehren, und zwar in einer produktiven Weise, desto leichter ist es auch, der Schuldenproblematik Herr zu werden. Auch wenn Europa mit einer addierten Staatsverschuldung von umgerechnet grob 11 Bio. Dollar optisch weniger verschuldet ist als die USA, steht Europa mit seiner politischen Struktur und seinem divergierenden Wachstum der einzelnen Länder in einem solchen Vergleich relativ betrachtet sogar deutlich schlechter da als die USA. Insofern kann Häme durchaus ein Schuss sein, der nach hinten losgehen kann. Indikativ: In den letzten beiden Jahrzehnten zeigten die USA eine Produktivitätsverbesserung von im Schnitt 1,7 % p.a. Die EU-15-Länder kamen nur auf 1,4 % und Japan sogar nur auf 1,2 %. Per 2009 lag die Arbeitsproduktivität in den USA bei dem Faktor 1,23 von Europa und sogar 1,38 derjenigen von Japan!

Natürlich werden die USA die Stellschrauben anziehen müssen. Dies gilt sowohl für die Ausgabenals auch für die Einnahmenseite. Aber auf beiden Seiten der Skala hat man auch ausreichend Luft, wenngleich dies wohl leider nicht ohne Einschnitte im Sozialsystem und wohl auch nicht ohne Steuererhöhungen gehen wird. In der Summe wird dies schon eine bremsende Wirkung für die Konjunktur haben. Hier braucht man sich keine Illusionen machen. Im historischen Kontext ist die Besteuerung in den USA allerdings auch auf einem sehr bequem niedrigen Niveau. Allein das Schließen von Steuerschlupflöchern könnte nicht nur maßgeblich für Steuereinnahmen sorgen, sondern auch für eine Rückverlagerung von Produktionskapazitäten in das eigene Land, inkl. der Arbeitsplätze und der entsprechenden Folgeeffekte. Dazu kommt voraussichtlich eine tolerierte und sogar gewünschte, etwas erhöhte, Inflation, sodass man sich dem Problem von drei Seiten nähern wird. Das ist kein Ideal-Szenario, aber es ist ein machbarer und sinnvoller Weg, dem derzeit tatsächlich die Alternativen fehlen.

Der strategische As der USA ist der Status des Dollar als immer noch mit Abstand dominierende Reserve-Währung. Wie hoch die Verschuldung auch ist, US-Staatsanleihen und Dollar-Bestände werden weiter von Notenbanken rund um den Globus gekauft werden. Auch wäre es unrealistisch, anzunehmen, dass die Fed, nach einem möglichen Auslaufen des QE2-Programms, die Märkte sich selbst überlässt. Dieses Risiko wird man nach den Erfahrungen rund um Bear Stearns bis hin zu Lehman Brothers inkl. aller Folgeeffekte (Austrocknung einzelner Marktsegmente) nicht eingehen. Dafür ist noch nicht einmal eine offizielle QE3-Version nötig. Es würde schon reichen, wenn man die Bilanzsumme der Fed einfach konstant hält und ausgelaufene Hypothekenanleihen (Volumen etwa 17 Mrd. Dollar pro Monat) durch Staatsanleihen ersetzt. Dies ist allerdings auch realistisch zu erwarten. Einen „Cold Turkey“ für den US-Rentenmarkt wird es zumindest von Seiten der Fed per Jahresmitte nicht geben. 

 

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