Britische Einzelhändler befinden sich unter steigendem Wettbewerbsdruck

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 01.07.2015
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Aktionärsbrief

Seit Monaten häufen sich die negativen Meldungen von britischen Supermarktketten und Einzelhandels-Unternehmen. Vor allem, seit Aldi und Lidl ihre Marktpräsenz auf der Insel deutlich erhöht haben, ist der Druck auf die alteingesessenen Lebensmittelketten noch mal deutlich angestiegen. So schnell, wie die beiden deutschen Discounter-Riesen die Preise senken, kommt die britische Konkurrenz mit den Kostensenkungsmaßnahmen gar nicht hinterher. Die anstehende Fusion des niederländischen Supermarktriesen mit dem belgischen Einzelhandelskonzern Delhaize verschärft die Situation noch mal zusätzlich. Eine Branche , in der sich derzeit also nur schwer Geld verdienen lässt.


Bei Tesco, Sainsbury und Morrison gehen die flächenbereinigten Umsätze weiter zurück. Die Margen schrumpfen dazu überproportional. Laut einer Studie von Credit Suisse ist bis auf Weiteres nicht damit zu rechnen, dass die Gewinnmargen wieder auf ihre früheren Niveaus steigen. Insbesondere im britischen Lebensmitteleinzelhandel sieht sie derzeit kaum Chancen für Anleger. Grund: Die Branche hat in der Vergangenheit Fehlinvestitionen getätigt. Dazu gesellen sich noch eine extrem wettbewerbsintensive Marktsituation und niedrige Wachstumsraten. Zudem dürfte das sehr verschiedene Geschäftsmodell von Aldi und Lidl den Sektor grundlegend umwälzen. Dennoch werden die britischen Platzhirsche Tesco, Sainsbury, Morrison und die zu Wal-Mart gehörende Supermarktkette Asda auch in den kommenden Jahren noch die „Big 4“ bleiben. Der Marktanteil der Discounter wird trotz ihres massiven Einflusses auf die ganze Branche lediglich 12 % betragen.

Die zwischenzeitliche Wachstumsverlangsamung der deutschen Discounter in Großbritannien sollte nicht zu falschen Schlüssen verleiten. Ursache waren lediglich Kapazitätsengpässe. Es besteht kein Zweifel daran, dass der Plan, das Filialnetz weiter aufzurollen und den etablierten Anbietern weitere Marktanteile abzujagen, unverändert bestehen bleibt. Auch der „Kuschelkurs“ zwischen den neuen CEOs der traditionellen britischen Supermarktketten dürfte nicht von Dauer sein.

Die Antwort der britischen Wettbewerber auf die deutschen Herausforderer war nicht originell und wird auf Dauer wenig zielführend sein. Die Maßnahmen bestanden lediglich aus Preissenkungen und einem verbesserten Service. Das drückt noch zusätzlich auf die Gewinnmargen, ohne die Wettbewerbssituation nachhaltig zu verbessern. Nötig wäre vielmehr auch eine deutlich verschlankte Kostenstruktur, um es mit Aldi und Lidl aufnehmen zu können. Das Angebot müsste gestrafft und unrentable Filialen geschlossen werden. Zudem müssten Mieten neu verhandelt werden. Zudem müssten die Preise eines Anbieters landesweit einheitlich sein. Fusionen dürften ebenfalls die Konkurrenzfähigkeit der britischen Einzelhändler stärken.

Warum sind die deutschen Discounter gerade in den letzten Jahren so erfolgreich in Großbritannien gewesen? Schließlich sind sie doch schon seit den 90er Jahren dort präsent. Die Ursache dürfte in der Finanzkrise und den leeren Geldbörsen der Briten liegen. Das spielte den deutschen Anbietern in die Hände. Insbesondere auf dem deutschen Lebensmittel-Einzelhandel sind die Margen schon seit Langem papierdünn, weswegen die Kostenstruktur hier viel mehr auf Effizienz getrimmt ist. Dieses Geschäftsmodell ließ sich dann leicht auf Großbritannien übertragen, was aufgrund der oben geschilderten Gegebenheiten dort auf fruchtbaren Boden fiel. Zudem tat die lethargische Haltung der arrivierten britischen Einzelhändler ihr Übriges. Last, but not least spielen auch veränderte Konsumgewohnheiten eine Rolle, auf die die britischen Wettbewerber keine richtige Antwort wussten. So nimmt beispielsweise die Kundenloyalität ab. Zudem wandern Kunden nicht nur zu Discountern, sondern auch zu hochpreisigeren Anbietern wie etwa Waitrose und M&S ab. Dennoch bietet die schwierige Situation auch Anlagechancen. Beispielsweise bei OCADO (WKN: A1C 2GZ; 444,38 p), dem weltweiten Marktführer im Online- Lebensmittelhandel. Ocado bewegt sich damit im einzigen Bereich der Branche, der noch deutliches Wachstum zeigt. Die Bruttomarge dürfte laut Credit Suisse weiter zulegen. Im Geschäftsjahr 2013/14 hatte Ocado erstmals schwarze Zahlen geschrieben, während der Jahresumsatz auf 972 Mio. GBP kam.

SAINSBURY (WKN: A0B 6G0; 265,11 p) sieht von den etablierten britischen Anbietern noch am besten aus. Das Unternehmen hat trotz sinkender Umsätze noch Gewinne erwirtschaften können. Aber der Gegenwind wird stärker, insbesondere von Konkurrent Tesco. Dennoch geht Credit Suisse davon aus, dass das Geschäftsmodell insgesamt solider ist als gemeinhin angenommen. Die Entwicklung des EBITs dürfte besser verlaufen als vom Markt erwartet. Zudem ist die Aktie mit einem KGV von knapp 12 im Branchenvergleich eher günstig.

Von TESCO ist eher abzuraten. Als größter britischer Lebensmitteleinzelhändler gerät man durch Aldi und Lidl am meisten unter Druck. Zudem belasten interne Probleme, ein zu beliebiges Sortiment, eine hohe Verschuldung und Probleme im Auslandsgeschäft. Für MORRISON sieht es etwas besser aus, aber auch hier hebt sich die Angebotspalette zu wenig von der der Konkurrenz ab.
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