Borussia Dortmund - Historisch bedingte Unternehmensstruktur in der Analyse

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 29.04.2015
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Zur Ausgliederung des professionellen Fußballbetriebs aus dem Ballspielverein Borussia 09 e.V. Dortmund wurde Ende des Jahres 1999 rückwirkend zum 1. Juli 1999 die heute börsennotierte Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA gegründet. Komplementär der seinerzeit gerade neugegründeten Gesellschaft wurde mit der Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH eine 100%ige Tochtergesellschaft des Vereins. Mit Hilfe dieser Struktur wurde sichergestellt, dass der Verein auch weiterhin die Kontrolle über die Lizenzspielerabteilung besitzt (50+1-Regel der DFL). Da diese 50+1-Regel bis zum heutigen Tag in Kraft ist, hat sich an dieser Konzernstruktur auch nie etwas verändert. Zusätzlich hält der Verein zurzeit auch noch 5,53% des Aktienkapitals.


UNTERNEHMENSPROFIL

Die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA gehört zu den führenden europäischen Anbietern von professionellem Fußball. Dementsprechend steht natürlich der Profifußball sowie die unmittelbar damit im Zusammenhang stehenden Einnahmequellen im Mittelpunkt der operativen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft. Dazu gehört neben dem Sport-Sponsoring in erster Linie der Verkauf von Eintrittskarten, Fan-Artikeln und TV-Rechten.

Um sich breiter aufzustellen und dadurch unabhängiger vom sportlichen Erfolg zu werden, engagiert sich die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA jedoch auch in weiteren, angrenzenden Geschäftsfeldern. Hierzu arbeitet man eng mit strategischen Partnern zusammen, auch um auf deren spezifisches Know-How zurückgreifen zu können.

100%ige Tochtergesellschaften der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA sind aktuell die BVB Event & Catering GmbH, die BVB Merchandising GmbH, die BVB Stadionmanagement GmbH sowie die für den Internetauftritt zuständige Sports & Bytes GmbH. Darüber hinaus besitzt man Beteiligungen in Höhe von 51% an der besttravel Dortmund GmbH sowie in Höhe von 33,4% an der Orthomed GmbH.

AKTUELLE AKTIONÄRSSTRUKTUR

Interessant erscheint ein Blick auf die aktuelle Aktionärsstruktur des Fußballunternehmens. Wie bereits erwähnt, hält der Verein aktuell 5,53% des Aktienkapitals. Darüber hinaus sind die drei strategischen Partner Evonik Industries AG mit 14,78% des Aktienkapitals, Signal Iduna Gruppe mit 5,43% des Aktienkapitals sowie Puma SE mit 5% des Aktienkapitals an der KGaA beteiligt. 8,59% des Aktienkapitals hält der Unternehmer und BVB-Fan Bernd Geske, die restlichen 60,67% des Aktienkapitals befinden sich im Streubesitz.

Bernd Geske hat dabei seit dem Börsengang der Gesellschaft im Jahr 2000 in die Aktie investiert und seine Position sukzessive kontinuierlich ausgebaut. Laut den eigenen Angaben hat er für seine Anteile durchschnittlich rund 1,85 Euro je Aktie bezahlt. In einem Interview aus dem Jahr 2011 äußerte er sich zum bisher ersten und einzigen Mal zu seiner Beteiligung.

Demnach habe er keine Ambitionen weitere BVB-Aktien zu kaufen. Andererseits habe er jedoch auch keinerlei Ambitionen BVB-Aktien zu verkaufen. Wenn er das investierte Geld nicht aus irgendeinem Grund irgendwann einmal dringend benötige, werde er seine Aktien daher niemals verkaufen. Dessen könne sich der BVB absolut sicher sein.

Allerdings wurde die Beteiligung Geskes zwischenzeitlich durch mehrere Kapitalerhöhungen, mit deren Hilfe der Einstieg der drei strategischen Investoren Evonik Industries AG, Signal Iduna Gruppe und Puma SE ermöglicht wurde, verwässert.


GENERELLE MARKTENTWICKLUNG IM PROFI-FUSSBALL

Der gesamte Profi-Fußball-Markt entwickelte sich in den letzten Jahren stetig nach oben. So lag das durchschnittliche Marktwachstum des europäischen Fußballmarktes seit der WM in Deutschland 2006 bei +6,5% p.a. und damit deutlich über dem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum im gleichen Zeitraum. Dadurch erreichte der europäische Fußballmarkt im vergangenen Jahr erstmals ein Gesamtvolumen von über 20 Mrd. Euro.

Für das laufende Jahr 2015 ist daher alleine im europäischen Fußballmarkt mit einem Marktvolumen von rund 23 Mrd. Euro zu kalkulieren. Dabei ist der europäische Markt im internationalen Vergleich die klare Nummer 1, was einerseits aus der wirtschaftlichen Stärke der Industrienationen, andererseits aus der Beliebtheit des Sports in Europa resultiert.

Innerhalb des europäischen Fußballmarktes generieren alleine die sogenannten "Big Five"-Ligen, also die englische Premier League, die deutsche Fußball-Bundesliga, die spanische Primera División (La Liga, Liga BBVA), die italienische Serie A sowie die französische Ligue 1, mehr als 50% des Gesamtumsatzes mit weiter steigender Tendenz. Sowohl gegenwärtig als auch in der Zukunft dominiert dabei die englische Premier League den Markt, wohingegen unsere deutsche Fußball-Bundesliga mit einem Marktvolumen von knapp 2,3 Mrd. Euro (entspricht ca. 10% des europäischen Marktes) auf Platz 2 folgt.


ZUKÜNFTIGE TRENDS IN DER ENTWICKLUNG DES MARKTES

Zwar droht die Fußball-Bundesliga von der Premier League abgehängt zu werden und auch die spanische Primera División könnte die deutsche Liga bald ein- oder sogar überholen, allerdings versucht man hier von Seiten des DFL bereits gegenzusteuern. So treibt man die Auslandsvermarktung nach Vorbild der Premier League voran und möchte in Zukunft auch deutlich mehr Geld aus den TV-Rechten generieren. Hierzu ist man sogar dazu bereit, neue Wege zu gehen und die Spieltage weiter zu zersplittern bis hin zur Einführung eines Montagsspiel.

Somit ist in Zukunft keinesfalls mit einem Rückgang des jährlichen Wachstums zu rechnen. Vielmehr dürfte durch die zunehmende Konzentration auf die "Big Five" (Adidas möchte bspw. in Zukunft in erster Linie nur noch die absoluten Topvereine sponsern, weshalb man die Verträge mit dem FC Bayern München und Manchester United vorzeitig langfristig zu verbesserten Konditionen für die Vereine verlängert und sich gleichzeitig beim FC Nürnberg als Sponsor zurückgezogen hat) das Wachstum hier sogar noch etwas stärker ausfallen. So wuchs die Fußball-Bundesliga zuletzt sogar mit mehr als +7% p.a. und dürfte diese Wachstumsraten beibehalten.


AKTUELLE GESCHÄFTSENTWICKLUNG

Im vergangenen Geschäftsjahr 2013/2014 (Geschäftsjahresende stets zum 30. Juni) erzielte der BVB einen Konzernumsatz in Höhe von knapp 260,7 Mio. Euro (-14,5%) sowie ein Gewinn je Aktie von 0,16 Euro (-80,5%). Grund für den rückläufigen Umsatz sowie Gewinn waren dabei einerseits der zurückgehende sportliche Erfolg sowie die damit verbundenen Mindereinnahmen (Erreichung des UEFA Champions League Finale 2013, Aus im Viertelfinale gegen Real Madrid 2014) und andererseits der forcierte Schuldenabbau. So konnte der BVB zuletzt stolz vermelden, dass man erstmals seit langer Zeit absolut schuldenfrei sei, was zukünftig zu einem deutlich verbesserten Zinsergebnis führen dürfte.


Sportliche Misserfolge führen zu rückläufiger Geschäftsentwicklung

In der laufenden Saison 2014/2015 schied Borussia Dortmund überraschenderweise erneut im Viertelfinale der UEFA Champions League aus, dieses Mal gegen den italienischen Rekordmeister Juventus Turin. Jedoch hat man nach einer katastrophalen Saison, an deren Ende nach 7 Jahren der Abschied des Erfolgstrainers Jürgen Klopp stehen wird, noch einmal die Kurve gekriegt und den Abstieg vermeiden können. Ja, vielleicht reicht es nach einer sehr guten Rückrunde sogar noch für die Erreichung eines Startplatzes in der UEFA Europa League.

Alternativ können die Borussen möglicherweise auch den DFB Pokal gegen den VFL Wolfsburg gewinnen und sich über diesen Umweg für die UEFA Europa League qualifizieren. Nichtsdestotrotz fallen die Einnahmen in der sportlich deutlich weniger reizvollen UEFA Europa League nicht so üppig aus, wie in der gerne als Königsklasse bezeichneten UEFA Champions League.

Zwar hat das Management Medienberichten zufolge vorgesorgt und sich gegen sportliche Misserfolge versichert. Nichtsdestotrotz dürfte dieser Misserfolg den BVB auch finanziell belasten. Auf der anderen Seite wird wohl der ein oder andere Star (Mats Hummels, Ilkay Gündogan usw.) die Borussen verlassen, was zu Transfereinnahmen und Gehaltseinsparungen führen wird. Allerdings wird der neue Trainer Thomas Tuchel einen sportlich mindestens gleichwertigen Ersatz fordern dürfen, was wiederum zu entsprechenden Kosten führen sollte.


UMSATZ- UND GEWINNSCHÄTZUNGEN FÜR 2014/2015E UND 2015/2016E

Alles in allem kalkuliere ich daher für das Geschäftsjahr 2014/2015 mit einem Jahresumsatz von knapp unter 290 Mio. Euro (+10,9%) sowie einem leicht über den durchschnittlichen Analystenerwartungen in Höhe von 0,24 Euro liegenden Gewinn je Aktie in Höhe von 0,25 Euro (+56,3%). Richtig negativ auswirken wird sich die relativ verkorkste Saison 2014/2015 erst im kommenden Geschäftsjahr 2015/2016e. Hier kalkuliere ich mit einem Jahresumsatz von gut 313 Mio. Euro (+8,4%) sowie einem Gewinn je Aktie von 0,30 Euro (+20%).

Demnach dürfte die Dividende im nächsten Jahr unverändert bei 0,10 Euro je Aktie bleiben und könnte dann im darauffolgenden Jahr auf 0,15 Euro je Aktie angehoben werden. Damit errechnet sich eine aktuelle Dividendenrendite von 2,8% sowie eine mögliche zukünftige Dividendenrendite von 4,2%.


AKTUELLE BEWERTUNG, FUNDAMENTAL FAIRER WERT, MEIN KURSZIEL

Der aktuelle Börsenwert des BVB beträgt knapp 325 Mio. Euro. Daraus errechnet sich auf Basis meiner obigen Umsatz- und Gewinnschätzungen ein aktuelles KUVe von 1,12 sowie ein aktuelles KGVe von 14. Im kommenden Jahr sinkt das KUV 2015/2016e dann auf knapp 1,04 sowie das KGV 2015/2016e auf knapp unter 12.

Zwar gibt es durchaus andere Fußballaktien, jedoch nicht bei uns in Deutschland. Daher scheint ein Peer Group-Vergleich wenig sinnvoll. Besser erscheint mir zur Errechnung eines fundamental fairen Wertes daher das durchschnittliche prozentuale Wachstum des BVB heranzuziehen. Die deutsche Fußball-Bundesliga wächst mit mehr als +7% p.a. Der BVB dürfte hier einen Tick stärker zulegen als der deutsche Markt, sodass ich das durchschnittliche prozentuale Wachstum eher bei +10% p.a. ansetzen würde.

Damit erscheint eine Bewertung der Aktie mit einem KGV zwischen 10 (entspricht einem PEG von 1) und 20 (entspricht einem PEG von 2) fundamental fair. Ich setze hier, alleine schon aufgrund der inzwischen konservativen Führung des schuldenfreien BVB, daher ein KGV von 16 zur Berechnung des fundamental fairen Wertes an. Damit ergibt sich ein Kursziel für die Aktie auf Sicht der nächsten 12-18 Monaten in Höhe von 16x 0,30 Euro und somit 4,80 Euro.


FAZIT: UM 3,50 EURO SPEKULATIV KAUFEN MIT KURSZIEL 4,80 EURO!

Alles in allem erscheint mir die Aktie des BVB zu den aktuellen Kursen von knapp 3,50 Euro sehr interessant. Denn auf Sicht der nächsten 12-18 Monate erscheint mir hier ein Kursziel in Höhe von 4,80 Euro erreichbar, was einem Kurspotenzial von +36% entspricht. Hinzu kommt dann noch eine im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld durchaus attraktive Dividende von 2,9%. Alles in allem muss ich daher – auch als Vereinsmitglied des Rivalen FC Bayern München – an dieser Stelle objektiv bleiben und eine Kaufempfehlung für den Titel aussprechen.

Allerdings muss ich dabei eine kleine Einschränkung machen. Denn wie Sie als regelmäßige Leser des Heibel-Ticker Börsenbriefs vielleicht wissen, mögen wir keine Aktien von Unternehmen bei denen aktuell ein Wechsel in der Führung bevorsteht (bspw. Bilfinger) oder gerade im Gange ist.

Zwar wird beim BVB nicht das in den letzten Jahren erfolgreiche Führungsduo Hans-Joachim Watzke (CEO) und Thomas Treß (CFO) ausgetauscht. Allerdings ist die Position des Cheftrainers bei einem Fußballunternehmen sicherlich ähnlich wichtig wie bei anderen Unternehmen die Position des CEO oder CFO. Und hier folgt Thomas Tuchel nach sieben sehr erfolgreichen Jahren auf Jürgen Klopp.

Daher kann ich die Aktie an dieser Stelle nur echten Fans des BVB oder aber spekulativ ausgerichteten Anlegern ans Herz legen, die im Zweifel auch einen Kursverlust ertragen können. Zudem sollten Anleger, die Geld in diese Aktie investieren, sich mit einem Stoppkurs knapp unterhalb der Marke von 3,00 Euro absichern. Konkret empfehle ich hier einen Stoppkurs bei 2,92 Euro zu platzieren.


HEUTZUTAGE NICHT MEHR VERGLEICHBAR MIT EINER SPORTWETTE

Womit ich zum guten Schluss die eingangs gestellte Frage beantworten kann. Die Aktie des BVB ist sicherlich ein spekulatives Papier, aber keineswegs vergleichbar mit einer Sportwette. Denn während man bei einer Sportwette nur gewinnen oder aber alles verlieren kann, ist dies beim BVB heutzutage nicht mehr der Fall.

Denn sie investieren hier ihr Geld in ein schuldenfreies und alles in allem gut aufgestelltes Fußballunternehmen. Dies mag nicht völlig vor Kursverlusten schützen, ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals halte ich jedoch für unwahrscheinlich. Zumal der empfohlene Stoppkurs bei 2,92 Euro eine zusätzliche Absicherung bietet.
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