„Big Pharma“-Unternehmen konzentrieren sich auf ihr Kerngeschäft

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 28.01.2015
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Aktionärsbrief

Der Trend bei den großen globalen Pharmakonzernen ist unübersehbar: War früher Diversifikation Trumpf, fokussiert man sich nun zusehends auf einige aussichtsreiche Kerngeschäftsbereiche. Mit am deutlichsten tritt diese Tendenz bei der US-Pharmagröße PFIZER zutage. Lange Zeit war man am Markt als Gemischtwarenladen angesehen worden. Mittlerweile hat das Pharmageschäft aber einen Anteil von 80 % am Konzernumsatz.


Auch NOVARTIS ist auf Fokussierungskurs. Erst im April 2014 hatte man diesen „Portfolio-Transformation“ genannten Strategiewechsel verkündet und war sofort in medias res gegangen. Zum Anfang des Jahres hatte man das Tiermedizingeschäft an den US-Wettbewerber Eli Lilly verkauft. Bis Ende Juni will man dann auch die Übernahme des Onkologiegeschäftes von GlaxoSmithkline abschließen, ebenso wie den Verkauf der Impfstoffaktivitäten. Überdies möchte man zusammen mit Glaxo ein Joint Venture im Bereich Consumer Health am Markt lancieren. Auf lange Sicht wird sogar eine separate Börsennotierung dieses Joint Ventures nicht ausgeschlossen.

Vor zehn Jahren war Novartis noch in sieben Geschäftsfeldern aktiv gewesen. Unter anderem war man seinerzeit noch in der Herstellung von Nahrungsmitteln für Säuglinge und Kleinkinder sowie in der medizinischen Ernährungtätig. Aktuell konzentriert sich Novartis dagegen nur noch auf verschreibungspflichtige Medikamente. Darüber hinaus beschäftigt man sich auf die Vermarktung von Produkten zur Behandlung von Augenkrankheiten.

Trotz der Konzentration auf wenige Kerngeschäftsfelder ist Novartis sogar noch vergleichsweise breit aufgestellt. Verschreibungspfl ichtige Originalmedikamente tragen noch rund zwei Drittel zum Konzernumsatz bei. Bei Pfi zer beispielsweise sind es wie oben schon erwähnt 80 %.

Der Trend hin zu verschreibungspfl ichtigen Medikamenten dürfte auch in der nächsten Zukunft weiter anhalten. So schätzt das Prüfungs- und Beratungsunternehmen EY, dass der Umsatzanteil zwischen 2012 und 2017 von 70 % auf 75 % steigen wird. Auch Standard & Poor‘s geht von einer Fortsetzung des Fokussiorungstrends in der Pharmabranche aus.

MERCK & CO. (A0Y D8Q; 62,73 $) gehen einen ähnlichen Weg. Der US-Hersteller von Medikamenten unterstreicht die Bedeutung einer Konzentration auf einige wenige Therapiegebiete. Vor allem für die Entwicklung von Krebsmedikamenten will Merck mehr Ressourcen freisetzen. Deshalb hat man im vergangenen Jahr das Geschäft mit nicht verschreibungspfl ichtigen Medikamenten für 14,2 Mrd. $ an Bayer verkauft.

Auch SHIRE (A0M MAG; 4.817 p) hat sich der Fokussierungsstrategie verschrieben. Im April 2013 hat der neue CEO Flemming Ornskov seinen Posten bezogen und dem irisch/britischen Unternehmen eine schlankere Struktur verordnet. Die Strategie hat ausgezeichnete Erfolge gebracht, was sich auch in der Entwicklung des Aktienkurses widerspiegelt: Innerhalb von zwei Jahren hat sich der Kurs auf rund 5.000 pence verdoppelt. Shire gibt sich voller Tatendrang: Bis 2020 soll der Umsatz auf über 10 Mrd. $ mehr als verdoppelt werden. Ob diese Prognose in die Realität umzusetzen ist, hängt aber vor allem davon ab, ob die in der Entwicklungspipeline befindlichen Präparate am Markt einschlagen. Gelingt dies, stünden allein diese neuen Medikamente für jährliche Zusatzeinnahmen in Höhe von 3 Mrd. $. Allerdings ist die Aktie im Branchenvergleich mit einem KGV von 18 vergleichsweise teuer. Zudem birgt die vor allem auf Akquisitionen ausgelegte Wachstumsstrategie auch Risiken.

SANOFI (920 657; 81,45 €) schwimmt gegen den Strom. Der französische Konzern will auch weiterhin an seiner Diversifi kationsstrategie festhalten. Man will gleichzeitig in Geschäftsfeldern wie Consumer Healthcare, Tierarzneien, aber auch Impfstoffen tätig sein, die vielleicht weniger von Innovationen getrieben sind, aber kontinuierlich wachsen und sich stabiler entwickeln. Bisher hat sich diese Strategie an der Börse aber nicht ausgezahlt. Der Kurs zeigt seit Monaten relative Schwäche zu den Wettbewerbern und auch die Bewertung liegt mit einem KGV von 15 unter dem Durchschnitt. Wer gerne antizyklisch investiert, könnte darin eine Einstiegschance sehen. Zusätzliche Fantasie könnten auch aussichtsreiche Neuentwicklungen geben, wie z. B. ein neuartiger Cholesterinsenker aus der PCSK9-Kategorie sowie innovative Präparate rund um rheumatoide Arthritis sowie atopische Dermatitis.

Dass Fokussierung auch seine Grenzen haben kann, zeigt ROCHE. Die Schweizer sind besonders stark in der Onkologie, wollen diesen Geschäftsbereich aber nicht über den aktuell 25 %-Umsatzanteil hinaus wachsen lassen. Auch Novartis setzt sich hier Grenzen: Man will nicht mehr als die Hälfte der Einnahmen aus Krebsmedikamenten bestreiten. Trotz der Fokussierung lässt man also die Risikodiversifi kation nicht außer acht.

Fazit: NOVARTIS gibt derzeit das beste Bild ab. Das überdurchschnittliche KGV von 18 ist angesichts der erfolgreichen Strategie gerechtfertigt. Zusätzliche positive Impulse könnten aus neuartigen Medikamenten entstehen. So hat Novartis ein innovatives Präparat zur Behandlung von Herzinsuffizienz in der Pipeline. Und dem neuartigen Präparat gegen Schuppenflechte namens „Cosentyx“ traut man einen jährlichen Umsatz von über 1 Mrd. $ zu. Das Präparat hatte bereits im November die Zulassung für den EU-Markt erhalten und erst in der vergangenen Woche auch grünes Licht für den US-Markt erhalten. Wer dagegen gerne gegen den Strom schwimmt, sollte sich einmal SANOFI näher ansehen. Die Aktie erfordert allerdings viel Geduld.
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