BHP Billiton - Weltgrößter Rohstoffkonzern

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 02.09.2015
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

BHP Billiton verscherbelt das Tafelsilber, um hohe Investitionen zu finanzieren. Seit vier Jahren befindet sich der Rohstoffmarkt im Abwärtstrend, doch kein Minenbetreiber schließt erste Minen oder streicht Investitionen. CEOs setzen ein Pokerface auf und halten an der Produktionsausweitung für Kohle, Eisen, Kupfer und Öl fest. Ich habe Ihnen am Ende dieser Analyse aufgezeigt, was für eine Bodenbildung in der Branche erforderlich ist.


WELTGRÖSSTER ROHSTOFFKONZERN

Mit einem Jahresumsatz von 44,6 Mrd. USD und einer Marktkapitalisierung von 93 Mrd. USD ist BHP Billiton der weltgrößte Rohstoffkonzern. Der britisch-australische Konzern ist der weltweit größte Kohleproduzent – Braun- und Steinkohle für Kraftwerke, nicht die Kohle für's Bankkonto – und der drittgrößte Eisenerzproduzent. Das Öl- und Gasgeschäft sowie die Kupfergewinnung gehören ebenfalls zum Kerngeschäft. Doch auch bei diversen anderen Rohstoffen belegt das Unternehmen vordere Plätze: Aluminium, Nickel, Zinn, Mangan, Uran bis hin zu Silber wird abgebaut, gefördert, verarbeitet und gehandelt.

Kohle, Eisen, Kupfer, Öl und Gas bezeichnet BHP Billiton als sein Kerngeschäft. Der Rest wurde im Mai in eine Gesellschaft namens South 32 ausgegliedert.

Betriebsstätten befinden sich in Australien, Kanada, Südafrika, Brasilien, Kolumbien und Mosambik. Die Zentrale liegt in Melburne, Australien, und beherbergt die selben Personen zweier Management-Teams und Aufsichtsräte, die in Personalunion sowohl BHP, als auch Billiton vorstehen.


ENTSTEHUNG UND UNTERNEHMENSSTRUKTUR

BHP Billiton entstand erst 2001 durch die Fusion der australischen BHP mit der britischen Billiton. Beide Unternehmen waren an ihrer jeweiligen Heimatbörse in Sidney (Ltd.) bzw. London (plc.) notiert und behielten ihre Notierung auch nach der Fusion bei (Doppelnotierung). Zudem wird die Aktie auch in Johannesburg, Südafrika, notiert.

Damit jedoch noch nicht genug: Sowohl die australische Aktie (Ltd.), als auch die britische Aktie (plc.) wird als American Depository Receipt (ADR) in den USA gehandelt. Und diese ADRs wiederum können Sie ebenfalls an den deutschen Börsen kaufen.

Sämtliche Aktien repräsentieren das gleiche Unternehmen, allerdings fallen aufgrund unterschiedlicher länderspezifischer Regelungen unterschiedliche Steuern auf die Dividende an. Wir werden uns auf die in Deutschland am häufigsten gehandelte britische BHP Billiton plc. konzentrieren. Die ebenfalls in Sidney, London und Johannesburg gehandelte South 32 Aktie betrachten wir nicht.

Rohstoffpreise befinden sich seit 2008 im Sinkflug. So langsam wird's eng, und sowohl BHP Billiton, als auch Vale scheuen sich, zu den vermeintlich zu niedrigen Marktpreisen Unternehmensteile zu verkaufen. Potentielle Käufer sind Wettbewerber sowie Finanzinvestoren, doch beide Seiten haben im derzeit schlechten Marktumfeld wenig Interesse, hohe Preise für Übernahmen zu zahlen.

Durch die Ausgliederung von South 32 möchte sich BHP Billiton wieder auf seine Kernbereiche konzentrieren und durch eine schrittweise Verminderung der Beteiligung an dem ausgegliederten Unternehmen sukzessive, und hoffentlich zu steigenden Preisen, die Kapitalbasis stärken. Sprich: Immer wenn der Börsenkurs von South 32 attraktiv erscheint, wird man Aktienpakete aus dem eigenen Bestand an interessierte Käufer geben. Gleichzeitig kann South 32 Unternehmensteile, also einzelne Minen oder ganze Rohstoffbereiche, am Markt anbieten.

BHP Billiton wird dadurch weniger durch die Umstrukturierung abgelenkt und kann sich auf die Kernbereiche Eisen, Kupfer, Öl und Gas sowie Kohle konzentrieren.


BÄRENMARKT AN DEN ROHSTOFFBÖRSEN

2011 notierte das WTI-Öl noch bei bis zu 113 USD/Fass, in der vergangenen Woche sackte der Preis unter 40 USD/Fass ab. 2011 notierte das Kupfer noch bei über 10.000 USD/to, vergangene Woche war der Preis unter 5.000 USD/to gerutscht. Der Preis für 62%iges Eisenerzkonzentrat ist seit 2011 von 188 auf 45 USD/to eingebrochen. Für Kohle zahlte man 2011 noch 85, heute nur noch 42 USD/to.

Sämtliche Rohstoffpreise sind also in den vergangenen vier Jahren um mindestens 50% eingebrochen, das Eisen sogar um 75%. An den Rohstoffmärkten herrscht seit vier Jahren ein Bärenmarkt. Der Grund ist schnell gefunden: In einer Phase des explosionsartigen Wachstums im bevölkerungsreichsten Land der Erde, China, haben sämtliche Rohstoffkonzerne hohe Investitionen getätigt, um den Rohstoffhunger zu stillen.

Inzwischen ist das Wachstum in China von damaligen 14% p.a. auf 7% zurückgekommen, derzeit wird eine weitere Verlangsamung befürchtet. Dabei geht insbesondere der Rohstoffhunger überproportional stark zurück, da die Phase des Aufbaus der Infrastruktur für das Land nun läuft und nicht mehr wöchentlich neue Projekte verkündet werden. Sprich: Auf den aktuellen Rohstoffhunger hat man sich eingestellt, die erwarteten anhaltend 14% Wachstum jedoch sehen wir nicht. Die Investitionen der Rohstoffkonzerne tragen Früchte, die Weltmärkte werden mit Rohstoffen überschwemmt, die Preise purzeln.

Im August hat China die eigene Währung weiter liberalisiert, die Folge war eine Abwertung gegenüber dem US-Dollar. Rohstoffe sind nun für Chinesen teurer geworden, das bremst natürlich nochmals die Nachfrage.

Gleichzeitig fördert die kommunistische Partei Chinas nicht mehr Infrastrukturprojekte, sondern nunmehr den inländischen Konsum sowie den Dienstleistungssektor. Die derzeitigen 7% Wachstum werden also immer weniger durch das produzierende Gewerbe erwirtschaftet, sondern zunehmend durch weniger rohstoffintensive Branchen.

In diese Nachfrageschwäche hinein gibt es fast täglich Meldungen über die Kapazitätsausweitungen der Minengesellschaften. Gigantische Investitionen müssen durch eine Ausweitung der Produktion finanziert werden. Daher reagieren die Rohstoffproduzenten auf den Preisverfall nicht mit der Schließung unproduktiver Minen, sondern mit einer immer schnelleren Ausweitung der Förderkapazitäten. Wer zuerst zuckt, hat verloren...


POKERFACE BEWAHREN

Eine Wiederholung des Infrastrukturbooms aus China ist nicht zu erwarten, die großen Projekte sind geplant und einkalkuliert. Seitens China ist daher nicht zu erwarten, dass die nach wie vor steigenden Produktionsmengen künftig abgenommen werden.

Die westlichen Industrieländer rechnen ihre erwarteten Wachstumsraten gerade ein wenig runter. In Europa schaffen wir es gerade einmal, über der Nulllinie zu wachsen. Die USA erleben derzeit einen Boom mit zuletzt 3,7% Wirtschaftswachstum, allerdings insbesondere durch die Konzentration auf die heimische Produktion und den in den USA traditionell starken Dienstleistungssektor. Eine starke Rohstoffnachfrage ist von dieser Seite also ebenfalls nicht zu erwarten.

Bleibt Indien als nächster Hoffnungsträger. Doch für Indien gilt auch heute noch, was einst Churchill sagte: „Indien habe eine vielversprechende Zukunft ... und werde sie immer haben." Seit ich ins Berufsleben eintrat, habe ich unzählige Male Indien als nächsten Wachstumsmotor der Welt präsentiert bekommen, doch nach wie vor bleibt es bei der rosigen Zukunftsaussicht, die offensichtlich niemals Wirklichkeit wird.

Wenn also mit einer steigenden Nachfrage nach Rohstoffen vorerst nicht zu rechnen ist, dann muss das Ungleichgewicht an den Rohstoffmärkten durch die Angebotsseite korrigiert werden: Minen müssen geschlossen werden. Investitionsvorhaben müssen gestrichen werden.

Doch wer soll den ersten Schritt machen? Welches Rohstoffunternehmen knickt als erstes ein und verkündet die Schließung einer Mine oder die Streichung eines laufenden Investitionsprojektes? Die laufenden Minen können nicht geschlossen werden, da deren Produktion die Finanzierung der Investitionen sichert. Und da die Preise gefallen sind, wird dort schon an der Kapazitätsgrenze gefördert.

Wenn die anderen doch nur endlich Minen schließen würden, dann könnte sich der Preis stabilisieren und die Kalkulation der Investitionen wäre gesichert. Doch „die Anderen" müssen Minen schließen, damit die eigene Kalkulation wieder passt. Die großen wie Vale, Rio Tinto und BHP Billiton zählen darauf, dass viele kleine Minen sehr bald Pleite gehen. „Die Anderen" eben.

Um in der zwischenzeit trotz des Preisverfalls nicht selber in Liquiditätsnöte zu geraten, werden Randaktivitäten, wie die nicht zum Kerngeschäft gehörenden Geschäftsbereiche genannt werden, ausgegliedert, an die Börse gebracht und/oder verkauft. So rechnet man dann dem Anleger vor, dass man im Kerngeschäft die Kosten erwirtschaftet, ja sogar mit Gewinn abschließt. Die hohen Investitionsausgaben hingegen werden schon lange kaum mehr aus dem operativen Geschäft getragen, sondern durch Unternehmensteilverkäufe finanziert.

Und natürlich bleibt die Dividende unangetastet wie eine heilige Kuh. Denn wenn man Anlegern die Dividende nimmt, dann suchen sie sich schnell eine andere Aktie und drücken durch ihren Verkauf den Kurs und damit die Marktkapitalisierung des Unternehmens in den Keller. Doch diese Marktkapitalisierung ist maßgeblicher Bestandteil bei der Ermittlung des Unternehmenswertes, der als Sicherheit für die laufenden Kredite zugrunde gelegt wird. Und wird ein bestimmter Wert unterschritten, so gibt es manchmal Kreditvereinbarungen, die der Bank sodann eine sofortige Fälligstellung des Kredites ermöglichen. Es würde eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die schnell zur Insolvenz führen könnte.

Also setzen die Konzernchefs ein Pokerface auf, halten an den Investitionsvorhaben fest und besorgen sich hintenrum über den Verkauf von Randaktivitäten die notwendige Liquidität.


HOHE DIVIDENDE TROTZ HOHER VERSCHULDUNG

BHP Billiton wird mit dem zweifachen Umsatzmultipel bewertet (45 Mrd. USD Jahresumsatz, Marktkapitalisierung 92 Mrd. USD). Die operative Marge, als die Gewinnmarge ohne Investitionsausgaben, liegt bei stolzen 26%. 25 Mrd. USD Nettoschulden stehen in der Bilanz.

Bei der Bewertung des operativen Ergebnisses muss jedoch berücksichtigt werden, dass Minen und Quellen eine Lebenserwartung haben, also ohne Investitionen irgendwann leer sind. Entsprechend halte ich die Bewertung des Unternehmens mit dem zweifachen Umsatzmultipel für ambitioniert, da ja Investitionen zwingend erforderlich sind, um das Unternehmen überhaupt am Leben zu halten.

Das KGV 2016e steht bei 30. Für die kommenden Jahre wird ein Gewinnwachstum von 5% erwartet. Der Grund für diese hohe Bewertung ist schnell gefunden: Aktuell wird eine Dividendenrendite von 7% erwartet und CEO Dr. Andrew Mackenzie hat im Rahmen der Ausgliederung von South 32 versprochen, an dieser Dividende festzuhalten.

Da wird also das Tafelsilber verscherbelt, um Anleger bei Laune zu halten und um in eine Zukunft zu investieren, die als mehr als ungewiß bezeichnet werden kann. Ich halte das für eine gefährliche Strategie.

Gefährlich aber nicht blauäugig. Denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass dieser Rohstoffgigant viele Unternehmenswerte hat, die er für den erfolgreichen Abschluss seiner Investitionsvorhaben auch in den kommenden Jahren noch versilbern kann. Doch das wird den Umsatz verringern. Durch die Ausgliederung von South 32 wurden 10% des Konzernumsatzes versilbert. Und mit weniger Umsatz wird das Unternehmen später auch weniger Gewinn machen.

Entsprechend wird im Verlauf der Rohstoffbaisse immer wieder ein neues, niedrigeres Bewertungsniveau für BHP Billiton geboten. Und das geht solange, bis das Angebot endlich nennenswert reduziert wird.

Ich halte daher die hohe Dividendenrendite für einen Unfall, der im Rahmen der Aktionärskommunikation bei Ausgliederung von South 32 sehenden Auges in Kauf genommen wird. Doch ich rechne damit, dass die hohe Dividendenrendite im Rahmen einer Kurserholung in den kommenden Monaten gekürzt wird.


FAZIT:

Es müssen erst Minen geschlossen und Investitionsvorhaben gestrichen werden, bevor ich in BHP Billiton investieren würde. Davon ist jedoch derzeit noch nicht viel zu sehen. Trotz des Preisverfalls halten sich selbst die kleinen Minen noch über Wasser. Der Grund dafür ist meiner Rechcherche nach im niedrigen Zinsniveau zu finden: Immer wieder werden die hohen Investitionen zu einem billigeren Zins refinanziert, was den Minenbetreibern dann trotz der gesunkenen Preise wieder ein wenig finanziellen Spielraum verschafft. Spätestens in einem Umfeld steigender Zinsen werden viele Minen dann jedoch umfallen wie die Fliegen.

Und steigende Zinsen sind in Sicht, vielleicht erhöhen die USA noch im laufenden Jahr den Leitzins. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Kurs von BHP Billiton bereits sehr früh zu steigen beginnt, wenn eine Pleitewelle in der Branche absehbar wird. Doch dazu benötigen wir Gewißheit über den ersten Zinsschritt, und die haben wir derzeit noch nicht.
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