Bertelsmann-Anleihe mit hoher Rendite und hohem Risiko

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 13.07.2009
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Hier meine Einschätzung zum 2001er Genussschein von Bertelsmann (WKN 522994) (der Genussschein aus dem Jahr 1992 ist vom Volumen her 20 mal kleiner und daher unbedeutend).


Bertelsmann verzinst den Genussschein mit 15%, sofern ein ausreichender Konzerngewinn erwirtschaftet wurde. Bei einem Genussscheinvolumen von insgesamt 499 Mio. Euro muss Bertelsmann also mindestens 75 Mio. Euro Gewinn erwirtschaften (15% von 499 Mio. Euro = 74,85 Mio. Euro), um den Genussschein voll zu bedienen. In den vergangenen Jahren ist das stets gelungen, der Konzernüberschuss 2007 betrug 405 Mio. Euro, 2008 fiel er auf 207 Mio. Euro.

Im ersten Quartal 2009 wurde nun ein Konzernverlust von 78 Mio. Euro erwirtschaftet. Erstmals droht den Eignern der Genussscheine der Ausfall der Zinszahlung, wenn sich das Geschäft im laufenden Jahr nicht mehr drastisch verbessert. Bertelsmannchef Hartmut Ostrowski strahlt jedoch keine Zuversicht aus, denn seit Beginn der Krise im vergangenen Jahr korrigiert er seine Wachstumsziele immer wieder nach unten und schraubt die Sparmaßnahmen immer weiter in die Höhe.

Von vorausschauender Umsicht kann da keine Rede sein, daher ist es nicht verwunderlich, dass die Anleger dem Genussschein von Bertelsmann noch immer nicht trauen, obwohl die Aktienbörse ja bereits eine fulminante Rallye vollzogen hat. Die mangelnde Umsicht Ostrowskis führt zu mangelndem Vertrauen bei den Anlegern.

Dabei sind die Entwicklungen schon lange absehbar gewesen: Das Geschäftsmodell des Buchclubs ist in die Jahre gekommen und Print- sowie TV-Medien finanzieren sich über Werbung und nicht über Inhalte. In dieser Entwicklung sehe ich einen maßgeblichen Faktor für den Erfolg von kostenpflichtigen Internetangeboten: Menschen sind bereit für gute Informationen Geld zu bezahlen.

Spät, aber vielleicht noch nicht zu spät, hat Bertelsmann diese Entwicklung nun erkannt und investiert Medienberichten zufolge bereits einen zweistelligen Millionenbetrag in Scoyo, die „Edutainment-Plattform“, wie sie von Bertelsmännern genannt wird. Dort wird der Schulstoff spielerisch vermittelt, später sollen weitere Lerninhalte ergänzt werden. Diese Inhalte werden nicht durch Werbung, sondern durch monatliche Beiträge der Kunden finanziert. Ein ambitioniertes Zukunftsprojekt, das, wenn es ordentlich umgesetzt wird, einen ganz neuen Markt entwickelt.

Doch in der Zwischenzeit muss Bertelsmann zusehen, wie Werbebudgets der Kunden (es ist schon merkwürdig, dass mit „Kunden“ der Print- und TV-Branche die Werbenden bezeichnet werden und nicht die Leser bzw. Zuschauer!) in Krisenzeiten zusammen gestrichen werden, sämtliche Werbemaßnahmen werden auf ihre Effizienz hin untersucht. Und da ist Online-Werbung nicht nur leichter messbar, sondern auch besser, da die Preise noch wesentlich günstiger sind. So wird derzeit überproportional bei Print- und TV-Werbung gekürzt. Wenn die Konjunktur wieder anzieht, wird Online-Werbung (beispielsweise Google AdWords) überproportional zulegen.

Für Bertelsmann bedeutet dies, dass die Werbeeinnahmen, die derzeit in der Krise verloren werden, nicht mehr zurück kommen. Das Unternehmen braucht ein neues Geschäftsmodell. Mit Scoyo ist ein innovativer Ansatz gefunden, doch bis diese kleine Lernplattform ausreichend Umsatz und Gewinn erwirtschaftet, um die rückläufigen Werbeeinnahmen auszugleichen, werden noch Jahre vergehen.

Damit steht Bertelsmann vor einer schweren Transformationszeit. Diese Phase kann meiner Einschätzung nach durchaus dazu führen, dass die Zinszahlung der Genussscheine mehrere Jahre ausfallen wird.
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