Aurelius - Krise als Chance oder Gefahr
Veröffentlicht von
Stephan Heibel
am
26.03.2009
Im vergangenen Monat ist Friedrich Berentzen gestorben. Der alte Firmenpatriarch hat den Spirituosenhersteller über Jahrzehnte geführt, brachte den Apfelkorn wieder zurück in die Bars und in den Spirituosenschrank der Norddeutschen.
Den dorfinternen Twist mit dem Hauptkonkurrenten Haidt löste Friedrich unkonventionell durch die Heirat der Tochter des vermeintlichen Wettbewerbers. Der gemeinsame Sohn Christian führte im Rahmen seiner Diplomarbeit die viereckigen Flaschen ein, die eine Menge Verpackungsvolumen einsparen und daher die Transportkosten des Unternehmens drastisch senkten. Die Zeichen standen auf Grün, das Unternehmen hätte eigentlich wachsen sollen.
Doch der Wettbewerb wurde immer härter, internationale Spirituosenanbieter erschlossen sich Deutschland als einen Markt, da war Berentzen mit seiner regionalen Ausrichtung irgendwann nicht mehr groß genug, um mithalten zu können. Die Finanzierungsquote des Unternehmens wuchs an, insbesondere die Branntweinsteuer ist ein Batzen, den Berentzen immer wieder abzuführen hatte: Je nach Volumenprozent des enthaltenen Alkohols muss Berentzen Branntweinsteuer abführen. Diese wird jedoch dem Verkaufspreis zugeschlagen und anschließend nochmals durch die Märchensteuer besteuert. Eine Steuer auf die Steuer sozusagen, die bei hochprozentigen Spirituosen zu einem Steueranteil von teilweise über 50% vom Verkaufspreis führt.
Teufelszeug muss hoch besteuert werden, das leuchtet mir ein. Und dass in Fuseltowncity (wie der Firmensitz Haselünne im Emsland von Insidern gern genannt wird) Teufelszeug gebrannt wurde, davon konnte sich Ihr Autor mehrfach persönlich überzeugen. Es bleibt also dabei: Der Finanzierungsbedarf des Unternehmens war stets sehr hoch.
Man versuchte die Flucht nach vorn: Es wurden Sportgetränke unter Vivaris vermarktet, dieser Bereich wurde von Sohn Christian aufgebaut und trug mit seinem positiven Ergebnis zur Geschäftsentwicklung bei. Doch die Margen waren hauchdünn und im Spirituosenbereich gelang die Auffrischung der Marke nicht. Christian war noch zu unerfahren, um die Nachfolge seines Vaters zu übernehmen. Und ein neutraler, neuer Geschäftsführer schaffte den Turnaround gegen die Interessen der verschiedenen Familienzweige, die inzwischen über Anteile verfügten, nicht.
Das Ende vom Lied: Berentzen hatte kein zukunftsfähiges Geschäft mehr. Der Markenname, die Infrastruktur und die Patente auf die eigenen Spirituosen stellen durchaus einen Wert dar. Doch in seiner heutigen Form war Berentzen nicht mehr überlebensfähig und so verkauften die Eigentümer, ausschließlich Familienmitglieder, ihre Stammaktien an ein Unternehmen, dass sich dem „Change-Management“ verschrieben hat, der kontrollierten Neustrukturierung: Aurelius.
Dr. Dirk Markus, CEO von Aurelius war zuvor bei Arques als Finanzchef tätig. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an Arques, ich habe das Unternehmen früher einmal besprochen. Seitdem Dr. Markus von Arques weggegangen war ging es bergab mit dem Geschäft von Arques, Aurelius hingegen landete bereits den einen oder anderen guten Deal.
Aurelius konsolidiert seine Beteiligungen sofort vollständig in der eigenen Bilanz. Daher können wir bei Aurelius, anders als bei anderen Private Equity Unternehmen, auch Schlüsse aus der Umsatz- und Ergebnisentwicklung ziehen. Normalerweise bewertet man Private Equity Unternehmen anhand der Net Asset Valuation Methode, man betrachtet die Werte der einzelnen Beteiligungen und summiert diese dann.
Neben Berentzen gehören auch Unternehmen wie Pohland Herrenausstatter (inzwischen durch Management Buyout abgestoßen), Quelle Versandhandel, Schabmüller Elektromotoren, Westfalia Wohnmobile und GHotel zu Aurelius. Vor wenigen Wochen wurde der Kauf von Blaupunkt (Radios!) bekannt gegeben. Ich finde es bemerkenswert, dass Aurelius trotz der ausgetrockneten Finanzmärkte die Krise für Zukäufe nutzen kann.
Doch schauen wir uns einmal an, was Equity Analyst für uns heraus gefunden hat:
ERKENNTNISSE DER EXPERTEN VON EQUITY ANALYST
Am 20. Februar hat Aurelius den vorläufige Jahresabschluss veröffentlicht. Der Umsatz hat sich auf 580 Mio. Euro mehr als verdoppelt. Der Vorsteuergewinn stieg jedoch mit 70 Mio. Euro kaum an. Die Gewinnmarge sank dadurch von 24 auf 12%. Die liquiden Mittel erhöhten sich um 34 auf 73 Mio. Euro. Das Eigenkapital stieg auf 150 Mio. Euro.
Der Gewinn wäre im Jahr 2008 sogar zurück gegangen, wenn das Unternehmen nicht am Ende des Jahres Anteile an der französischen LaSerCofinoga Gruppe verkauft hätte. Die durch den Verkauf erlösten 12 Mio. Euro haben den Gewinn im vierten Quartal kräftig unterstützt und somit ein verträgliches Jahresergebnis ermöglicht.
Die Marktkapitalisierung beträgt nur 70 Mio. Euro. Bei einem Eigenkapital von 150 Mio. Euro heißt das, dass die Aktionäre fürchten, dass Aurelius in den nächsten Monaten kräftig investieren, oder sogar Verluste ausgleichen muss. Sanierungsbedarf ist bei den von Aurelius übernommenen Unternehmen an der Tagesordnung, sonst würden sie nicht bei Aurelius vorsprechen.
Die folgenden Beteiligungen haben nach von Equity Analyst Sanierungsbedarf bzw. werden Abschreibungen nach sich ziehen:
Wellman International
Westfalia Van Conversion
Schabmüller-Gruppe
Richert Scherpe-Gruppe
Und bei den folgenden Unternehmensbeteiligungen verspricht sich Aurelius nach Ansicht von Equity Analyst einen positiven Ergebnisbeitrag:
Quelle la Source-Gruppe
GHOTEL –Gruppe
connectis
Im Februar wurden zwei Beteiligungen abgestoßen. Die Abschreibungen auf diese Beteiligungen wird das Quartalsergebnis des laufenden Quartals belasten:
KTDaythea: voll abgeschrieben am 13.2.09) Insolvent Feb. 2009
Pohland Herrenkleidung: bereits voll abgeschrieben, veräußert
Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt gegeben, dass Aurelius die angeschlagene Blaupunkt Gruppe übernimmt. Beim Kaufpreis von einem Euro dürfte eine maßgebliche Mitgift enthalten sein (eigene Schätzung ca. 100 Mio. Euro), da das Unternehmen bei 200 Mio. Euro Jahresumsatz derzeit rund 20-40 Mio. Euro Verlust macht. Aurelius würde ein solches Unternehmen nicht kaufen, wenn nicht der Fortbestand zumindest finanziell gesichert ist, damit Umstrukturierungen die notwendige Zeit erhalten, zu greifen.
Das Geschäftsmodell von Aurelius beinhaltet eine Exit-Strategie, die derzeit jedoch nicht sehr gut funktioniert: Ein saniertes Unternehmen wird gerne wieder an die Börse gebracht oder einem strategischen Käufer zum Kauf angeboten. Doch diese beiden Wege sind derzeit aufgrund der Finanzkrise nicht sehr aussichtsreich, und so wird Aurelius in den nächsten Monaten auf Nachhaltigkeit achten müssen. Das heißt: Barmittel müssen konserviert werden, Sanierungsinvestitionen werden nur sehr vorsichtig getätigt.
Auf eine wichtige Position haben die Experten von Equity Analyst hingewiesen: Es bestehen kurzfristige Verbindlichkeiten in Höhe von 124,5 Mio. Euro. Das übersteigt die liquiden Mittel von 73 Mio. Euro. Darin ist eine Branntweinsteuerschuld von Berentzen in Höhe von knapp 50 Mio. Euro enthalten. Die verbleibenden Verbindlichkeiten verteilen sich auf ausstehende Rechnungen sowie Personalverbindlichkeiten.
Aurelius konsolidiert zwar die Beteiligungen voll in der eigenen Bilanz, doch rechtlich gibt es noch feine Unterschiede. Die Branntweinsteuerschuld von Berentzen kann nicht dazu führen, dass Aurelius in Zahlungsnöte gerät, sondern höchstens Berentzen. Sollte Berentzen nicht zahlen können, dann ist Berentzen pleite und Aurelius muss den Wert abschreiben. Doch Aurelius hat sich abgesichert, dass die Steuerschuld von Berentzen nicht auf die eigenen Werte durchgreifen kann.
Davon abgesehen hat Berentzen einen guten Cashflow und das Unternehmen hat signalisiert, dass die Beschaffung der 50 Mio. Euro keine Probleme aufwerfen sollte.
Es ist also aufgrund der Krise offensichtlich, dass einige Beteiligungen von Aurelius Probleme mit dem Turnaround haben. Der Kursverlust von Aurelius ist also zum Teil gerechtfertigt. Doch inzwischen notiert das Unternehmen auf einem Bewertungsniveau, das die Angst vor einer Insolvenz widerspiegelt. Doch diese Gefahr ist, so die Experten von Equity Analyst, im laufenden Jahr unbegründet. Soweit die Analyse von Equity Analyst.
FAZIT
Wenn Sie sich die durchschnittlichen Erwartungen der Analysten (abgesehen von der unserer Experten von Equity Analyst) anschauen, dann werden Sie feststellen, dass für das Jahr ein Umsatz von über 800 Mio. Euro erwartet wurde. Dieser wurde bei weitem verfehlt, Grund war jedoch nicht die mangelhafte Nachfrage, sondern ein paar Klimmzüge der Bilanzbuchhalter: In der Branche der Private Equity Unternehmen werden die vollständigen Jahresumsätze der Beteiligungsgesellschaften angegeben, auch wenn die Beteiligung erst im Laufe des Jahres eingegangen wurde. In der Bilanz werden sodann die Umsätze, die vor der Übernahme stattfanden, herausgerechnet. Die Schätzungen der Analysten beziehen sich jedoch auf den vollständigen Jahresumsatz aller Beteiligungen und so klang die Vermeldung des Jahresumsatzes von „nur“ 580 Mio Euro wie ein herber Rückschlag.
Der Aktienkurs von Aurelius ist seit der Bekanntgabe des vorläufigen Jahresergebnisses von 10 auf nunmehr 7,30 Euro gefallen. Insbesondere die hohen ausstehenden Verbindlichkeiten haben wohl die Anleger hier verschreckt. Aber auch der vermeintlich wesentlich geringere Umsatz hat für schlechte Stimmung gesorgt.
Am 31.3. wird Aurelius das endgültige Jahresergebnis vorlegen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass dort die Verwirrung über die Umsatzberechnung aufgeklärt wird. Darüber hinaus wird das Unternehmen eine genaue Liquiditätsflussrechnung vorlegen und nachdem die Liquiditätsversorgung in den vergangenen Wochen als angespannt bezeichnet werden könnte, wird der Bilanz zu entnehmen sein, dass sich Aurelius für dieses Jahr keine Sorgen machen muss.
Details über die Blaupunkt-Übernahme werden gegebenenfalls für neue Phantasie sorgen: Es wurde, wie bei solchen Übernahmen nicht selten üblich, eben eine maßgebliche Mitgift mitgegeben, die für die nächsten Monate ausreichend liquide Mittel für eine Sanierung von Blaupunkt zur Verfügung stellen sollte.
Damit ist es durchaus möglich, dass das Bewertungsniveau von Aurelius, das eher einem insolvenzgefährdeten Unternehmen entspricht, wieder auf ein vernünftiges Maß ansteigt. Der Vorsteuergewinn von 70 Mio. Euro dürfte zu einem Nettogewinn von schätzungsweise 35 Mio. Euro führen, damit notiert die Aktie auf einem KGV von 2. Darin enthalten ist der Verkaufserlös von 12 Mio. Euro wie eingangs erwähnt. Rechnen wir diesen Betrag heraus, so verbleibt ein Nettogewinn von 23 Mio. Euro. Das entspricht dann einem KGV von 70/23= 3.
Für ein Unternehmen, dessen Liquiditätslage gesichert ist, würde ich im Rahmen dieser Krise ein KGV von 5 für gerechtfertigt halten. Sollte sich die Konjunktur erholen, so ist schnell auch ein KGV von 9 möglich.
Das Risiko bei Aurelius ist begrenzt, da das Unternehmen jede Beteiligung im Einzelfall separat abstoßen kann. Dennoch würde eine anhaltende Rezession die Erholungschancen der Beteiligung stark beeinträchtigen und somit auch den Wert mindern. Zur Absicherung werden wir also ein Stopp Loss einsetzen.
Ich denke daher, dass Aurelius vom Markt derzeit viel zu pessimistisch bewertet wird. Dennoch besteht die Gefahr, dass die Veröffentlichung des endgültigen Jahresergebnisses am 31.3. noch böse Überraschungen hinsichtlich von Abschreibungen auf einzelne Beteiligungen enthalten wird. Wenn Aurelius so wie viele anderen Unternehmen die schlechte Stimmung dazu nutzt, um die größtmöglichen Abschreibungen vorzunehmen, damit in den nächsten Jahren die Messlatte etwas niedriger hängt, so könnte das Unternehmen mit Hilfe von Abschreibungen den obigen Nettogewinn weiter reduzieren. Auch die Dividende könnte aus Liquiditätsgründen vorsorglich gekürzt werden. Solche Schritte würden mich in der gegenwärtigen Situation nicht überraschen, der Kurs würde jedoch nochmals kräftig leiden.
Je nach Konjunkturentwicklung erwarte ich für das laufende Jahr eine kräftige Kurserholung. Daher eröffne ich zu Kursen unter 7,30 Euro eine kleine Position in unserem spekulativen Portfolio, halte mich aber bereit, nach dem 31.3. nochmals nachzukaufen. Als erstes Kursziel erwarte ich 11 Euro, anschließend werden wir die konjunkturellen Rahmenbedingungen für Aurelius neu bewerten. Zur Absicherung setzen wir einen Stopp Loss unter 5 Euro.
Aurelius AG
WKN A0JK2A
Kaufen unter 7,30 Euro
Ziel 11 Euro
Stopp Loss 5 Euro
Doch der Wettbewerb wurde immer härter, internationale Spirituosenanbieter erschlossen sich Deutschland als einen Markt, da war Berentzen mit seiner regionalen Ausrichtung irgendwann nicht mehr groß genug, um mithalten zu können. Die Finanzierungsquote des Unternehmens wuchs an, insbesondere die Branntweinsteuer ist ein Batzen, den Berentzen immer wieder abzuführen hatte: Je nach Volumenprozent des enthaltenen Alkohols muss Berentzen Branntweinsteuer abführen. Diese wird jedoch dem Verkaufspreis zugeschlagen und anschließend nochmals durch die Märchensteuer besteuert. Eine Steuer auf die Steuer sozusagen, die bei hochprozentigen Spirituosen zu einem Steueranteil von teilweise über 50% vom Verkaufspreis führt.
Teufelszeug muss hoch besteuert werden, das leuchtet mir ein. Und dass in Fuseltowncity (wie der Firmensitz Haselünne im Emsland von Insidern gern genannt wird) Teufelszeug gebrannt wurde, davon konnte sich Ihr Autor mehrfach persönlich überzeugen. Es bleibt also dabei: Der Finanzierungsbedarf des Unternehmens war stets sehr hoch.
Man versuchte die Flucht nach vorn: Es wurden Sportgetränke unter Vivaris vermarktet, dieser Bereich wurde von Sohn Christian aufgebaut und trug mit seinem positiven Ergebnis zur Geschäftsentwicklung bei. Doch die Margen waren hauchdünn und im Spirituosenbereich gelang die Auffrischung der Marke nicht. Christian war noch zu unerfahren, um die Nachfolge seines Vaters zu übernehmen. Und ein neutraler, neuer Geschäftsführer schaffte den Turnaround gegen die Interessen der verschiedenen Familienzweige, die inzwischen über Anteile verfügten, nicht.
Das Ende vom Lied: Berentzen hatte kein zukunftsfähiges Geschäft mehr. Der Markenname, die Infrastruktur und die Patente auf die eigenen Spirituosen stellen durchaus einen Wert dar. Doch in seiner heutigen Form war Berentzen nicht mehr überlebensfähig und so verkauften die Eigentümer, ausschließlich Familienmitglieder, ihre Stammaktien an ein Unternehmen, dass sich dem „Change-Management“ verschrieben hat, der kontrollierten Neustrukturierung: Aurelius.
Dr. Dirk Markus, CEO von Aurelius war zuvor bei Arques als Finanzchef tätig. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an Arques, ich habe das Unternehmen früher einmal besprochen. Seitdem Dr. Markus von Arques weggegangen war ging es bergab mit dem Geschäft von Arques, Aurelius hingegen landete bereits den einen oder anderen guten Deal.
Aurelius konsolidiert seine Beteiligungen sofort vollständig in der eigenen Bilanz. Daher können wir bei Aurelius, anders als bei anderen Private Equity Unternehmen, auch Schlüsse aus der Umsatz- und Ergebnisentwicklung ziehen. Normalerweise bewertet man Private Equity Unternehmen anhand der Net Asset Valuation Methode, man betrachtet die Werte der einzelnen Beteiligungen und summiert diese dann.
Neben Berentzen gehören auch Unternehmen wie Pohland Herrenausstatter (inzwischen durch Management Buyout abgestoßen), Quelle Versandhandel, Schabmüller Elektromotoren, Westfalia Wohnmobile und GHotel zu Aurelius. Vor wenigen Wochen wurde der Kauf von Blaupunkt (Radios!) bekannt gegeben. Ich finde es bemerkenswert, dass Aurelius trotz der ausgetrockneten Finanzmärkte die Krise für Zukäufe nutzen kann.
Doch schauen wir uns einmal an, was Equity Analyst für uns heraus gefunden hat:
ERKENNTNISSE DER EXPERTEN VON EQUITY ANALYST
Am 20. Februar hat Aurelius den vorläufige Jahresabschluss veröffentlicht. Der Umsatz hat sich auf 580 Mio. Euro mehr als verdoppelt. Der Vorsteuergewinn stieg jedoch mit 70 Mio. Euro kaum an. Die Gewinnmarge sank dadurch von 24 auf 12%. Die liquiden Mittel erhöhten sich um 34 auf 73 Mio. Euro. Das Eigenkapital stieg auf 150 Mio. Euro.
Der Gewinn wäre im Jahr 2008 sogar zurück gegangen, wenn das Unternehmen nicht am Ende des Jahres Anteile an der französischen LaSerCofinoga Gruppe verkauft hätte. Die durch den Verkauf erlösten 12 Mio. Euro haben den Gewinn im vierten Quartal kräftig unterstützt und somit ein verträgliches Jahresergebnis ermöglicht.
Die Marktkapitalisierung beträgt nur 70 Mio. Euro. Bei einem Eigenkapital von 150 Mio. Euro heißt das, dass die Aktionäre fürchten, dass Aurelius in den nächsten Monaten kräftig investieren, oder sogar Verluste ausgleichen muss. Sanierungsbedarf ist bei den von Aurelius übernommenen Unternehmen an der Tagesordnung, sonst würden sie nicht bei Aurelius vorsprechen.
Die folgenden Beteiligungen haben nach von Equity Analyst Sanierungsbedarf bzw. werden Abschreibungen nach sich ziehen:
Wellman International
Westfalia Van Conversion
Schabmüller-Gruppe
Richert Scherpe-Gruppe
Und bei den folgenden Unternehmensbeteiligungen verspricht sich Aurelius nach Ansicht von Equity Analyst einen positiven Ergebnisbeitrag:
Quelle la Source-Gruppe
GHOTEL –Gruppe
connectis
Im Februar wurden zwei Beteiligungen abgestoßen. Die Abschreibungen auf diese Beteiligungen wird das Quartalsergebnis des laufenden Quartals belasten:
KTDaythea: voll abgeschrieben am 13.2.09) Insolvent Feb. 2009
Pohland Herrenkleidung: bereits voll abgeschrieben, veräußert
Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt gegeben, dass Aurelius die angeschlagene Blaupunkt Gruppe übernimmt. Beim Kaufpreis von einem Euro dürfte eine maßgebliche Mitgift enthalten sein (eigene Schätzung ca. 100 Mio. Euro), da das Unternehmen bei 200 Mio. Euro Jahresumsatz derzeit rund 20-40 Mio. Euro Verlust macht. Aurelius würde ein solches Unternehmen nicht kaufen, wenn nicht der Fortbestand zumindest finanziell gesichert ist, damit Umstrukturierungen die notwendige Zeit erhalten, zu greifen.
Das Geschäftsmodell von Aurelius beinhaltet eine Exit-Strategie, die derzeit jedoch nicht sehr gut funktioniert: Ein saniertes Unternehmen wird gerne wieder an die Börse gebracht oder einem strategischen Käufer zum Kauf angeboten. Doch diese beiden Wege sind derzeit aufgrund der Finanzkrise nicht sehr aussichtsreich, und so wird Aurelius in den nächsten Monaten auf Nachhaltigkeit achten müssen. Das heißt: Barmittel müssen konserviert werden, Sanierungsinvestitionen werden nur sehr vorsichtig getätigt.
Auf eine wichtige Position haben die Experten von Equity Analyst hingewiesen: Es bestehen kurzfristige Verbindlichkeiten in Höhe von 124,5 Mio. Euro. Das übersteigt die liquiden Mittel von 73 Mio. Euro. Darin ist eine Branntweinsteuerschuld von Berentzen in Höhe von knapp 50 Mio. Euro enthalten. Die verbleibenden Verbindlichkeiten verteilen sich auf ausstehende Rechnungen sowie Personalverbindlichkeiten.
Aurelius konsolidiert zwar die Beteiligungen voll in der eigenen Bilanz, doch rechtlich gibt es noch feine Unterschiede. Die Branntweinsteuerschuld von Berentzen kann nicht dazu führen, dass Aurelius in Zahlungsnöte gerät, sondern höchstens Berentzen. Sollte Berentzen nicht zahlen können, dann ist Berentzen pleite und Aurelius muss den Wert abschreiben. Doch Aurelius hat sich abgesichert, dass die Steuerschuld von Berentzen nicht auf die eigenen Werte durchgreifen kann.
Davon abgesehen hat Berentzen einen guten Cashflow und das Unternehmen hat signalisiert, dass die Beschaffung der 50 Mio. Euro keine Probleme aufwerfen sollte.
Es ist also aufgrund der Krise offensichtlich, dass einige Beteiligungen von Aurelius Probleme mit dem Turnaround haben. Der Kursverlust von Aurelius ist also zum Teil gerechtfertigt. Doch inzwischen notiert das Unternehmen auf einem Bewertungsniveau, das die Angst vor einer Insolvenz widerspiegelt. Doch diese Gefahr ist, so die Experten von Equity Analyst, im laufenden Jahr unbegründet. Soweit die Analyse von Equity Analyst.
FAZIT
Wenn Sie sich die durchschnittlichen Erwartungen der Analysten (abgesehen von der unserer Experten von Equity Analyst) anschauen, dann werden Sie feststellen, dass für das Jahr ein Umsatz von über 800 Mio. Euro erwartet wurde. Dieser wurde bei weitem verfehlt, Grund war jedoch nicht die mangelhafte Nachfrage, sondern ein paar Klimmzüge der Bilanzbuchhalter: In der Branche der Private Equity Unternehmen werden die vollständigen Jahresumsätze der Beteiligungsgesellschaften angegeben, auch wenn die Beteiligung erst im Laufe des Jahres eingegangen wurde. In der Bilanz werden sodann die Umsätze, die vor der Übernahme stattfanden, herausgerechnet. Die Schätzungen der Analysten beziehen sich jedoch auf den vollständigen Jahresumsatz aller Beteiligungen und so klang die Vermeldung des Jahresumsatzes von „nur“ 580 Mio Euro wie ein herber Rückschlag.
Der Aktienkurs von Aurelius ist seit der Bekanntgabe des vorläufigen Jahresergebnisses von 10 auf nunmehr 7,30 Euro gefallen. Insbesondere die hohen ausstehenden Verbindlichkeiten haben wohl die Anleger hier verschreckt. Aber auch der vermeintlich wesentlich geringere Umsatz hat für schlechte Stimmung gesorgt.
Am 31.3. wird Aurelius das endgültige Jahresergebnis vorlegen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass dort die Verwirrung über die Umsatzberechnung aufgeklärt wird. Darüber hinaus wird das Unternehmen eine genaue Liquiditätsflussrechnung vorlegen und nachdem die Liquiditätsversorgung in den vergangenen Wochen als angespannt bezeichnet werden könnte, wird der Bilanz zu entnehmen sein, dass sich Aurelius für dieses Jahr keine Sorgen machen muss.
Details über die Blaupunkt-Übernahme werden gegebenenfalls für neue Phantasie sorgen: Es wurde, wie bei solchen Übernahmen nicht selten üblich, eben eine maßgebliche Mitgift mitgegeben, die für die nächsten Monate ausreichend liquide Mittel für eine Sanierung von Blaupunkt zur Verfügung stellen sollte.
Damit ist es durchaus möglich, dass das Bewertungsniveau von Aurelius, das eher einem insolvenzgefährdeten Unternehmen entspricht, wieder auf ein vernünftiges Maß ansteigt. Der Vorsteuergewinn von 70 Mio. Euro dürfte zu einem Nettogewinn von schätzungsweise 35 Mio. Euro führen, damit notiert die Aktie auf einem KGV von 2. Darin enthalten ist der Verkaufserlös von 12 Mio. Euro wie eingangs erwähnt. Rechnen wir diesen Betrag heraus, so verbleibt ein Nettogewinn von 23 Mio. Euro. Das entspricht dann einem KGV von 70/23= 3.
Für ein Unternehmen, dessen Liquiditätslage gesichert ist, würde ich im Rahmen dieser Krise ein KGV von 5 für gerechtfertigt halten. Sollte sich die Konjunktur erholen, so ist schnell auch ein KGV von 9 möglich.
Das Risiko bei Aurelius ist begrenzt, da das Unternehmen jede Beteiligung im Einzelfall separat abstoßen kann. Dennoch würde eine anhaltende Rezession die Erholungschancen der Beteiligung stark beeinträchtigen und somit auch den Wert mindern. Zur Absicherung werden wir also ein Stopp Loss einsetzen.
Ich denke daher, dass Aurelius vom Markt derzeit viel zu pessimistisch bewertet wird. Dennoch besteht die Gefahr, dass die Veröffentlichung des endgültigen Jahresergebnisses am 31.3. noch böse Überraschungen hinsichtlich von Abschreibungen auf einzelne Beteiligungen enthalten wird. Wenn Aurelius so wie viele anderen Unternehmen die schlechte Stimmung dazu nutzt, um die größtmöglichen Abschreibungen vorzunehmen, damit in den nächsten Jahren die Messlatte etwas niedriger hängt, so könnte das Unternehmen mit Hilfe von Abschreibungen den obigen Nettogewinn weiter reduzieren. Auch die Dividende könnte aus Liquiditätsgründen vorsorglich gekürzt werden. Solche Schritte würden mich in der gegenwärtigen Situation nicht überraschen, der Kurs würde jedoch nochmals kräftig leiden.
Je nach Konjunkturentwicklung erwarte ich für das laufende Jahr eine kräftige Kurserholung. Daher eröffne ich zu Kursen unter 7,30 Euro eine kleine Position in unserem spekulativen Portfolio, halte mich aber bereit, nach dem 31.3. nochmals nachzukaufen. Als erstes Kursziel erwarte ich 11 Euro, anschließend werden wir die konjunkturellen Rahmenbedingungen für Aurelius neu bewerten. Zur Absicherung setzen wir einen Stopp Loss unter 5 Euro.
Aurelius AG
WKN A0JK2A
Kaufen unter 7,30 Euro
Ziel 11 Euro
Stopp Loss 5 Euro